Hallo, heute musste der neue Michael Mann Film Collateral zu meiner audiovisuellen Befriedigung in den Räumen, die meine Welt bedeuten (Kinosaal) herhalten. Spoilertechnisch gilt dasselbe wie immer in meinen Kritikversuchen: wer die Trailer sieht, weiß alles, was ich verraten werde an Handlung.
Collateral
Ein Mann stirbt in L.A. in einer U-Bahn, glaubst du wirklich, dass sich irgendjemand dafür interessiert?
Dieser eher ruhige Moment zwischen Max, von Beruf Taxifahrer, und Vincent – Profikiller – ist audiovisuell unbestreitbar der Höhepunkte eines Filmes, bei dem man weiß, dass er demnächst zu Ende gehen wird und man beginnt automatisch sich gegen diesen Umstand zu wehren. Dieser Film darf einfach nicht enden. Noch nicht. Man will einfach mehr sehen von diesem ungewöhnlichen Paar, dem man knapp 2 Stunden zugeschaut hat. Niemals hatte ich erwartet, von diesem Film so gefesselt zu werden, wie es dann geschehen ist.
Darum jetzt erst mal ein kleiner Abriss zu meinen Erwartungen, die ich vor dem Film hatte. Viel habe ich mir von dem Film erwartet, was vor allen an den 2 megagenialen Trailern lag, die dem Film vorausgingen. Des weiteren hat mir bisher JEDER Tom Cruise Film ab MI:2 wirklich richtig gut gefallen, obwohl ich mit Cruise und seinem Sunnyboyimage vorher nie besonders viel anfangen konnte. Und dann ist da noch der Regisseur, Michael Mann, der immer dann brillierte, wenn er Geschichten erzählte von zwei obsessiven Figuren, die ihrer Bestimmung mit aller Konsequenz nach gehen. Das war so in seinem Blutmond (dem Vorgänger vom Roten Drachen), in Showdown in L.A.- dem Vorgänger von Heat - im letzten Mohikaner auch in gewisser Weise und zur Perfektion gebracht präsentierte er dieses Motiv in Heat, einem der unbestreitbar psychologisch ausgereiftesten Actionthriller aller Zeiten. Zwei mal ging er bei seinen „großen“ Filmen von diesem Schema ab und präsentierte Figuren, die gegen ein System ankämpften. Das war einmal Russel Crowe in Insider, einem nahezu brillanten Vexierspiel über die Macht der Medien und das war Will Smith in dem schon konzeptionell misslungenen Ali, der in meinen Augen Michael Manns optisch interessantester, dafür inhaltlich schwächster Film überhaupt war. Nach diesem Fehlschlag widmete er sich wieder dem ihm mehr vertrauten Thema, nämlich dem Duell zweier Männer:
Vincent (ein aschgrauer Tom Cruise) steigt in das Taxi des liebenswerten Losers Max (Jamie Foxx) und bietet ihm 600 Dollar, wenn dieser ihn zu verschiedenen Plätzen in der Stadt fährt, wo Vincent ein „paar Deals“ abwickeln will. Schon bei dem ersten „Deal“ landet eine Leiche auf Maxs Taxi und ihm dämmert, dass er sich da einen ganz gefährlichen Fahrgast ins Auto geholt hat. Zunächst fügt er sich in sein Schicksal Vincent zu den weiteren „Terminen“ zu fahren, denn immerhin hängt er an seinem Leben, allerdings wächst sein innerer Widerstand immer weiter an ...
Auf diesen Handlungsstrang, nämlich den Abend, den die beiden ungleichen Figuren miteinander verbringen, konzentriert sich der gesamte Film. Es geht mehr um das Zwischeneinander dieser beiden Figuren als um die „Aufträge“ die Vincent zu erfüllen hat. So geraten die Actioneinlagen in dem Film relativ kurz, sind dann aber ungemein zupackend und vor allem spannend inszeniert. So sind die Aufträge und der damit einhergehende Abend im Grunde nur der Katalysator um vor allem Max endlich zu zeigen, dass er sein Leben selbst in die Hand nehmen muss, wenn er jemals eines seiner hochtrabenden Ziele erreichen will. Den Weg zu dieser Erkenntnis verpackt Michael Mann in absolut faszinierende Bilder der nächtlichen Metropole L.A. und setzt dabei auf die von ihm fast schon gewohnten blaustichigen extrem gesichtsfixierten Weitwinkelaufnahmen, die einen immer wieder verblüffen. Mann ist einfach dran an seinen Figuren. Psychologisch als auch Optisch. Sehr interessant ist auch der gesamte Look des Filmes, der durch den Einsatz von Digitalkameras zustande kommt. Ungekünstelt, fast schon dokumentarisch wirkt der Film und auf CGI’s wird fast vollständig verzichtet.
Bei Manns Vorhaben zwei unterschiedliche Menschen aufeinanderprallen zu lassen, kann er sich vor allem auf seine Darsteller verlassen:
Jamie Foxx gibt den Taxifahrer Foxx. Ein fast schon ungebrochener Idealist, der netten Leuten schon mal eine Freifahrt gewährt, der für seine kranke Mutter sorgt und gerne einen Limousinenservice eröffnen würde und dessen Weltbild und Einstellung sich innerhalb einer Nacht ändern soll. Foxx bringt all diese Facetten brillant zur Geltung und liefert eine herausragende Performance ab. Besonders gelungen sind die Szenen, in denen er Vincents Angewohnheiten übernehmen muss, um selbst überleben zu können und sich aus schwierigen Situationen zu retten.
Und nun zu dem Mann der Vincent nicht nur spielt, nein, er IST Vincent. Diese Rolle kann getrost als Tom Cruise’ Meisterstück betrachtet werden. In dem einen Moment noch arrogant und hochnäsig mutiert er zum netten Schwiegersohn von nebenan, um gleich darauf zu explodieren. Gerade hört er noch interessiert einem Vortrag über Jazz zu als sein Blick gefriert und seine Gesichtszüge erstarren, um die Fratze des Todes freizulegen. Einfach grandios. Und auch wenn er zum Beispiel eine Art Hassliebe zu Max aufbaut wird er niemals zu dem netten Killer, wie man ihn aus The Killer oder Leon kennt. Er ist und bleibt ein zynisches, eiskalt seinem Job nachgehendes Arschloch, der tödlichsten Sorte. Das dieser Typ einem dann trotzdem nicht egal ist, ist nur Cruise Darstellung zu verdanken. Kurzum: Genial!
Auch die anderen Nebendarsteller sind sehr gut gecastet und vor allem Jada Pinkett Smith, die in diesem Film das erste mal zeigt, dass sie wirklich schauspielern kann und Mark Ruffalo als Polizist Fanning stechen aus dem restlichen Schauspielerensemble hervor.
Was man dem Film vielleicht vorwerfen kann, ist dass er nicht wirklich viel zu erzählen hat und dass die Handlung ab und zu sehr konstruiert und damit etwas unrealistisch wirkt, aber wie gesagt, dem Sog, den der Film aufgrund seiner Bilder, Darsteller und der unglaublich genial eingesetzten Musik (der Soundtrack ist unglaublich gelungen! Lob an James Newton Howard) entwickelt, kann man sich geschlagene 2 Stunden wahrlich nicht entziehen. Für mich bisher der Film des Jahres, der alle meine Erwartungen mühelosübererfüllen 😉 konnte und daher:
Die offizielle Seite gibt es unter:
http://www.collateral-themovie.com/home.php
In diesem Sinne:
freeman