“Entropy”
Technische Daten:
Regionalcode: … 2
Vertrieb: … Cinema Club / Sky
Laufzeit: … 105 Min.
Bildformat: … 1.33:1 (4:3 Vollbild)
Sprachen: … Englisch (2.0 Stereo)
Untertitel: … -/-
Freigabe: … 15
Regie: Phil Joanou
Darsteller:
Stephen Dorff
Judith Godreche
Kelly MacDonald
Lauren Holly
Frank Vincent
Paul Guilfoyle
Kathryn Erbe
Hector Elizondo
Bono
Film-Kritik:
In einem geordneten System hat jedes Teil seinen spezifischen Platz, was eine verminderte Zahl der (Kombinations-/ Veränderungs-) Möglichkeiten im Vergleich mit einem ungeordneten Gegenstück offenbart. Entropie bezeichnet das Potential der vorhandenen Unordnung – sie vergrößert sich, je weiter sich das System von einem geordneten, organisierten und geplanten Zustand hin zu einer chaotischen, zerstreuten und planlosen Form bewegt. Das Gesetz der Entropie besagt, dass sich das gesamte Universum einem zunehmend ungeordneten und desorganisierten Zustand annähert. Regisseur Phil Joanou überträgt dieses Konzept auf die Situation seiner Hauptfigur, dessen Leben aufgrund diverser Entscheidungen und Ereignisse aus seiner bis dato sicheren sowie fast linearen Bahn gerät…
Jake Walsh (Stephen Dorff) ist ein junger, angesagter Videoclip-Regisseur, welcher mit einer Reihe von Produktionen für „U2“ verstärkt in den Blickpunkt der Industrie geraten ist. Er raucht nicht, er trinkt nicht – die Freude an der Arbeit stellt seine „Drug of Choice“ dar. Es dauert nicht lange, und sein Chef (Hector Elizondo) schickt ihn nach New York, um dort seinen ersten Spielfilm zu realisieren – ein klassisches Gangsterepos mit bekannter Besetzung sowie großem Budget. Nachdem er sich moralische Unterstützung von seinem Kumpel Bono geholt hat, findet er sich wenig später schon am Set wieder, wo er seine enthusiastische Vision auf Celluloid zu bannen versucht. Eines Abends wird er nach dem Dreh von den beiden Hauptdarstellern Claire (Lauren Holly) und Kevin (Jon Tenny) mit auf eine Modenschau geschleift, wo ihn ein Model namens Stella (Judith Godreche) augenblicklich derart fasziniert, dass sie sich in der Folgezeit für ihn zu einer förmlichen Obsession entwickelt und er beispielsweise ihr Antlitz überall zu sehen meint – bis sie ihm tatsächlich mal in einem Cafe gegenübersteht: Es ist (beidseitige) Liebe auf den ersten Blick…
Alles erscheint nun perfekt in seinem Leben – bis sich die Produzenten Sal (Frank Vincent) und Andy (Paul Guilfoyle) kritisch zu Wort melden: Ihnen ist das Skript zu mau sowie die Umsetzung nicht kommerziell genug („What is this Film about? Sex and Violence!“/Jake: „I thought it was about the Characters.“/„As long as they are sexy and violent…“). Ersteres Problem kann er noch recht zügig lösen, indem er Wyatt (Bray Poor), den Mann seiner Schwester Evan (Kathryn Erbe), zu Nachbesserungen überredet, da jener vor seinem entnervten Ausstieg aus der Branche ein erfolgreicher („Oscar“-gekrönter) Autor war. Die zweite Hürde gestaltet sich kniffliger, da Claire eine „no nudity“-Klausel in ihrem Vertrag hat – fürs Zeigen ihrer Brüste verlangt sie eine zusätzliche Million. Weil die Produzenten darauf aber nicht verzichten wollen, willigen sie ein und ziehen die Summe vom Gesamtbudget ab, was Jake dazu veranlasst, entnervt das Handtuch zu werfen. Nur mit Mühe können Kevin und Claire ihn zur Rückkehr überreden – und letztere macht gar ihren Einfluss geltend, um Sal und Andy abzusägen. Von diesem Zeitpunkt an ist Jake kaum noch zu bremsen: Er konzentriert sich voll und ganz auf den Job, vernachlässigt dabei jedoch zunehmend Stella. Gerade als er glaubt, alles gut im Griff zu haben, lässt ihn das Leben erneut wissen, dass so etwas wie Kontrolle bestenfalls eine Illusion ist – der Schwangerschaftstest fällt positiv aus…
