“Frankenstein”
Technische Daten:
Regionalcode: … 1
Vertrieb: … Lions Gate
Laufzeit: … 88 Min. (NTSC)
Bildformat: … 1:85:1 (16:9 Widescreen Format)
Sprachen: … Englisch (5.1 DD & 2.0 Dolby Surround)
Untertitel: … Englisch, Spanisch
Freigabe: … Not Rated
Regie: Marcus Nispel
Darsteller:
Parker Posey
Vincent Perez
Thomas Kretschmann
Adam Goldberg
Michael Madsen
Ivana Milicevic
Film-Kritik:
[align=justify]Diese Neuinterpretation der „Frankenstein“-Geschichte sollte ursprünglich den Pilotfilm zu einer Mystery-Serie bilden, welche jedoch aufgrund von kreativen Differenzen letztendlich nie zustande kam. Angesichts der Produktionsqualität sowie dem am Projekt beteiligten Talent der Cast & Crew halte ich diesen Ausgang für sehr schade, denn eine Weiterführung der in diesen ersten 88 Minuten präsentierten Ereignisse und Charaktere auf einer wöchentlichen Basis hätte sicher eine solide Fangemeinde gefunden.
In Zusammenarbeit mit „USA Networks“, beabsichtigte Schriftsteller Dean Koontz eine von ihm erdachte Abwandlung des klassischen Stoffes zu einer TV-Serie umzukonzipieren. Die Prämisse von Koontz´ Storyline, dass Mary Shelleys Novelle eigentlich von dem echten Wissenschaftler Victor Helios inspiriert worden sei, der aufgrund seiner Kenntnisse/Begabung in der Lage ist, Leben zu kreieren sowie sein eigenes bis in die Gegenwart des heutigen New Orleans zu verlängern, bildet dabei die zentrale, sehr interessante Ausgangsidee, welche zudem von der Tatsache erweitert wird, dass Victor in den vergangenen Jahrhunderten eine Vielzahl Kreaturen erschaffen hat, die nun teils unglücklich, ausgestoßen oder gar mordend unter uns leben – bis seine ursprüngliche Schöpfung letztendlich beschließt, dem „unmenschlichen“ Treiben ein Ende zu setzen. In der Vorbereitungsphase stießen noch Tony Krantz (TV´s „24“) und Filmlegende Martin Scorcese („Taxi Driver“) als „Executive Producer“ hinzu, und man gewann eine starke Besetzung sowie den deutschen Regisseur Marcus Nispel, welcher sich gerade mit seinem erfolgreichen „Texas Chainsaw Massacre“-Remake einen Namen gemacht hatte. Dann geriet das Projekt jedoch aufgrund diverser Streitigkeiten in die gefürchtete „Development Hell“, worauf Koontz verärgert gemeinsam mit Scorcese das Handtuch warf – letzterer kehrte jedoch wenig später zurück, ersterer ließ seinen Namen aus jeglichen Credits streichen, gestattete aber die Verwendung seiner Idee mitsamt der Figuren. John Shiban (TV´s “Enterprise“/“the X-Files“) schrieb daraufhin das Drehbuch, doch neuerliche Streitigkeiten nach der Fertigstellung des Pilotfilms verhinderten wiederum, dass das Projekt in die nächste Phase eintreten sowie in Serie gehen konnte – also strahlte man am 10.Oktober 2004 schließlich nur diesen Einstieg aus, welchen „Lions Gate“ ein knappes Jahr später auf DVD veröffentlichte. Obwohl noch immer nicht offiziell bestätigt, erscheint es ziemlich sicher, dass es wohl nicht mehr zu einer Umsetzung der übrigen Folgen kommen wird. Zentrale Elemente dieses Films lassen sich zudem in einer Reihe von Geschichten wiederfinden, die Koontz inzwischen gemeinsam mit Kevin J.Anderson veröffentlicht hat – allen voran „Frankenstein, Book One: the Prodigal Son".
