“Revolver”
Technische Daten:
Regionalcode: … 0
Vertrieb: … EuropaCorp / DVD 2002
Laufzeit: … 107 Min. (PAL)
Bildformat: … 2,35:1 (anamorph / 16:9)
Sprachen: … Englisch & Russisch (Dolby Digital 5.1)
Untertitel: … Estnisch, Lettisch, Litaunisch
Freigabe: … - / -
Regie: Guy Ritchie
Darsteller:
Jason Statham
Ray Liotta
André Benjamin
Vincent Pastore
Warren Clark
Trailer:
http://www.revolverthemovie.co.uk/
Film-Kritik:
Nach einer Reihe von Werbespots und Musikvideos feierte Guy Ritchie 1995 mit dem Kurzfilm „the Hard Case“ sein Filmdebüt, einem Gangsterstreifen und zugleich Prequel seiner drei Jahre später folgenden ersten Abend-füllenden Regiearbeit „Lock, Stock and two smoking Barrels“, mit welcher er, dank verspielt-moderner Herangehensweise, jenem (Sub-) Genre aus britischen Landen frischen Wind und neuen Glanz bescherte. Das Nachfolgewerk „Snatch“ wich eigentlich keinen Millimeter von der zuvor verwendeten Erfolgsformel (skurrile Gestalten sowie traditionelle Krimimotive, verpackt in einer humorvoll-rasanten Inszenierung) ab, wurde aber mit einigen (international) bekannten Gesichtern angereichert. Im selben Jahr (2000) heiratete er zudem Pop-Göttin Madonna, mit der er kurz darauf den gelungenen Short „Star“ für die „the Hire“-Reihe umsetzte – dann beging er allerdings den Fehler, seiner (auf dem Kino-Sektor) arg Flop-geplagten Gattin die Hauptrolle in dem (für ihn ungewöhnlichen) Remake des Lina Wertmüller Streifens „Swept Away“ zu gewähren: Eine cineastische Totgeburt, welche weder bei Kritikern noch Publikum den Hauch einer Chance erhielt. Nun (´05) präsentiert uns Ritchie „Revolver“, mit dem er erneut ein (dieses Mal etwas begrenzteres) Risiko eingeht – zwar kehrt er auf das ihm vertraute Gangster-Terrain zurück, fügt jedoch philosophische Ansätze sowie surreale Aspekte hinzu, angesichts denen weite Teile des „Normalpublikums“ sicher kapitulieren bzw verärgert reagieren…
Für ein Verbrechen verurteilt, welches er nicht begangen hat, ließ man Jake Green (Jason Statham) damals im Sinne seines Strafmaßes die Wahl: Vierzehn Jahre im normalen Vollzug oder sieben in Einzelhaft. Er entschied sich für letzteres und nahm die totale Isolation auf sich, um so früh wie möglich wieder frei zu kommen – sein einziger Kontakt bestand in Form von Notizen in Gefängnisbüchern zu den beiden Häftlingen in den Nachbarzellen, einer ein Meister des Schachspiels, der andere ein talentierter „Con Artist“, und gemeinsam konzipierten sie eine allgemeingültige Formel für ein perfektes Verbrechen. Nach seiner Entlassung (als dritter des Trios) muss er allerdings feststellen, dass seine „Partner“ die von ihm gelieferten Informationen inzwischen dazu genutzt haben, seine eigenen Geldrücklagen zu stehlen, weshalb sich Jake erneut ins kriminelle (Spieler-) Milieu begibt, um seine neu erworbenen Kenntnisse profitabel anzuwenden.
Zwei Jahre später gilt er in der Szene als erfolgreicher Gewinnertyp, weshalb er in fast allen Casinos Spielverbot hat. Nun soll die persönliche Rache endlich hervortreten, weshalb er sich in den Glitzerpalast der Unterweltgröße Dorothy Macha (Ray Liotta) begibt, den niemand zum Feind haben will und allein schon deshalb keiner besiegt – jener war zudem (indirekt) für seinen Aufenthalt hinter Gittern verantwortlich. Bei einem privaten Spielchen besiegt Jake ihn per Wette auf die Farbe eines geworfenen Jetons und streut im Anschluss noch kräftig verbales Salz in die Wunde, was den eitlen Macha zusätzlich vor seinen Leuten erniedrigt. Beim Verlassen des Gebäudes bricht er jedoch plötzlich bewusstlos zusammen, und im Krankenhaus diagnostiziert man, dass er aufgrund einer Blutkrankheit nur noch wenige Tage zu leben hat. Kurz darauf entkommt er nur knapp einem Mordanschlag von Machas Schergen – aber nur mit Hilfe des rechtzeitig auftauchenden Zack (Vincent Pastore), der ihn mit überlegener Feuerkraft rettet und im Anschluss seinem Partner Avi (Andre Benjamin) vorstellt.