Aus Angst vor der großen Verantwortung auch in diesem Bereich, reagiert er überspielend kühl, worauf sich Stella angesichts dem eher distanzierten Stand ihrer Beziehung für eine Abtreibung entscheidet, zu welcher Jake gar aufgrund eines Studiomeetings ebenfalls zu spät eintrifft. Alles scheint nur noch bergab zu verlaufen: Sal und Andy werden zurückgeholt, da das Budget angeblich überzogen wurde, worauf man 10 Drehtage zur Kompensation streicht. Nun ist es Stella, welche sich in ihre Arbeit stürzt: Sie fliegt für einige Aufträge nach Paris, wo sie zum Entschluss kommt, die Beziehung zu beenden und stattdessen dort zu bleiben. Das stößt Jake nun vollends über die Klippe, worauf er stärker zu rauchen/trinken beginnt sowie wegen seines Verhaltens von der Post-Production ausgeschlossen wird. Am Tiefpunkt angelangt, erhält er schließlich einen Anruf von Bono, der ihn gerne für ein Video hätte, und auf einer Aftershow-Party lernt er die Schottin Pia (Kelly MacDonald) kennen, welche er kurzerhand wenige Stunden später ehelicht. Bei einem „U2“-Konzert treffen schließlich alle Parteien aufeinander: Das frischgebackene Ehepaar, Claire & Kevin, die ihn fürs Projekt zurückgewinnen wollen, wie auch Stella, welche sich ihren Gefühlen nicht länger erwehren konnte – doch dann erscheint das chaotische Video der Blitzhochzeit (in einer Las Vegas „Elvis“-Kapelle) auf der gigantischen Videoleinwand, was das emotionale Gewirr aller vollends aufdeckt…
Zu diesem Zeitpunkt ist der Film noch lange nicht vorüber – genau genommen war alles bis dato eine anfangs eingeleitete Rückblende. Die interessante, abwechslungsreiche Handlung kommt ohnehin voll von kreativen Einfällen und Elementen daher, was die Gefahr aufsteigender Langeweile seitens des Zuschauers recht erfolgreich minimiert, egal wie stark oder schwach man vom Geschehen mitgerissen wird – und das trotz der Tatsache, dass Inhalt sowie Umsetzung sicherlich eine individuelle Geschmackssache darstellen. Regisseur Phil Joanou („Wild Palms“) entschied sich für den Einsatz diverser aus Videoclips bekannter Stilmittel – u.a. Zeitraffer-/Slow-Motion-Übergänge, Farbfilter, Schwarzweiß-Einspielungen sowie verschiedene Film- und Video-Formate. Verpackt in einer modernen, hippen Hochglanz-Optik, erweiterte er die erzählerische Struktur zudem um surreale Sequenzen (Jake unterhält sich mit seiner rauchenden Katze, Bono spricht zu ihm per TV, ein bildlicher Vergleich von unerträglichen Dates mit „Russian Roulette“ etc) sowie die Tatsache, dass die Hauptfigur (als Erzähler) das Bild an kritischen Stellen anhält, in dieses zusätzlich noch „von außen“ hineintritt (z.T. neben sich selbst) und dem Publikum Hintergrundinfos liefert. Klar, man kennt ähnliches Vorgehen bereits aus „Kuffs“ (et al), doch auch hier passt es gut zum lockeren Gesamteindruck, welcher hauptsächlich das Teen- bzw Twen-Publikum ansprechen dürfte. Optik und Produktionsqualität stimmen – dem Endergebnis sieht man das verhältnismäßig geringe Budget von knapp 6 Millionen Dollar keinesfalls an.
