G.I JOE - Geheimauftrag Cobra
Was braucht Action nicht? Genau, eine Handlung, Logik, Charakterentwicklung und schlaue Frauen! Was braucht Action? Explosionen, Tempo, mehr Explosionen und mehr Tempo! All das erfüllt G.I. Joe geradezu spielend und mutet an, wie eine einzige gigantische Actionszene.
Originaltitel: G.I. JOE: THE RISE OF COBRA
Herstellungsland: USA / Tschechien
Erscheinungsjahr: 2009
Regie: Stephen Sommers
Darsteller: Channing Tatum, Marlon Wayans, Dennis Quaid, Adewale Akinnuoye-Agbaje, Sienna Miller, Ray Park, Jonathan Pryce, Arnold Vosloo, Brendan Fraser
Während im Wilden Osten Spiele wie kommunistische Foto AGs, Jungpioniertum, Altpapiersammeln und Nachbarbespitzelung zum guten Ton der Kinderbeschäftigung gehörten, spielte der kommunistische Klassenfeind lieber mit He Man Figuren, transformierte Matchbox Autos zu Kampfrobotern oder kloppte mit seinen G.I. Joes den antikommunistischen Schutzwall nieder, um Marx, Engels, Lenin und Co einen Scheitel zu ziehen. Erstaunlicherweise hatten wir armen Ossis keine Lenin- oder Honeckerfiguren im Superheldenoutfit, um uns zu wehren ... also wenn es denn mal akut geworden wäre. Mit dem Fall der Mauer und der Assimilierung unserer Kultur durch die des Kapitalismus rückten dann auch kommunistische Prügelfiguren in weite Ferne. Stattdessen wurden wir nun indoktriniert von Werbefilmen a la Transformers und Transformers II, die uns dazu bewegen sollen, gewaltverherrlichende Spielzeuge für unsere Kinder zu kaufen. Und nur weil ich keine Kinder habe, kann ich heute sagen, mit mir nicht!
Eine Denke, die sich Stephen Sommers, Regisseur von G.I. Joe, sicher nicht erlauben konnte. Denn als dessen arg ironiefreier Van Helsing von Kritik wie Publikum (mir vollkommen unbegreiflicherweise) abgestraft wurde, geriet sein guter, durch den wüsten Mumienschanz in die Mumie I und II geprägter Ruf in Gefahr. Sommers brauchte einen Hit und Hasbro, die Firma hinter den Spielzeugmarken Transformers und G.I. Joe, hatte mit dem Transformers Franchise soviel Geld gemacht, dass sie selbst einen Flop des zweiten Spielzeugfranchises auf der großen Leinwand mühelos hätten verkraften können. Und so hatte Stephen Sommers sichtlich freie Hand und bringt die Leinwand mit dem nächsten Hasbro-Werbespot in Spielfilmlänge zum Erbeben.
Darin geht es um ein neues Waffensystem, das, auf Nanotechnologie basierend, verheerende Schneisen der Verwüstung in die Zeugnisse menschlicher Zivilisation schlagen könnte. Und wo es mächtige Waffen gibt, gibt es auch mächtige Bösewichte, die sich diese aneignen wollen, um die Welt daraufhin nach ihrem Gutdünken formen zu können. Und so wird der Waffenbeförderungskonvoi, der unter der schützenden Hand des Soldaten Duke steht, von einer Handvoll hochtechnologisierter Bösewichter überfallen. Am Ende ist bis auf Duke und seinen Kumpel Ripcord die gesamte Einheit aufgerieben, aber die Waffe noch immer in den Händen der Amerikaner. Auch und vor allem dank der Spezialeinheit „G.I. Joe“, die sich aus den Besten der Besten (wem sonst!) der ganzen Welt rekrutiert und sich dem Kampf gegen das globalisierte Böse verschrieben hat. Duke und Ripcord werden zu Mitgliedern der Gruppe. Gerade rechtzeitig, denn die geheimnisvollen Bösewichter schlagen erneut zu und diesmal erhaschen sie sogar die Waffe! Fortan ist die gesamte Welt in Gefahr und G.I. Joe stehen in der Pflicht, Gröberes zu verhindern ...
Oder kurz:
Waffe weg, Welt in Gefahr,
G.I. Joe hilft, wie wunderbar!