Die beiden gewieften Kredithaie bieten dem Sterbenskranken an, ihn zu beschützen und zudem die Chance der Genugtuung zu ermöglichen – als Gegenleistung muss er ihnen „bloß“ sein gesamtes Vermögen für ihre Geschäfte überlassen sowie ihren Anweisungen bedingungslos Folge leisten. Widerwillig geht Jake darauf ein und begleitet sie bei ihren Diensten. Gleichzeitig führen sie gezielte Aktionen durch, um Macha und seinen schärfsten Konkurrenten gegeneinander auszuspielen: Beispielsweise stiehlt man ihm eine wertvolle Drogenlieferung, weshalb jener sich unbedingt Ware für weitere Verpflichtungen beschaffen muss – da er aber von dem obersten Unterweltkönig „Mr.Gold“ zurückgewiesen wird, hat er kaum eine Wahl, als einen Deal mit Lord John (Tom Wu) einzugehen, einem asiatischen Geschäftsrivalen. Die geplante Abwicklung sabotieren Jake, Avi und Zack wiederum, so dass sich jene Parteien gegenseitig des Betrugs verdächtigen sowie zum Abschuss freigeben. Nachdem Macha aus jenem blutigen Duell als Sieger hervorgeht, konzentriert er sich erneut auf Green, wobei er rücksichtslos dessen Bruder und junge Nichte mit in die Sache hineinzieht. Angesichts der verstrichenen Zeit müssen die Ärzte derweil eine Fehldiagnose bezüglich der Krankheit gestehen, und so macht sich Jake dann auf, ein für alle Mal mit seinem Erzfeind abzurechnen – nur stellt sich plötzlich „Mr.Gold“ in den Weg seines Vorhabens, was die Sache ungemein verkompliziert…
Aufgrund meiner (vom Trailer bestärkten) Erwartung, richtete ich mich im Vorfeld auf eine klassische Gangstergeschichte im glitzernden „Casino“-Umfeld sowie Ritchie-typischen Gewand ein, dessen Werke ich (von „Swept Away“ mal abgesehen) allesamt als annehmbar und unterhaltsam, wenn auch nicht überragend ansehe – umso überraschter meine Reaktion, als sich „Revolver“ mit zunehmenden Verlauf immer weiter in Richtung eines mehrschichtigen Verwirr- und Interpretationsspiels entwickelte. Zwar besitzt der Film noch immer alle vom Regisseur gewohnten Elemente (eine breite Palette schräger Charaktere diverser ethnischer Zugehörigkeiten, Schnitt- und Kameraspielchen, ein sich erst am Ende zusammenfügender Plot-Aufbau etc), überreizt diese allerdings nicht und kommt zudem deutlich ernster daher – Fans werden sich mit den ersten zwei Dritteln sicher gut anfreunden können. Im finalen Akt tritt dann aber eine (bis dato mehr oder minder unterschwellige) höhere, metaphysische bzw transzendente Komponente in den Vordergrund, welche das Gesamtbild auf eine neue Ebene hebt sowie (in meinen Augen) ungemein bereichert. Wäre das nötig gewesen? Nicht wirklich, doch gerade dieses Vorgehen bildet den Unterschied zu artverwandten Produktionen (nicht nur des Mainstreams). Mutig für einen Filmemacher, der sich ohnehin schon auf dünnem Eis bewegt, denn ein Großteil seiner (bislang) treuen Anhängerschaft dürfte sich vor den Kopf gestoßen, enttäuscht und schlichtweg überfordert fühlen, während das „Arthouse“-Publikum ebenfalls nur minimal angesprochen wird, da das Storykonstrukt dafür die nötige Tiefe und Raffinesse vermissen lässt. Schwache Einspielergebnisse, überwiegend negative Kritiken sowie extreme Probleme beim Finden eines US-Distributors scheinen das zu bestätigen.