In New Orleans geht ein Serienkiller um, der seine Opfer auf grausame Weise verstümmelt und ihnen zusätzlich mit chirurgischer Präzision bestimmte innere Organe entnimmt. Als die zuständigen Detectives Carson O'Conner (Parker Posey) and Michael Sloane (Adam Goldberg) zu einem weiteren Tatort gerufen werden, geraten sie zuerst mit ihrem Kollegen Det. Harker (Michael Madsen) über die Art und Richtung der Ermittlungen aneinander, bevor sie dann auch noch feststellen müssen, dass der Tote, vereinfacht ausgedrückt, einen von der Norm abweichenden Körperaufbau besitzt – in seiner Brust schlugen nämlich zwei Herzen, seine Knochen sind hart wie Stein. Die Wohnung des Opfers zeugt zudem von einer gestörten Verfassung, denn sie ist voll von Katzen, Zeitungen und alten Gegenständen, diverse Schuhe stehen seltsam angeordnet auf dem Boden herum, Rasierklingen baumeln angehängt von der Decke oder stecken geordnet in bestimmten Wänden. Als sie sich den Leichnam erneut in der Gerichtsmedizin ansehen wollen, müssen sie zu allem Überfluss erfahren, dass dieser auf mysteriöse Weise zerstört wurde, noch bevor man seine tatsächliche Identität feststellen konnte.
Während Carson später die Wohnung ein erneutes Mal nach Hinweisen durchsucht, trifft sie auf einen vernarbten Mann (Vincent Perez), welchen sie aufgrund seiner seltsamen Erscheinung augenblicklich für den Killer hält. Um sie vom Gegenteil zu überzeugen, gibt er sich ihr jedoch zu erkennen und bietet seine Hilfe bei der Lösung des Falles an, dessen komplexe Hintergründe er ihr ebenfalls nennt: Sein Name ist Deucalion, die erste (vor über 200 Jahren) aus Leichenteilen gefertigte Schöpfung von Dr.Victor Helios, und er wäre nun aus Europa hierher gekommen, um die Machenschaften seines „Erschaffers“ zu beenden – dieser würde nämlich versuchen, eine neue, überlegene Rasse zu kreieren. Ferner erzählt er ihr von dessen Kreaturen, die größtenteils mit instabilen Persönlichkeiten unerkannt unter den Menschen leben, sowie dass es jenen nicht möglich sei, ihr Leiden zu beenden und sich selbst das „Leben“ zu nehmen – genau dabei würde ihnen der Killer, selbst einer dieser Art, nun „helfen“. Natürlich glaubt Carson ihm kein Wort, was sich aber nach einer Demonstration seiner „Unsterblichkeit“ etwas ändert…
In der Folgezeit gehen die beiden Cops dieser Spur nach, welche sie zu Helios (Thomas Kretschmann) führt – ein reicher, einflussreicher Wissenschaftler, der als Genie und Pionier auf dem Gebiet der genetischen Forschung gilt. Die Geschichte von Deucalion stimmt tatsächlich, und aktuell arbeitet Victor gerade an einer „Verbesserung“ seiner Frau Erika (Ivana Milicevic). Nebenbei ist er ebenfalls hinter dem Killer her, denn er kann es sich nicht leisten, dass sich eine seiner Kreationen zwischen ihn und seinem Ziel der Perfektion stellt. Da Carson und Michael bei einer solchen Geschichte keine Hilfe von Harker erwarten können, schließen sie sich mit Deucalion zusammen, um den Fall zu lösen sowie den Doktor aufzuhalten…
Diese „Frankenstein“-Version ist eher im Bereich eines Sequels, einer Fortführung oder Alterierung der Geschichte einzuordnen, also keinesfalls ein Remake. Die 3 Handlungsstränge (Cops/Killer, Victors Versuche, Deucalions Quest) hat man gut miteinander verwoben, wobei allerdings der Konflikt zwischen dem Schöpfer und seinem „ersten Produkt“ im Vergleich deutlich untergeordnet verbleibt, was sich im Verlauf der Fortführung aller Wahrscheinlichkeit nach geändert hätte. Das ist dann auch das Hauptproblem: Für sich allein betrachtet, wirkt der Film unvollständig und unabgeschlossen – er ist es schließlich auch. Man bekommt durch diesen Einstieg die Charaktere vorgestellt, genauso wie das Konzept und die Regeln des Szenarios. Aus diesem Grund gibt es etliche Ansätze, die man wohl später aufgegriffen hätte (wie etwa, was es genau mit Carsons autistischen Bruder auf sich hat), Eindrücke von Plot-Löcher entstehen, die Charaktere erhalten (noch) keine Tiefe – und das Ende ist, abgesehen von diesem speziellen Serienkiller-Fall, komplett offen. Man muss sich also der Hintergrundgeschichte zu jeder Zeit bewusst sein – ansonsten wird man verärgert zurückgelassen. Es gibt zig „Pilots“, die nie zu einer Serie ausgebaut wurden, doch mir persönlich ist kein vergleichbares „High Profile“-Werk wie dieses hier bekannt. Hätte die Show funktioniert? Wenn sie begrenzt gehalten worden wäre, also im Umfang von rund 10 Folgen, würde meine Antwort klar positiv ausfallen, denn aus der Idee mit den vielen „Kreationen“ hätte man eine Menge Material und Potential generieren können – jedoch nicht über eine Staffel hinaus, sondern nur in einer bündigen und straffen Form.