Gegen G.I. Joe nehmen sich die Transformers Streifen aus, als seien sie charaktergetriebene Arthousestreifen. Obendrein verfügt G.I. Joe über die Subtilität eines Presslufthammers. ABER G.I. Joe rockt wie Hulle! Denn wo G.I. Joe in Sachen Story oder Charakterentwicklung vollkommen vor den Baum geht, stemmt Regisseur Stephen Sommers ein Powerhouse von einem Film, der sich wie eine riesengroße, niemals enden wollende Actionszene ausnimmt, bei der eigentlich nur die Schauplätze wechseln und ansonsten alles in die Luft fliegt, was eben in die Luft fliegen kann. Das beginnt mit der großen ersten Actionsequenz, bei der Dukes Team aufgerieben wird und schweres Militärgerät förmlich schwerelos durch die Luft fliegt und ganz klar umrissen wird, wie hier die Schwarz / Weiß äääh Gut / Böse Verteilung ausschaut.
Dann nimmt Sommers in einer vom Grundton her ungemein zynischen, aus Sicht des Actionfans aber einfach nur alles wegrockenden Actionsequenz Paris auseinander, lässt gefühlte hundert Autos explodieren und sich überschlagend durch die Lüfte fliegen, Hummer in voll besetzte Personenbusse knallen, den Eifelturm umfallen und setzt explodierende und herumfliegende Autos zum Abschütteln ungebetener Autodachsurfer (muss man gesehen haben, um es glauben zu können) ein. Und ganz allmählich beginnt er die für ihn typische Ironie in den Film einfließen zu lassen. Denn Sommers weiß selbst, dass niemand seinen Film wirklich ernst nehmen wird (außer ein paar ewig gestrige Kinderspielzeugfans 😉 ). Und man kann jedem Zuschauer auch nur empfehlen, dies tunlichst bleiben zu lassen, denn sonst vergrätzt man sich selbst den Spaß an dieser gigantischen Actionkettenreaktion.
Dann lässt er die eigentlichen Highlights seines Filmes wirken: Snake Eyes trifft auf Storm Shadow! Diese liefern geniale Fights ab und vor allem Storm Shadow mutiert trotz Bösewichtstatus zum heimlichen Showstealer des Filmes, da Darsteller Byung-hun Lee mit der aus seinem koreanischen Überfliegerhit Bittersweet Life bekannten Coolness das Darstellerfeld von hinten aufrollt und ungemein viel Stil, Eleganz, Melancholie, Härte und Souveränität in den Film pumpt. Ihm steht in Form von Snake Eyes Kampfsportgenie Ray Park gegenüber, der sich wohl auf ewig damit abfinden muss, dass er großen Streifen wie Star Wars und eben G.I. Joe die Highlights beschert, ohne das irgendwer weiß, wie er eigentlich ausschaut. Außer freilich, man ist B-Filmfan, denn da darf der sympathische und alles andere als unansehnliche Mime auch unmaskiert wirbeln.
Bei diesen Konfrontationen gibt es dann im Übrigen auch immer wieder Rückblenden ins Leben von Snake Eyes und Storm Shadow, die sich nämlich schon länger gegenseitig bekämpfen. Die Folge sind zwei urst brachiale Kinderfights, die die zunächst etwas zu hoch angesetzt wirkende FSK 16 Freigabe mühelos erklären! Die beiden Kiddies schenken sich hier gegenseitig nichts. Das Blut fließt, die Knochen krachen und man kann sich schon denken, wieso man da im gewaltängstlichen Deutschland seine Probleme mit hatte. Doch auch sonst atmet G.I. Joe eine gesunde Härte, die jene von Transformers um ein Vielfaches übertrifft, sich vermehrt auch gegen Unbeteiligte richtet (Paris ist dahingehend ein krasses Beispiel, denn bei dieser Sequenz dürfte der Bodycount in die Hundert gehen!) und vor Kopfsprengungen, Aufspießungen via Gabelstapler und ähnlich herben Einlagen wahrlich nicht Halt macht. Ohne freilich in ein Splatterspektakel auszuarten.