„A chess game within a chess game within a chess game“, hat Ritchie seine Kreation mal beschrieben, und folgerichtig wird mit den entscheidenden Grundpfeilern des Schachspiels in Form von Zitaten eröffnet, welche wiederum von Aussagen Machiavellis oder Caesars (!wichtig!) über Strategien, Taktiken sowie die Kunst des Krieges ergänzt und im Verlauf mehrfach aufgegriffen werden. Beim Schach geht es nicht darum, seinen Gegenspieler direkt auszuschalten, sondern ihn in eine Position zu manövrieren, aus der er nicht mehr herauskommt – das entspricht der Art, wie Green (nach seiner „perfekten Formel“) die Leute bis hin zur letzten Szene gegeneinander ausspielt. Dieses eher indirekte Vorgehen, mitsamt spezifisch darauf ausgerichteten Dialogen, in Verbindung mit tatsächlich ausgetragenen Schachduellen zwischen Jake und Avi, wird die „Lock, Stock….“- bzw „Snatch“-Zielgruppe sicherlich aufreiben und entnerven, deren Vorfreude sich eher auf eine Menge fliegender Kugeln als auf philosophische Weisheiten und Diskussionen ausrichten dürfte. Schon der Titel verdeutlicht dieses „Missverständnis“ treffend: „Revolver“ bezieht sich keineswegs auf eine Waffe, sondern auf die Ausweglosigkeit einer sich drehenden Bewegung ohne wirklichen Fortschritt, geht also auf „to revolve“ zurück. Nichts erscheint endgültig in Greens Leben: Geheimnisvolle Kärtchen mit Nachrichten lenken ihn in eine ungewisse Richtung, seine Todesdiagnose stellt sich als falsch heraus, ein schwerer Autounfall wird einfach (filmisch!) zurückgespult und anschließend umgangen (aber nicht bevor dem Zuschauer dieser in allen Einzelheiten per detailreicher Ultra-Zeitlupe präsentiert wurde), auch nach der finalen Konfrontation sind seine (inneren) Probleme fern von gelöst – nur das Filmende an sich bildet einen konsequenten Abschluss, bei dem man selbst auf den Abspann verzichtete (das Bild wird und bleibt schwarz, nur leise Musik erklingt).
Das Ursprungsskript von Ethan Gross und Paul Todisco wurde von Ritchie persönlich überarbeitet sowie stärker seinem eigenen Stil angeglichen: Die verwendete Sprache erinnert deutlich an seine ersten Werke, der Gesamtverlauf ist an sich linear, nur werden einzelne Sequenzen in unchronologischer Reihenfolge präsentiert, was hervorragend funktioniert und nicht nur cooler wirkt, sondern gleichzeitig das Sehvergnügen steigert, da beispielsweise die Reaktionen bestimmter Personen auf die betreffenden Ereignisse parallel aufgezeigt werden. Es gibt eine Unmenge an verschiedenen Szenen, zwischen denen zügig gesprungen wird, von allgemein recht schnellen Schnittfolgen ganz zu schweigen. Die traditionelle Rachestory, voller zynischer Aspekte, Gier, Gewalt, Gedankenspielchen sowie raffiniert eingefädelten Aktionen, wird zudem von vielschichtigen psychologischen Facetten ergänzt, auf die zahlreiche Symbole (u.a. Abbildungen von Schlangen oder Schachmotiven), in Aussagen versteckte Preisgebungen und charakteristische Handlungsweisen (gegen Ende erklärt sich etwa Greens Angst vor Fahrstühlen eindrucksvoll) mehr oder minder subtil hinweisen. Der Zuschauer wird zum Mitdenken gezwungen (was eine willkommene Abwechslung gegenüber den gängigen Produktionen heutzutage darstellt), um nachvollziehen zu können, wer gerade wen gegen wen ausspielt oder welcher Ansatz aktuell mal wieder aufgegriffen bzw angesprochen wird. Freunde von Geschichten, die sich in Nachhinein noch prima diskutieren und interpretieren lassen, erhalten frischen Gesprächsstoff – zudem zerstören die Twists (!) nicht vollkommen die Logik, wie etwa bei „Haute Tension“, sondern liefern passende Erklärungen, für die sich nachträglich (vor allem bei einer zweiten Sichtung) etliche Hinweise finden lassen.
