Six Feet Under – Staffel 1
Technische Daten
Vertrieb: Warner
Regionalcode: 2
Laufzeit: 725 Minuten (13 Folgen)
Regie: Miguel Arteta, Daniel Attias, Alan Ball, Kathy Bates u.a.
Darsteller: Peter Krause, Michael C. Hall, Frances Conroy, Rachel Griffiths u.a.
Bildformat: 1,33:1
Sprachen: Deutsch, Englisch, Spanisch, Italienisch (DD5.1)
Untertitel: Deutsch, Englisch, Spanisch, Italienisch, Ungarisch, Portugiesisch, Hebräisch, Griechisch, Türkisch, DfH, EfH, IfH
Freigabe: ab 12
Film:
Ich bin gerade „Six Feet Under“ am schauen, als mich die traurige Nachricht erreicht, dass mein Opa gestorben ist. Am nächsten Tag steht dann der Besuch bei meiner Oma an. Was wird man bei der Beerdigung anziehen? Ist noch was brauchbares im Schrank oder muss vorher noch in Bitburg was neues gekauft werden? Am meisten Zeit nimmt heute die Gäste-Liste für die Beerdigung in Anspruch. Soll [Person A] wirklich eingeladen werden? War meine Oma bei der Beerdigung ihres Mannes eingeladen? Hm…nein, war sie nicht…also streichen wir [Person A] mal schnell von der Liste...
5 Tage später, Beerdigung, Friedhof Badem. Zusammengekauert stehen wir Angehörigen vor dem Grab, die Gemeinde drum rum. Die Tränen geradeso unterdrückend (man will ja nicht, das das ganze Dorf einen heulen sieht) werden die Leute gemustert. Hm…wer ist gekommen, wer nicht? Kopfschütteln…[Person B] hätte doch kommen müssen. Aber sieh an, wenigstens [Person C] ist hier, um [VERSTORBENER] das letzte Geleit zu geben…aber müssen wirklich rotgefärbte Haare bei so was so öffentlich gezeigt werden? Meine Güte…es gibt doch Mützen….huch, der Sarg ist ja schon im Grab…
Szenenwechsel, Los Angeles, Nähe L.A. International Airport. Bestattungsunternehmer Nathanael Fisher ist auf dem Weg zum Flughafen, um seinem Sohn Nate abzuholen, der zu Weihnachten aus dem fernen Seattle angereist ist, um das Fest der Liebe mit der Familie zu feiern. Gerade noch hat Nathanael seiner Frau versprochen, mit dem Rauchen aufzuhören, jetzt zündet er sich lässig grinsend die nächste Zigarette an. Er übersieht eine rote Ampel, wird seitlich von einem Omnibus erfasst.
Als seine Frau Ruth von dem Unglück benachrichtigt wird, ist ihr erster Gedanke, dass er hoffentlich nicht schlimm zugerichtet sei. Es wäre peinlich für ein Bestattungsunternehmen, wenn sich ein eigener Verstorbenen nicht so herrichten lassen würde, dass ein offener Sarg für die Abschiednahme nicht in Frage käme. Was würden die Leute bloß denken?
Die Abschiednahme einige Tage später: Nathanael Fisher liegt ruhig & perfekt geschminkt in einem offenen Sarg. Ruth steht davor und beginnt zu schluchzen, wird daraufhin sofort von ihrem schwulen Sohn David in einen Nebenraum gebracht. Heulen vor der ganzen Gemeinde? Um Gottes Willen…
Auch wenn mein kleiner privater Erfahrungsbericht rund um die Todestage meines Großvaters leicht überspitzt ist, weist er Parallelen zu dem Todesfall auf, mit dem 2001 die amerikanische Serie „Six Feet Under“ vom „American Beauty“-Autor Alan Ball startete. Der Tote & die Trauer rücken immer mehr in den Hintergrund, während die gesamte Beerdiungsprozedur zur klinisch korrekten, sterilen, oberflächlichen Farce verkommt. Aber während bei uns in der Eifel alles wie gehabt weitergeht, nur eben ohne Opa, ergeben sich bei dem Bestattungsunternehmen „Fisher & Söhne“ gravierende Veränderungen, da der Vater im Testament das Familienunternehmen an beide Söhne vererbt und somit auch der „verlorene Sohn“ Nate wieder zurück zu seinen Wurzeln muss.
Diese Ausgangssituation besteht zum Beginn der ersten Staffel und nach der gerade beendeten „24 Staffel 4“ erscheint das alles recht unspektakulär. Und genau das bleibt es auch. „Six Feet Under“ lebt nicht von großen Actionszenen, Horrorsequenzen oder gewaltigen Special-Effects. Jede Folge startet mit einem Todesfall, den das kleine Bestattungsunternehmen wenig später ins Haus bekommt, um die Beerdigung & alles drum herum zu organisieren. Die Todesarten sind teils völlig normal (Herzversagen), stellenweise aber auch makaber gut. So lernt man beispielsweise effektiv, dass man nicht den Kopf aus dem Schiebedach strecken sollte, wenn tiefhängende Ampeln in der Nähe sind, die gleiche Warnung gilt für das Wohnen in der Nähe von Golfplätzen…denn vom Kurs abgekommene Bälle können beachtliche, um nicht zu sagen tödliche Beulen verursachen…
Aus den Todesfällen kreierte man kleine Nebenhandlungsstränge um die Angehörigen, während die Hauptstory sich auf die Familie Fisher konzentriert. Außerdem stellen übel zugerichtete Leichen ideale Gesprächspartner dar. So sitzt der Tote bei der eigenen Restaurierung putzmunter neben seiner Leiche und unterhält sich mit David über Homosexualität, ein zentrales Thema der ersten Staffel, welches in alle Richtungen konstant ausgelotet wird. Daraus ergeben sich dann auch Szenen, die dem glattgebügelten Mainstream-Konsument zunächst sauer aufstoßen. Alle reden von Toleranz, aber wenn man sich erstmals eine Sexszene zweier Männer anschauen muss, fühlt man sich doch irgendwo unwohl, da so was völlig unseren Sehgewohnheiten widerspricht. Als David Diakon wird, entwickelt sich eine Situation, wie sie genauso in der Realität vorstellbar wäre. Darf ein Schwuler ein Amt in der Kirche ausführen? Was die Institution wohl einstimmig beantworten würde, trennt die breite Masse in 2 Felder. Konservativität vs. Toleranz…
Derartige Gesellschaftskritik zieht sich durch die gesamte Staffel, hält sich mal clever subtil im Hintergrund und schlägt kurz darauf mit einem schwarz-humorigen Holzhammer zu. Der macht dann auch nicht vor dem Tabuthema Tod halt. Schief-hängende Brüste einer Leiche werden dann schon mal mit Katzenfutter aufgefüllt, damit alles hinterher bei der Abschiednahme mit offenem Sarg perfekt aussieht. Grundsätzlich aber sensibilisiert die Serie was das Sterben & die Trauer angeht, denn man bekommt hier in jeder Folge vor Augen geführt, wie schnell unser Leben zu Ende sein kann. Das wird auch den Mitgliedern der Familie Fisher mit dem Tod von Nathanael klar und so beginnt die oberflächliche „Heile Welt“-Fassade der erzkonservativen Bestatterfamilie langsam aber sicher zu bröckeln. Alle erkennen plötzlich, dass das brave Vor-sich-hin-vegetieren zum Wohle des Images letztendlich nicht zufrieden stellt. Und so begibt sich jeder in der Familie auf seine ganz eigene Weise auf die Suche nach einem Sinn, nach verborgenen Sehnsüchten. Die Probleme, die dabei auftauchen, sind herrlich alltäglich und in vielen kann man sich wiedererkennen, was nahezu bei jedem Charakter einen großen Identifikationsfaktor bietet. Die mit schwarzen Humor gespickte, überspitzte Darstellung gibt der Serie dabei eine ganz eigene, wenn auch stellenweise leicht makabere Note. Im Bezug darauf geht die Alterfreigabe ab 12 vielleicht nicht ganz in Ordnung, denn die ein oder andere Leiche sieht, wenn sie im Keller der Fishers auf dem Restaurierungstisch landet alles andere als gut aus, hin und wieder gibt es Fälle wo ein halber Kopf fehlt oder gar nur noch Einzelteile übrig sind. Außerdem arbeitet man auch im sexuellen Bereich mit allerlei f-lastigen Fachbegriffen und lernt sogar, dass auch bei Verstorbenen ein bestimmtes Glied so was wie Leichenstarre annehmen kann….“Engelslust“ genannt…😉
Die Personenkonstellationen könnten auf den ersten Blick auch einer x-beliebigen Soap-Opera entsprungen sein, aber „Six Feet Under“-Schöpfer Alan Ball hat nicht umsonst den Drehbuch-Oscar („American Beauty“) im heimischen Regal stehen. So zeugt schon der Vorspann davon, dass sich der neueste Geniestreich vom amerikanischen Sender HBO nicht an „GZSZ“- und „Unter Uns“-Fans richtet. Hände, die sich in Zeitlupe loslassen, verwelkendes Laub…meine Deutsch-Lehrerin wäre vermutlich begeistert angesichts der zahlreichen Metaphern zum Thema Tod. Diese clever durchdachte Bildersprache zieht sich durch Handlung & Dialoge u.a. in Form von kurzen (Tag)träumen und Flashbacks. Trotz zahlreicher Themenbereiche, die im Laufe der 13 Folgen behandelt werden, wirkt die Geschichte nie überladen, ganz im Gegenteil. Selten bekam man derartige emotionale Feinfühligkeit auf den Bildschirm gebracht, die dennoch meilenweit vom Kitsch entfernt ist, denn entsprechende Szenen bleiben immer angenehm dezent. Dazu trägt der erstklassige Cast maßgeblich bei, wo jedem seine Rolle wie angegossen passt. Die Darsteller schaffen es stets nachvollziehbar zu handeln, Overacting scheint ein Fremdwort zu sein. Dabei spielt sich unheimlich viel über die Mimik ab, oft wird in emotionalen Szenen kein Wort geredet, ja noch nicht mal eine Träne vergossen und trotzdem wird die Gefühlswelt der Charaktere für den Zuschauer greifbar. So greifbar, dass man schon nach wenigen Folgen begeistert am Alltag der Bestatterfamilie Fisher teilnimmt. Der tiefschwarze Humor, die makaberen Einfälle, gepaart mit Charakteren, die hohes Identifikationspotential bieten und die Probleme zu bewältigen haben, in denen sich jeder von wiedererkennen kann sorgen dafür, dass man mit Nate & Co lacht, aber auch schon mal die ein oder andere Träne vergießt.
Die Inszenierung unterstützt die ruhige Wirkung hervorragend. Immer wieder arbeitet man mit passenden Stilmitteln wie Flashbacks, Farbfilter und dezenten Spezialeffekten. Passend zum Thema Tod wird auffallend oft auf „Fade to white“ zurückgegriffen. Die Kameraarbeit überzeugt mit überaus innovativen Einstellungen, die nie Selbstzweck-haft wirken, sondern immer nur dann eingesetzt werden, wenn’s auch wirklich Sinn macht.
Der Großraum Los Angeles wird fein aber sehr dezent eingefangen. Dabei konzentrierte man sich nicht auf gigantomische Weitwinkelaufnahmen oder Skyline-Rundflüge, sondern filmt den rund 15 Millionen Einwohner fassenden Siedlungspfannkuchen aus sich der Charaktere. Auch dies passt zur Serie, denn Bay’sche Glitzer-Sonnenuntergangs-Aufnahmen wären hier absolut Fehl am Platz gewesen.
Auch die musikalische Untermalung unterstützt die Atmosphäre perfekt. Dezente Orchester- und Klavierstücke legen sich unauffällig über die gezeigten Bilder und untermauern die gewünschte Stimmung.
„Six Feet Under“ schafft eine grandiose Gradwanderung, die mir im Drama-Bereich bisher in der Form nur in „American Beauty“ untergekommen ist, nämlich lockere Unterhaltung mit ernsthaften Themen, die selbst absolute Tabu-Bereiche ankratzen, so zu verbinden, dass eine ähnliche Suchtwirkung wie bei Knallerserien a la „24“ eintritt, allerdings ohne auf die üblichen Cliffhanger zu setzen. Eine Folge endet so, wie der Autor es für richtig hält und nicht wie der Zuschauer sie haben will, um auch die nächste sehen zu wollen. Dabei verstecken sich in der Suche nach dem Sinn des Lebens allerlei makabere Späße, viele umwerfend gespielte emotionale Szenen, ebenso wie clevere, subtile Gesellschaftskritik und zahlreiche metaphorische Stilmittel & Ideen, die das Gehirn aus der Feierabend-Stand-by-Funktion rausreißen und ihm vor der Nachtruhe noch was anspruchsvolles mit auf den Weg geben, das allerdings in einem perfekt inszeniertem, unterhaltsamem & dezentem Kostüm verpackt!
Bild:
Die Bildqualität ist alles andere als überragend. Das Vollbild präsentiert sich immer wieder mit starkem Bildrauschen, stellenweiser Unschärfe und schwammigem Kontrast. Die Farben sind ok.
Sound:
Der Dolby Digital-Sound gestaltet sich sowohl im O-Ton als auch in der dt. Synchronisation als unspektakulär. Die Dialoge kommen klar aus dem Center, die Musik und selten vereinzelte Effekte legen sich dezent über die Surroundspeaker. Der Subwoofer hat fast ausschließlich Sendepause…knappe
Ausstattung:
Das Bonusmaterial verteilt sich auf 2 der 5 DVDs. Die Disks sind untergebracht in einem sehr ansehnlichen schwarzen Schuber, der beim Öffnen, das Digipack in einem originellen Schiebemechanismus heraushebt. Das Digipack selbst ist nett, aber keine Offenbarung.
Audiokommentar von Alan Ball zur ersten und letzten Episode, eine ordentliche Hinter den Kulissen-Dokumentation, eine Deleted-Scene mit Original-Kommentar, ein Making-of zur gelungenen Titel-Sequenze, sowie 2 Musik-Tracks.
Fazit:
“Six Feet Under” bietet knapp 13 Stunden intelligente Unterhaltung mit tiefschwarzem Humor und jeder Menge Gesellschaftskritik. Wem schon „American Beauty“ gefiel, der wird auch an dieser starken Serie Gefallen finden, Actionfans wohl weniger, denn obwohl immer wieder Palmen die kalifornischen Straßen säumen, wird dennoch keine einzige umgekickt 😉
Die DVD-Box bewegt sich qualitativ auf durchschnittlichem Niveau, macht sich aber immerhin äußerst positiv im Regal.
,5
Testequipment
PC-System mit Teufel Concept E Magnum
Thanks to ImageShack for
Free Image Hosting