Am Ende wird Sommers dann ein wenig größenwahnsinnig und spendiert uns ein geniales Star Wars unter Wasser Finish, das dem Begriff Showdown endlich mal wieder alle Ehre macht und von Minute zu Minute mehr ausartet und abdreht. Kurzum: Als Actionfan wird man hier auf höchstem Niveau bedient. Allerdings sollte man auch einen gewissen Hang zum Trashigen besitzen, denn G.I. Joe sieht gerade in den Desasterszenen ab und an künstlicher aus als so manches PC Game. Dabei ist festzuhalten, dass die Effekte zwar ganz ordentlich funktionieren, man ihnen aber eben ihre Herkunft auch überdeutlich ansieht. Fotorealismus wie in Transformers erreicht man also zu keiner Zeit, ABER wenn man Sommers Oeuvre kennt, weiß man, dass er immer einen leichten Hang zu gigantischem Big Budget Trash hatte, was er sich auch nicht durch Effektausrutscher (Man denke an den grauenvollen Scorpion King in Mumie II oder das Seilgehangel in Van Helsing.) mies machen ließ.
Und das ist letztlich auch gut so, denn gerade auch die ironische Distanz des Machers zu seinem Film lässt einen immer wieder spüren, dass sich G.I. Joe lange nicht so ernst nimmt, wie man es aufgrund der Trailer hätte vermuten können und sich sowohl Patriotismus als auch Pathos zugunsten eines Overloads an Action und Tempo ziemlich zurückhalten. Leider gilt das auch für die Darsteller und dabei vor allem für den wirklich grausam miesen Hauptdarsteller Channing Tatum, der den ganzen Film hindurch komplett überfordert wirkt, keinerlei Emotionen in seine Szenen gestemmt bekommt und von Sommers konsequenterweise für gefühlte Ewigkeiten aus dem Film herausgenommen wird und so als Held der ganzen Chose reichlich unpräsent wirkt. Sommers stützt sich stattdessen auf seinen Restcast, der mit sichtlich mehr Spaß und Engagement bei der Sache ist. Dabei bleiben vor allem der bereits erwähnte Koreaner Byung-hun Lee und die Damenriege Sienna Miller und Rachel Nichols als absolute Beautyhighlights in Erinnerung. Miller hat zudem den interessantesten Charakter abbekommen, der sogar so etwas wie eine Wandlung durchmachen darf, wofür sich die Mimin mit einer durchweg sexy Performance bedankt. Für den erstaunlicherweise sehr oft treffenden Humor sorgt Kodderschnauze Marlon Wayans als Ripcord, Christopher Ecclestone macht als Oberbösewicht einen guten Job, Arnold Vosloo schaut mal wieder in einem Film seines Kumpels Stephen Sommers vorbei – immerhin bescherte der ihm den Durchbruch mit seinen Mumienfilmen – und sogar Brendan Fraser schaut kurz als Ober-G.I.-Joe-Trainer rein. Was freilich Dennis Quaid zu seinem knapp fünfminütigen Cameoauftritt bewegt hat, den er obendrein mit zu übertriebenem Gestus ziemlich versemmelt, weiß wohl nur sein Bankkonto 😉.
Optisch haut Sommers ordentlich auf die Kacke. Schon das G.I. Joe Hauptquartier ist echtes Eyecandy und ein Hort an optischen Ideen. Leider halten sich schon hier die gelungenen und misslungenen Effekte bereits eindrücklich die Waage, was aber eben für den gesamten Film gilt, in dem so gut wie keine Szene ohne den Einsatz von Digitalarbeiten ausgekommen zu sein scheint. In jeder Szene findet man Elemente, die real nicht existieren, bzw. an den Schauplätzen gerade sicher nicht vorhanden waren. Unter diesem wilden Comicbilderbogen wütet ein irrer Actionscore von Alan Silvestri, der vom eingängigen Thema bis zum brachialen Actiondonnerwetter alles auffährt, was ein guter Actionfilm an tonaler Unterstützung braucht und der eine absolute Überdosis an Wucht in dieses Actionpowerhouse pumpt.
Was bleibt ist ein wenig subtiler, storytechnisch komplett lachhafter Actionreigen, der zu keiner Sekunde vorgibt, etwas anderes zu wollen, als sein Publikum hochtourig zu unterhalten. Wer also Probleme mit Explosionen im Sekundentakt, teils zynisch anmutenden, aber immer comichaften Gewalteinlagen und fehlender Logik hat, hat in diesem Film genauso wenig etwas zu suchen, wie jene, die Romantik, Charakterentwicklung oder dramatische Aspekte in einem Film wünschen. All das hat G.I. Joe nicht! Dafür läuft G.I. Joe mit den dicksten O-Beinen der jüngeren Filmgeschichte herum! Denn der Film hat richtig dicke Actionglocken! Und Soundtrackmaestro Alan Silvestri bringt sie sogar zum Klingen 😉
In diesem Sinne:
freeman