Zum ersten Mal arbeitete Guy bei diesem Projekt nicht mit Matthew Vaughn als Produzent zusammen, denn jener bastelte zeitgleich an seinem Regiedebüt „Layer Cake“ – „ersetzt“ wurde er vom französischen „Allrounder“ Luc Besson („Nikita“), dessen Einfluss jedoch nicht offensichtlich zu erkennen ist (zum Glück blieb das Skript von ihm unangetastet!). Für die Hauptrolle holte er sich allerdings einen alten Bekannten ins Boot, nämlich Jason Statham, der mit Bart und längeren strähnigen Haaren gegenüber seiner ansonsten „glatten“ Erscheinung (beispielsweise in „the Transporter“ oder „Italian Job“) kaum wieder zu erkennen ist. Im Einklang mit der allgemeinen Herangehensweise nutzt er hier hauptsächlich seinen Verstand als Waffe – Fäuste oder Kugeln sind für ihn bestenfalls zweitrangig. Statham macht seine Sache (gewohnt) gut, allein schon aufgrund seiner Präsenz füllt er die Rolle hervorragend aus. Green ist unsicher, vorsichtig, beobachtend – er hinterfragt konstant alles um sich herum, wobei seine Gedanken in Form von ständigen inneren Monologen offenbart werden, welche angesichts der zweifelnden Inhalte/Perspektive anfangs leicht irritierend wirken, später aber, wenn man alles besser verstehen kann, einen klaren Sinn ergeben. Machas Denkweisen/Charakterfacetten sind ähnlich, bis hin zu Anflügen von Paranoia – seine Überlegungen bekommt der Zuschauer ebenfalls zu hören, zusätzlich zu sporadischen visuellen Veranschaulichungen. Ray Liotta („Narc“) spielt einfach großartig: Er hat erneut dieses bedrohliche Aufblitzen in den Augen, wenn etwas nicht in seinem Sinne läuft. Nach außen hin gibt er sich als großer Boss, jedoch voller Respekt vor Mr.Golds Macht und schonmal sprachlos angesichts seiner weiblichen Bediensteten. Schwächen, zu denen er seine inneren Zweifel zählt, versucht er energisch zu bekämpfen, was nur in zusätzlichen Unsicherheiten mündet. Klar ist seine Performance zeitweise „over the top“, was allerdings hervorragend mit der fast schon „Cartoon“-haften Konzeption seiner Figur harmoniert. Es macht einfach Spaß, ihm zuzusehen, wie er sich mit Luxus umgibt oder die zutage tretenden Verstrickungen verflucht (vielfach nur mit Boxershorts und Morgenmantel bekleidet). Zack und Avi ergänzen sich prima: Ersterer verkörpert die Muskeln des Duos, sein Partner das Gehirn. Zusätzlich wird das von den Anfangsbuchstaben ihrer Namen ausgedrückt – ein vom Drehbuch eher grob gestrickter Einfall. Andre Benjamin („Be Cool“) und Vincent Pastore („Mafia!“) machen ihre Sache gut, wobei letzterer aber im Endeffekt erneut seine (klischeehafte) „Sopranos“-Rolle variiert. Erwähnenswert ist zudem unbedingt noch Mark Strong („Syriana“), der bei seinen Auftritten als eiskalter Profikiller glänzt – anfangs durch einen missglückten Hit in eine Schaffenskrise gestürzt, entdeckt er später sein Gewissen und wendet sich gar gegen die eigenen Leute in einer starken, sich über mehrere Stockwerke eines Gebäudes hinweg entfaltenden Sequenz, bei welcher der Filmschnitt eine besondere (optische) Stellung einnimmt. Zwar sind die Figuren insgesamt nicht annähernd so sympathisch wie etwa in „Snatch“, doch das sollen sie letztendlich gar nicht sein.
Wie bereits festgestellt, verlässt Ritchie zum ersten Mal die Ausrichtung auf eine leichtfüßige Art der Unterhaltung zugunsten einer überwiegend ernsten Annäherung. Nur selten zielen Sequenzen vordergründig auf Lacher ab, welche dann aber auch in der vom Regisseur gewohnten Weise auftreten: Neben den schrägen Gestalten und schwarzhumorigen Dialogen gibt es etwa einen Vorfall, bei dem sich ein Verfolger aus Versehen selbst erschießt, worauf dessen Kameraden ihrem Boss den Ablauf geringfügig ausgeschmückt schildern und jener diese Version der Geschichte als absolut unrealistisch entlarvt – der Zuschauer erhält dabei die übertriebene Visualisierung vor Augen geführt. Eine äußerst ansprechende Atmosphäre wird aufgrund der exquisiten Kameraarbeit erzeugt, alles wirkt ansatzweise surreal, was bei den Locations beginnt (Hinterhöfe und Gassen erinnern an eine triste, graue Großstadt, während Fassaden im extremen „Las Vegas“-Glanz erstrahlen sowie Machas Lebensumgebung bombastisch-hedonistische Züge trägt) und den Verhaltensweisen endet (z.B. Greens persönliche Probleme), unabhängig der Konzeption manch weiterer Szene (Macha wird vereinzelt (nackt) in blendend hellem (weißen) Licht seines Solarium-Zimmers gezeigt). Man sollte die Dinge nur zu deuten wissen und sich (beim ersten Mal) nicht zu sehr auf alles konzentrieren, sondern das Gebotene aufmerksam, aber entspannt verfolgen, um sich dann ggf im Nachhinein rückwirkend seine persönliche Deutung zu bestätigen – bei mir hat die Diskussion im Anschluss richtig Spaß gemacht, ein zweites Sichten hat viele zusätzliche Hinweise auf die Lösung aufgetan.
Ritchie war schon immer ein „Style over Substance“-Regisseur – da stellt dieses Werk keine Ausnahme dar: Von „dynamischen Untertiteln“ á la Tony Scott, über Farbfilter, Split-Screens, Lautstärke-Veränderungen der Musikuntermalung (bei manchen Gesprächen überlagert sie das gesprochene Wort, bei anderen verstummt sie schlagartig), verschobene oder kombinierte Bildelemente sowie dem hervorragend arrangierten, abwechslungsreichen Soundtrack (treibende Beats wechseln sich mit klassischer Musik ab etc), ist das gesamte Geschehen ein Fest für die Sinne. Schwächen gibt es bei der Charakterzeichnung, außerdem können die Zuschauer nur schwer eine wirkliche Verbindung aufbauen – und trotzdem übt der Film einen erstaunlichen Reiz aus. Fleißig zitiert und borgt Guy Motive großer Werke sowie deren Schöpfer (“Casino“,“Fight Club“,“the Usual Suspects“/Scorcese, Mamet, Fincher, Tatantino – nur um einige zu nennen) und vermengt alles nach seinem Ermessen – er nutzt sogar eine „3D-Animationssequenz“ ähnlich jener in „Kill Bill“, um die Leichtfüßigkeit bzw Gewalt einer bestimmten Situation (mitsamt der direkten Folgen) zu überspitzen. Die Inszenierung ist zwar keineswegs innovativ, doch sie überzeugt gewichtig – belohnt wird man u.a. mit einigen fantastischen Einstellungen. Als sich Macha beispielsweise gerade über einen Wein im Restaurant beschwert, spitzt urplötzlich Blut über sein Gesicht, da sein persönlicher Hitman eine Kellnerin/Attentäterin gerade noch so neben ihm erschießen konnte: Sie geht (im Hals getroffen) zu Boden, er wird von seinen Bodyguards unter den Tisch gedrückt – dort allerdings muss er zu seinem Entsetzen feststellen, dass sie noch nicht tot ist sowie ihre Waffe langsam auf ihn zu richten beginnt, während seine Leibwächter ihn im Trubel überhören und in der vermeintlichen Deckung gepresst halten. Diese Szene wurde, wie einige andere auch, großartig, einfallsreich sowie spannend umgesetzt, was meinen Gesamteindruck gut widerspiegelt. Die Optik stimmt, der Verlauf ist unvorhersehbar und kniffelig, Humor, Gewalt, gute Darsteller sind vorhanden – perfekt ist der Film keineswegs, wohl aber eine sehr gute, unterhaltsame Produktion abseits des Mainstreams.