Fast jedes Element von „Entropy“ basiert auf Tatsachen aus dem Leben von Regisseur Joanou: Seine Karriere begann er als gefeierter Videoclip-Regisseur – u.a. für „U2“, für welche er zudem den Konzertfilm „Rattle & Hum“ inszenierte. Sein unvermeidlicher Wechsel hin zu Hollywood-Spielfilmen gestaltete sich hingegen weniger erfolgreich, denn sowohl „Final Analysis“ als auch „Heaven´s Prisoners“ schnitten (bei Kritikern und Publikum) enttäuschend ab, worauf ihm sein Kumpel Bono riet, etwas Persönliches zu schreiben und dann unabhängig umzusetzen. So entstand das Skript zu diesem Film, in dem sich Joanous eigene langjährige Beziehung zu einem Model, seine Kurzehe mit einer Konzertbekanntschaft, sein Schwager (ein Autor) sowie das angespannte Verhältnis zu Studiovertretern (einmal schlug er tatsächlich einen Executive am Set nieder) in Variationen wiederfinden lassen. Wahr ist sogar, dass „U2“ Aufnahmen seiner echten Las-Vegas-Hochzeit auf ihrer „Zooropa“-Tour in ihre Mediashow integrierte – hier „revanchierte“ man sich mit einer „Nachstellung“ der Ereignisse während der „PopMart“-Tournee sowie einer aktiven Beteiligung an der Produktion in Form von Nebenrollen, Soundtrack-Stücken und Drehfreiheit hinter den Show-Kulissen.
Produziert von Robert DeNiro (über seine „Tribeca“-Schmiede), vereint „Entropy“ eine nette Ansammlung Schauspieler, welche durchweg überzeugen können, obwohl die meisten ihrer Rollen eher oberflächlich konzipiert wurden. Jene von Stephen Dorff („Blade“) ist ihm wie auf den Leib geschrieben, denn mit derartigen Figuren (hip, etwas aufbrausend, durchgeknallt & wirr, aber sympathisch) hat er bereits genügend Erfahrungen sammeln können – einige Jahre später trat er in „Cecil B Demented“ gar erneut als manischer Filmemacher in Erscheinung, allerdings in noch weitaus überzeichneter Form. Stella wird von Judith Godreche („L´Auberge Espagnole“) gespielt, welche einen absolut bezaubernden französischen Akzent besitzt und die Zuschauer mit ihren (vom Drehbuch vorgegebenen) Worten/Aktionen wahrlich bezirzen kann. Kelly MacDonald (aus „Trainspotting“) ist als Pia zwar ebenfalls charmant, aber absolut nicht mein Typ (abgesehen davon, dass ich ihren starken schottischen Akzent als grausam fürs Ohr empfand), Lauren Holly („Silent Hill“) und Jon Tenny („Homegrown“) geben ein amüsantes Hollywood-Pärchen ab, Frank Vincent („Cop Land“) und Paul Guilfoyle (TV`s „CSI Las Vegas“) agieren köstlich als Profit-fixierte Produzenten. Ferner lassen sich noch Kathryn Erbe (TV´s „Criminal Intent“), Hector Elizondo („Pretty Woman“) sowie die Jungs von „U2“ entdecken, von letzteren Bono die größte Sprechrolle (als Hauptratgeber für Lebensweisheiten) besitzt. Leider lässt das Skript öftermals die nötige Bandbreite vermissen, denn viele Charaktere wirken wie zweidimensionale Abziehbilder – was vermutlich (zumindest ansatzweise) so beabsichtigt war, denn die satirische Annäherung spielt gerade mit diesen Stereotypen und Karikaturen (in einer Szene sieht Jake Sal und Andy etwa als Teufel verkleidet auf der Couch sitzen). Man könnte zudem eventuell den Eindruck erhalten, die Chemie zwischen Dorff und Godreche wäre zu gering – doch ihre Figuren sind nun mal so ausgelegt, dass sie zwar ein Paar sind, unter der Oberfläche aber nicht wirklich (vom Charakter, nicht den Gefühlen her) zueinander passen. Liebe ist vorhanden, während andere Bestrebungen (Familie vs Karriere/Träume) Distanz schaffen.
Der Film besitzt zwei Hauptkomponenten – Liebesgeschichte & Showbiz-Satire – aus denen alle weiteren Ereignisse hervorgehen. Beide Elemente sind keinesfalls vollkommen gelungen, passen aber aufgrund ihrer flippig konzipierten sowie in Szene gesetzten Art gut zueinander. Surreale Einfälle verleihen ein leichtfüßiges, Rausch- bzw Traum-ähnliches Gefühl, bei welchem alles möglich zu sein scheint, bis die Realität einen irgendwann auf den Boden der Tatsachen zurückdrängt. Die Beziehung zwischen Jake und Stella hat es mir besonders angetan, da sie (anfangs) derart süß ist, dass man leicht selbst ins Schwärmen geraten kann. Eigentlich wirkt alles zu schön, um wahr zu sein – ihre Figur soll aber genau solch ein wunderbares Wesen darstellen, was den Gegensatz stärker veranschaulicht, denn er hingegen ist der temperamentvolle Typ, welcher nicht viel über persönliche Verantwortung nachdenkt und die künstlich erschaffene Welt des Kinos als nahezu ebenbürtig wichtig erachtet. Während dieser Schein jedoch zunehmend verblasst, lässt er sich nicht von Stella stützen, sondern versucht sich mit Alkohol zu betäuben. Erst am Ende werden ihm die entscheidenden Erkenntnisse bewusst – leider zu spät. Manchmal verliert man im Leben seinen Seelengefährten entlang des steinigen Weges. Gerade sein Schlussmonolog ist daher sehr gelungen – und die dort angesprochenen Inhalte kann ich zudem absolut nachvollziehen.