Die beiden (Cop-) Hauptrollen hat man mit Parker Posey (“Best in Show“/“Blade 3“) und Adam Goldberg (“Saving Private Ryan“/“Salton Sea“) ungewöhnlich besetzt – letzterer bringt etwas trockenen Humor in seine Figur (und damit in den Film), während Posey genau die Balance zwischen „hart“ und „verletzlich“ trifft. Darüber hinaus stimmt die Chemie zwischen ihnen, was schon mal die halbe Miete für die Serie gewesen wäre. Thomas Kretschmann (“der Pianist“/“King Kong“) war noch nie ein sonderlich intensiver Schauspieler, und sein Victor-Ansatz pendelt zwischen „menschlich“ und „fixiert/getrieben“. Er agiert okay, wirkt aber etwas blass. Vincent Perez (“Crow 2“/“Queen of the Damned“) hat das Problem, dass dieser Pilotfilm ihm kaum Screen-Time vergönnt. Seine physische Präsenz ist überzeugend, für eine tiefer gehende Betrachtung bekommt man schlichtweg keine Gelegenheit. Die bildschöne Ivana Milicevic, die sich in den letzten Jahren von Albert Pyun Filmen (“Crazy 6“/“Postmortem“) zu Großproduktionen (a la „Vanilla Sky“ oder „Paycheck“) gesteigert hat, verkörpert Erika perfekt – verunsichert und zerbrechlich. Und dann wäre da noch Michael Madsen (“Reservoir Dogs“/“Kill Bill“), der seine Rolle (man beachte dabei den Namen („Harker“) als kleine Anspielung auf Stoker´s „Dracula“) genauso runterspult, wie man es von ihm gewohnt ist – lässig sowie mit einer Stimme, als würde er in den Drehpausen durchgehend Whiskey trinken und eine Zigarette nach der anderen rauchen.
Das Drehbuch von John Shiban, welcher ebenfalls an der leider gescheiterten Chris Carter Serie „Harsh Realm“ beteiligt war, weckt mit der Prämisse, dass die bekannte und geschätzte Geschichte in die Gegenwart verlegt wurde, Interesse und Aufmerksamkeit, was durch die Kombination mit Serienkiller-, „Mad Scientist“- und „whodunit“-Motiven noch verstärkt wird, trotz der verwendeten Standardformel um die beiden Detectives. Die Variation, dass Victor der „main Villain“ ist, während seine „Kreatur“ den Cops hilft, funktioniert zudem erstaunlich gut (ohne den befürchteten unfreiwilligen Humor). Darüber hinaus gibt es einige starke Dialogmomente: An einer Stelle meint Victor zu einem Geistlichen „God bless you“, was in anbetracht seines eigenen Gottkomplexes sowie der Tatsache, dass auch jener Mann eines seiner Schöpfungen ist, einen netten Augenblick erzeugt. An einer anderen unterhält er sich mit Erika über seinen Hang zur Perfektion, worauf sie bemerkt, sie sei dann wohl eine Enttäuschung für ihn („Your standards are so high…“) – und er erwidert „That´s why I made you…my wife“. Nicht nur als Einführung ihrer Figur stimmig und schön. Die Szenen zwischen ihnen sind ohnehin die stärksten des Films: Trotz seines Strebens nach Vollkommenheit versagt er im Bett, sie selbst ist einzigartig, da es ihm bei ihr gelang, dass sie das Gefühl der Scham verspüren kann – und nur bei ihr gibt er sich Mühe, sie konstant zu „verbessern“, statt auf neue Versuchsobjekte zurückzugreifen, wie er es bislang immer getan hat (daher auch die ersten in der Stadt gefundenen Leichen).