Screenshots:
Bild & Ton:
Die Bildqualität ist einfach hervorragend! Kontrast, Farbintensität und Schärfe stimmen – alles ist genau so, wie man es sich wünschen würde. Der „Dolby Digital 5.1“-Ton wirkt dynamisch und klar – der Sound wird kräftig eingespielt, die Dialoge deutlich. In einigen wenigen Szenen am Anfang des Films dachte ich zu erkennen, dass die Tonspur minimal asynchron wäre – allerdings ausschließlich in ganz begrenzten Momenten der ersten paar Minuten sowie nur wenn man ganz genau darauf achtet.
Menüs:
Starrer Aufbau, also auch nur Screenshots im Kapitelanwahl-Bereich. Keine Musikuntermalung.
Extras:
Leider absolute Fehlanzeige.
Fazit:
Film: „Revolver“ ist ein sehr interessanter, (stilistisch wie inhaltlich) verschachtelter Gangsterfilm, welcher die Taktiken des Schachspiels auf jenes Genre überträgt und dieses zusätzlich durch die Beigabe philosophischer und psychologischer Elemente auf ein ungewöhnliches Level hebt. Der breiten Masse wird das Endergebnis kaum zusagen, dafür aber all jenen Zuschauern, die gerne mal aufmerksam mitdenken. Meiner Meinung nach handelt es sich um die beste Arbeit Guy Ritchies, da sie reifer und vielschichtiger als sonst bei ihm üblich daherkommt … knappe 9 von 10.
DVD: Diese Veröffentlichung kommt extrem einfach (also ohne Bonusmaterial oder animierten Menüs) daher, überzeugt allerdings durch eine hervorragende Bild- und Tonqualität. Die Angabe „Regionalcode 2/5“ auf der Rückseite ist fehlerhaft – die DVD ist „codefree“. Wer nur auf den Film an sich aus ist, kann angesichts des kleinen Preises ruhig zugreifen – ansonsten würde es sich anbieten, auf eine (wohlmöglich) „reichhaltigere“ Edition aus einem anderen Land zurückzugreifen. Das Fehlen des Abspanns ist übrigens normal.
Film:
DVD:
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DVD-Review zur
UK Special Edition von Redbus Home Entertainment
von Vince
Regionalcode: 2
Vertrieb: Redbus Home Entertainment
Laufzeit: 107 Min. (PAL)
Bildformat: 1,85:1 (anamorph / 16:9)
Sprachen: Englisch (Dolby Digital 5.1)
Untertitel: Englisch
Freigabe: 15 BBFC
Bild
Die Fusselpolizei war da: Blitzsauber wie ein frisch gewaschener Gangsterhintern zeigen sich die im ganzen Farbspektrum erstrahlenden Bilder. Keinerlei störende Fragmente behindern den Sehgenuss. Wichtig für die Symbolträchtigkeit des Films sind auch die Farben selbst, die in sattem Kontrast erscheinen. In Extremfällen - hin und wieder kommen in Neonlicht getauchte Räume vor - verschwimmen selbstverständlich die Konturen, was aber in der Natur der Sache liegt. Im Gesamteindruck sind fast alle Aspekte höchstes Niveau. Lediglich die Kantenschärfe wäre sicherlich noch nach oben hin optimierbar gewesen. Ob vielleicht eine qualitative Verschlechterung der Bildqualität durch das Bonusmaterial stattgefunden hat, kann ich in Unkenntnis der estländischen DVD nicht beurteilen - aber auch so kann man hier mehr als zufrieden sein.
Ton
Gleiches gilt für den Sound. Der bricht immer dann in bester dts-Manier aus, wenn es drauf ankommt. Highlights sind dementsprechend die (eher seltenen) Schießereien und Stathams wilder Gedankenmonolog im Aufzug. Ansonsten verbreitet der sehr gute Score eine durchgehend dichte Atmosphäre, die nachhaltigen Eindruck hinterlässt. Die Stimmen kommen glasklar über den Center.
Auf dem Cover wird übrigens neben der englischen noch eine kantonesische Tonspur angegeben, die aber nicht auf der DVD enthalten ist.
Menüs
Das Menü ist höchst interessant gestaltet, wird aber durch die gewöhnungsbedürftige Navigation wohl nicht jedem gefallen. So gibt es vier Einzelbilder, jedes mit einer Option: “Play Movie”, “Set Up”, “Scene Selection” und “Extras” Beim Einstieg switcht das Menü von alleine mit stylisher Animation durch die einzelnen Abteilungen, bleibt dann aber irgendwann als Einzelbild auf “Play Movie” stehen und deutet mit zwei Pfeilen (einer nach rechts, einer nach links) an, dass man per Fernbedienung nach links und rechts zu den anderen Menüs kommt. Unterlegt sind die Bilder von klassischem Ritchie-Score mit Snares und Bass.
Extras
Die Redbus-Special Edition hat gegenüber der estländischen DVD einiges an Extras zu bieten. Hervorgehoben sei zunächst, dass diesmal auch englische Untertitel mit an Bord sind, die auf 4:3-Fernsehern im schwarzen Balken angezeigt werden; und Untertitel sind ja bei einem Ritchie-Film eigentlich keine schlechte Sache.
Das “Extras”-Menü wird eingeleitet mit dem Punkt “The Concept - Interview with Guy Ritchie & James Herbert” (16:13 Min.). Der Titel verrät es schon: Ritchie und Herbert sitzen im Schneideraum und lamentieren über die Ursprünge des Films, die Ideen, das Konzept und die Umsetzung, unterbrochen von kürzeren Filmausschnitten.
Weiter geht’s mit dem “Making Of Revolver” (24:28 Min.). Das gestaltet sich ganz klassisch leider platter und werbelastiger als das vorangehende Interview. In einem Zusammenschnitt aus Interviews, B-Rolls, Filmausschnitten und Filmscore werden die Charaktere erklärt und Sätze wie “There is no right, there is no wrong” sind noch das anspruchsvollste, was gesagt wird.
Wesentlich interessanter erscheinen da schon die sieben unveröffentlichten Szenen (24:09 Min.), die alle hintereinander ablaufen und mit einem einleitenden Kommentar des Regisseurs versehen wurden, wo er anmerkt, man solle sich selbst ein Bild machen, ob die Szenen zu Recht draußen sind oder nicht. Hin und wieder werden sie aber auch aus dem Off kommentiert. Nicht alles gezeigte ist neu, verschiedenes wie die Eröffnungssequenz oder das erste Schachspiel wurde lediglich mit noch mehr Monolog Stathams angereichert. Zum Teil sind die Szenen noch nicht fertiggestellt, so dass einiges etwa noch mit Greenscreen-Wänden verkleidet gezeigt wird (das Golfspiel auf dem Dach). Die Szene mit dem schleichenden Attentat durch Sorter wiederum wurde in einer alternativen Sequenz vollkommen anders geschnitten und weist hier mehr Parallelschnitte und dramatischere Musikuntermalung auf. Auch die Fahrstuhlszene ist in einem anderen Schnitt vorhanden. Das Alternative Ende mit Schwarzweißbildern von Toten, Streichermusik und eingeblendeten Zitaten bedeutender historischer Manipulatoren (zB. Hitler) oder solche analysierende Personen (zB. Nietzsche) wirkt etwas aus dem Zusammenhang gerissen und hat es wohl deswegen nicht in den Film geschafft.
Damit es auch mal was zu lachen gibt, geht’s weiter mit Outtakes (3:59 Min.) - vom furzenden Statham bis zum wie Jabba the Hut mit den Backen schwabbelnden Liotta ist alles dabei.
Die “Stills Gallery” lässt über 100 Produktionsbilder in einer selbstablaufenden, mit Musik unterlegten Slideshow ablaufen (11:16 Min.). Ein Musikvideo (3:42 Min.), offenbar ein von 2Raumwohnung geremixtes Stück von Ennio Morricone ist der letzte anwählbare Punkt im Menü. Im Sprachauswahlbereich verbirgt sich jedoch noch die Möglichkeit, während des Films einen “intriguing & revealing”, so die Coverbeschreibung, Audiokommentar von Guy Ritchie anzuhören.
Fazit UK SE
“Revolver” ist klar besser als sein Ruf und durchaus eine Anschaffung wert. Die Special Edition von Redbus macht einem die Entscheidung leichter: in einem (leider etwas dünnen) Pappschuber geliefert, erfreut der Inhalt der DVD mit sehr guter Bild- und Tonqualität sowie einer ordentlichen Auswahl an Extras, mit der man absolut zufrieden sein kann.