Zwar spielt Joanou offen mit Stereotypen und Klischees (Liebe auf den 1.Blick, Jakes Reaktion auf die Begegnung mit dem Baby seiner Schwester etc), doch die fortführenden satirischen Ansätze sind leider nicht bissig oder „edgy“ genug, um an Werke wie „the Player“ anzuschließen. Von der Tatsache ausgehend, dass der Film eigentlich eine Abrechnung mit erlebten Studioerfahrungen sein sollte, enttäuscht die Zurückhaltung etwas und stellt die Frage, ob der Regisseur nicht eher das Ziel hatte, die skurrilen Abschnitte seines Lebens einfach nur überspitzt für die Nachwelt (bzw das Publikum) festzuhalten. Der Begriff „seicht“ kommt dabei in den Sinn, denn gar Jakes Abstieg ins Chaos verändert seine Persönlichkeit nicht allzu gravierend (von der Wahrnehmung mal abgesehen), interessante „dunklere“ Gegebenheiten (die Abtreibung, Intrigen oder geheimnisvollen Kontakte von Claire) werden eher nebenbei angehandelt. Schade, denn mit mehr Tiefe hätte ein hervorragender Streifen entstehen können – so aber kann man sich trotzdem über einige gute Selbsterkenntnisse, spitzfindige Dialoge, nette Gags, herzliche Momente und/oder ausgefallene Ideen amüsieren. Letztendlich bleibt ein unebenes, aber unterhaltsames Werk über einen Filmemacher und seinen Kampf um eine klare Linie im Leben sowie die Realisierung seiner künstlerischen Ambitionen gegenüber den Geschäftsleuten der Industrie. Als Jake beispielsweise bei einem Meeting voller Enthusiasmus den legendären Ed Wood zitiert, fragt ihn sein Chef nur „Are you drunk?“ – es geht scheinbar alles nur ums Geld, und wer sich nicht anpasst, gerät schnell unter die Räder.
,5
Screenshots:
Bild & Ton:
Die Bildqualität ist in allen Belangen (Klarheit, Schärfe, Kontrast sowie Farbintensität) absolut durchschnittlich und geht somit in Ordnung – allerdings ist leider nur das Vollbild-Format (4:3) verfügbar. Der „2.0 Stereo“-Ton reicht größtenteils aus, da der Film ohnehin sehr Dialog-lastig ist (ohne dass das negativ klingen soll) – bei den (kurzen) Konzertaufnahmen hätte man aber sicher mit einem besseren Ton-Format wesentlich mehr herausholen können.
Menüs:
Grund dafür, dass ich an dieser Stelle nur eine einzige Menüabbildung vorweisen kann, ist die Tatsache, dass man nur diese eine Maske präsentiert bekommt – es steht ausschließlich die Funktion „Play“ zur Auswahl! Zwar ist der Hauptfilm in Kapitel untergliedert, doch es gibt kein Kapitelanwahl-Menü. Musikuntermalung oder bewegte Elemente sucht man ebenfalls vergebens.
Extras:
Absolute Fehlanzeige in Sachen Bonusmaterial.
Fazit:
Film: „Entropy“ ist eine unterhaltsame, wenn auch teilweise etwas oberflächliche sowie selbstverliebte Parodie/Satire über das Filmemachen, welche den ständigen Konflikt zwischen der persönlichen Kreativitätsentfaltung und den einschränkenden Konventionen der primär auf Profit orientierten Studios leichtfüßig thematisiert … knappe 7 von 10.
DVD: Während Bild- und Tonqualität eigentlich (gerade) noch als „okay“ durchgehen, enttäuscht diese Veröffentlichung mit ihrem minimalistischen Menü-Aufbau sowie dem vollkommenen Verzicht auf jegliches Bonusmaterial.
Film: ,5
DVD: