Darf ich bitten?
Chic Flik, das
Unter Chic Flik versteht man im Allgemeinen einen Film, in den auch gestandene Männer rein können, ohne sich dafür schämen zu müssen, eine Romanze, eine Schnulze oder eben einen Tanzfilm anzuschauen. Der Grund ist eine anbetungswürdige Frau, das Chic, die jeden Verdacht des Andersseins von dem „Bild von einem Machomann“ abfallen lässt. In meinem Falle ist dies Jennifer Lopez, die Schauspielernde, nicht die Singende ...
Dahingehend habe ich mir heute den Film "Shall we dance?" angesehen, der in Deutschland den sinnigen, aber passenden, Titel "Darf ich bitten?" trägt. Es geht um John Clark, einen Testamentsvollstrecker und –aufsetzer, dessen Leben in Routine erstarrt ist. Immer die gleichen Klamotten, die gleichen Freunde, der gleiche Arbeitsalltag und das immergleiche Eheleben mit seiner Frau. Zwar hat er sich mit diesem Leben arrangiert, aber trotzdem wird er das Gefühl nicht los, dass in seinem geordneten Leben etwas fehlt.
Eines Tages schaut er bei der tagtäglichen Heimfahrt zufällig aus dem Fenster und er sieht sie. Unvergleichlich schön, unvergleichlich anmutig und unvergleichlich traurig schaut sie aus dem Fenster von Mitzis Tanzschule. Wer ist sie? Warum ist sie so traurig? Diese Fragen lassen John nicht los und schon am nächsten Tag schaut er ganz bewusst aus dem Fenster der Hochbahn, in der Hoffnung, sie zu sehen. Und sie steht wieder da, genauso traurig.
Kurze Zeit später hat sich John in dem Tanzkurs für Anfänger eingeschrieben und ist ihr ganz nah. Pauline heißt sie und ist eine begnadete Tänzerin und auch Lehrerin in der Tanzschule. Leider heißt Johns Tanzlehrerin Mitzi, hat ein Alkoholproblem und ist mindestens 20 Jahre älter als er. Doch sie zeigt ihm und zwei anderen ziemlich schrägen Vögeln, was es heißt zu tanzen und plötzlich merkt John, DAS hat ihm gefehlt. Er ist glücklich, blüht auf und geht offener auf seine Umwelt zu. So bekommt er Paulines Geheimnis heraus, findet viele neue Freunde, lernt ungeahnte Seiten seiner Mitarbeiter kennen UND lebt ...
Seiner Frau entgeht das natürlich nicht und so engagiert sie einen Privatdetektiv, der John von nun an auf Schritt und Tritt folgt ...
Nunja, die Story ist eine typische 08/15 Romanze aus Hollywood, wie man sie kennt und liebt/hasst. Allerdings gelingt ihr etwas, was vielen anderen Komödien mit ernsteren Einschlägen seltener gelingt. Sie trifft den richtigen Ton und verfügt über ein ausgewogenes Gleichgewicht aus Drama und Lachern. Zwar gibt es auch in diesem Film ein zwei Durchhänger im Tempo aber man verzeiht ihm das wegen seinen gut gezeichneten Figuren nur zu gern.
Allen voran Stanley Tucci, der noch vor kurzem als zynisches Arschloch in Terminal brillierte und in "Darf ich bitten?" jeden seiner Auftritte zu einem einzigen Happening mutieren lässt. Eine Zeitschrift schrieb, man solle ihm den Comedy Oscar verleihen und dem ist absolut nichts hinzuzufügen. Köstlich.
Dann ist da Richard Gere, Dreh- und Angelpunkt des Filmes, der den Film mühelos trägt. Zu Beginn ist es sein Charme und seine sympathische Ausstrahlung, die die Wartezeit auf das Chic verkürzt, mit zunehmender Laufzeit erinnert seine Rolle aber mehr und mehr an seine grandiose Performance in Chicago, wo bei jedem seiner Tanzschritte seine Augen strahlten und scheinbar zu schreien schienen: Ja, das hättet ihr nie im Leben von mir erwartet, gelle? Und genau das passiert auch in diesem Film und es ist ein Heidenspaß, ihm dabei zuzusehen.
Susan Sarandon spielt Geres Ehefrau grundsolide und hat auch ein paar nette Weisheiten zu Themen wie Ehe und Zusammenleben auf Lager, die ihre Figur kreuzsympathisch erscheinen lassen, auch wenn sie die Antagonistin von IHR ist:
Jennifer Lopez spielt Pauline und oh mein Gott ... Jede Szene mit ihr wirkt wie auf die Leinwand gegossen. Das ist Schönheit in Vollendung. Sie leidet perfekt, sie weint perfekt, sie lacht perfekt, sie tanzt perfekt, sie ist perfekt. In den meisten Szenen wirkt sie wie eine zerbrechliche Porzellanpuppe von unglaublicher Schönheit, die man(n) sich nur zu gerne in die Wohnung stellen würde. Wen stört es da, dass ihre Screentime insgesamt sehr knapp bemessen ist und sie nicht wirklich schauspielern muss, denn das, das sie in "Darf ich bitten?" zeigt, hat sie auch schon in unzähligen Musikvideos gezeigt. Ach ja und aus männlicher Sicht geht das gelbe Kleid zum Ende des Filmes ja gar nicht ... Whatever ... just perfect.
Regisseur Peter Chelsom kann auch mehr als einmal seinen etwas schrägen Humor einbringen, den er in Funny Bones so eindrücklich präsentierte. Am deutlichsten wird dies bei der mehr als schrägen Tanzgruppe und den Tanzschulbetreibern. Das auch er den Klischees der amerikanischen Romantikkomödie aufsitzt, sei ihm hiermit verziehen. Die Musik des Filmes ist mehr als beschwingt und reicht von Rumbamusik über Walzer bis zu Hip Hop und verleitet mehr als einmal zum Mitswingen (also bei denen, die Rhythmus im Blut haben, ich klammere mich da mal aus).
Der ganze Film ist ja mal wieder ein Remake eines japanischen Filmes, den ich mir unbedingt mal anschauen muss, denn wenn der nur halb so beschwingt, dramatisch und lustig daherkommt, wäre er eine sichere Bank.
Weitere Infos unter:
http://www.movie.de/filme/darfichbitten
In diesem Sinne:
freeman