Was den Film aber vor allem auszeichnet, ist die unverkennbare Handschrift von Regisseur Marcus Nispel. Trotz des limitierenden TV-Formats erzeugen die von ihm arrangierten und eingefangenen Szenen eine dichte, düstere Atmosphäre – ähnlich jener, die er so effektiv in seinem „TCM“-Remake erzeugte. Natürlich trifft die Phrase „Style over Substance“ mal wieder zu, doch wenn jede Einstellung derart ansprechend gestaltet wurde wie hier, kann man schon mal wohlwollend darüber hinwegsehen. Nispel vereint die seit „se7en“ gewohnte Art des Filmemachens in jenem Genre (inklusive des Vorspanns, der deutliche Ähnlichkeiten zu Videos von „Nine Inch Nails“ aufweist) mit dem schwülen „Southern Gothic“-Flair von New Orleans, wobei seine Darstellung derart (schön) düster ist, dass selbst die erste Staffel von „Millenium“ im Vergleich sonnig und farbenfroh wirkt. Locations wie das Innere eines Frachters, eine stillgelegte Fabrik, Victors Labor, die bizarre Wohnung des dritten Opfers oder ein altes Kino, an dessen Decke zig aufgehängte Flaschen baumeln, vervollständigen schließlich das homogene Gesamtbild. Solch düstere TV-Produktionen bekommt man nur ganz selten zu Gesicht, und Nispel ist wahrlich ein hervorragender visueller Regisseur, von dem man hoffentlich noch viel hören/sehen wird!
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Screenshots:
Bild & Ton:
Angesichts der Tatsache, dass der gesamte Film eigentlich ausschließlich in der Dunkelheit spielt (selbst die Szenen am Tage sind mit bläulich-grauen Farbfiltern stark abgedunkelt worden), kann das Bild mit kräftigen Farben und Kontrasten überzeugen. Zudem bekommt man sogar eine 1:85:1-Präsentation geboten, nicht bloß das fürs TV gängige 4:3-Format. Die Soundgestaltung (wahlweise 2.0 Dolby Surround oder 5.1 Dolby Digital) schließt sich dem positiven Eindruck nahtlos an.
Menüs:
Nach einer stimmigen Einführungs-Szenenmontage aus dem Film gelangt man ins (starre) Hauptmenü, welches mit passender Instrumentalmusik unterlegt ist. Alles in allem schön und passend gestaltet, aber nichts Außergewöhnliches.
Extras:
Neben dem informativen Audiokommentar von Regisseur Nispel ist noch ein 30 Minuten langes „Making of“ mit dem Titel „Monsters and Mayhem: Inside the Making of Frankenstein“ auf der DVD vorhanden, das Interviews mit der Cast & Crew sowie Szenen vom Dreh umfasst. Diverse Promo-Trailer von „Lions Gate Entertainment“ sind ebenfalls enthalten.
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Fazit:
Film: „Frankenstein“ besitzt eine interessante Prämisse, gute Darsteller sowie eine atmosphärische, moderne Inszenierung – wäre da nicht die Tatsache, dass es sich um einen unabgeschlossenen Pilotfilm zu einer nie verwirklichten Serie handelt, hätte diese düstere Kombination aus Dean Koontz, Mary Shelley, Chris Carter und David Fincher auf jeden Fall eine höhere Bewertung als meine abschließenden „7/10“ verdient, doch für eine TV-Produktion mit jenem Hintergrund ist das Werk auch so schon ziemlich gut gelungen!
DVD: Die DVD-Edition hat mich positiv überrascht – schließlich wurde diese „Made for TV“-Produktion mehr oder weniger klammheimlich in den USA veröffentlicht. Die Bild- und Tonqualität ist wirklich gut, das Bonusmaterial annehmbar, und selbst das Cover-Artwork kommt nicht im Standard-08/15-Look daher, sondern wurde mit einem metallischen (goldenen) Hochglanz-Effekt versehen. Vielen Dank, “Lions Gate“! [/align]
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