Star Trek
Alles neu macht der J.J. und führt das altbekannte Flaggschiff Star Trek zu neuen Ufern. Die Gewinnung neuer Fans war das Ziel, das Ergebnis ist aus meiner Nichtnerdsicht eher verhalten.
Originaltitel: Star Trek
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2009
Regie: J.J. Abrams
Darsteller: Chris Pine, Zachary Quinto, Eric Bana, Simon Pegg, Winona Ryder, Karl Urban, John Cho, Zoe Saldana, Bruce Greenwood, Ben Cross, Anton Yelchin. Leonard Nimoy u.a.
Logbuch des freeman: Sternzeit Montag, 4.5.2009, 20:00 Uhr
Habe heute erfahren, dass Kumpel (Star Trek Nerd) unbedingt zum Reboot ins Kino will. Habe zugestimmt und gegen Abend versucht, so genannte Spermien über mein Photonentorpedorohr auf Warpgeschwindigkeit zu beschleunigen. Versuch schlug fehl. Muss wohl an der Warptechnik arbeiten.
Logbuch des freeman: Sternzeit Donnerstag, 7.5.2009, 15:00 Uhr
Lese Kritik eines befreundeten Star Trek Nerds, die mich zuversichtlich stimmt, dass der folgende Tag nicht komplett für die Tonne wird. Zweifel bleiben aber, weshalb ich abends in meiner Koje noch einmal überschlage, welche Kontakte ich bereits mit der geekigen Star Trek Franchise hatte.
Logbuch des freeman: Sternzeit Donnerstag, 7.5.2009, 22:30 Uhr
Alles begann erstaunlich früh: First Contact war auf einem betrieblich befohlenen Urlaub meines Großvaters, bei dem die ganze Kleinfamilie in Plauen verweilte und in dem örtlichen Kino Star Trek 1 bewundern durfte. Etwa acht Jahre nach dem eigentlichen Start war dieser Film nämlich auch auf den großen Zonenleinwänden zu sehen. Was ich bemerken musste: Der Klassenfeind hatte Raumschiffe, komische Ohren und ne seltsame Vorstellung davon, wie Unterhaltungsfilme aussahen. Soll heißen, das Ende erlebte ich schlafend ...
Weitere Kontakte blieben dennoch nicht aus und erfolgten ebenfalls zu DDR Zeiten, als das ZDF, einer der beiden empfangbaren Klassenfeindsender, die erste Staffel der Star Trek Serie „The Next Generation“ im Fernsehen brachte. Die Figuren hießen Pickert, Wuff und Dada und die Technologie des Klassenfeindes schien zugelegt zu haben. Doch dann fiel ja die Mauer.
Ich sah in der Folge ALLE Star Trek Kinofilme ... im TV ... mit Ausnahme von dem megamiesen Teil, in dem es um außerirdische „Schönheitsoperationen“ ging (Der Aufstand). Hier bemerkte ich dann auch, wie tolerant Trekker sind, störte es doch keinen, dass ich mit einem Kumpel den ganzen Film im Kinosaal zerquatschte. Die Serien sind weitgehend schadlos an mir vorübergegangen. Deep Space Nine sah ich etwa bis Folge fünf, Star Trek Voyager bis Folge fünf (bis dann Seven of Nine kam und Sex ins All brachte! Da war ich tatsächlich noch einmal zwei Folgen lang dabei!) und Enterprise bis Folge Null. Genauso viele Folgen hatte ich von der Urschleimserie gesehen und auch nie Lust gehabt, sie irgendwie nachzuholen.
Logbuch des freeman: Sternzeit Freitag, 8.5.2009, 8:00 Uhr
Auf dem Weg zum Zug und damit zur Arbeit überlege ich mir, dass ich somit DAS Zielpublikum schlechthin für J.J. Abrams Reboot der Reihe bin, denn Leute wie mich wollte der gute J.J. ja erreichen. Normalos! Wobei Normalo hier für Nichttrekker steht. Ich beginne mich auf den Abend zu freuen.
Logbuch des freeman: Sternzeit Freitag, 8.5.2009, 17:45 Uhr
Der Film beginnt, mein Trekkernerdkumpel sitzt gespannt neben mir, mein anderer Nichttrekkerkumpel hat schon die Schlafhaltung eingenommen. Der Film beginnt.
Logbuch des freeman: Sternzeit Freitag, 8.5.2009, 19:55 Uhr
Jetzt, wo er zu Ende ist, schwebt über dem gesamten Raum ein „Naja, schlecht war er nicht ...“ was war passiert?
Springen wir zurück in die Zeit:
Logbuch des freeman: Sternzeit Freitag, 8.5.2009, 17:45 Uhr
Der Film beginnt und zelebriert das, was laut meinem Trekkernerdkumpel gerne im Star Trek Universum gemacht wird: Man schmeißt die Zeit durcheinander. Und zwar gründlich. So gründlich, dass in dem neuen Star Trek Film die bisher gezeigten Serien und Filme so vollkommen egal sind, dass man J.J. Abrams für seinen Mut und diese „Idee“ nur beglückwünschen kann, denn so kann er bei einem absoluten Nullpunkt beginnen. Was er auch macht. Wie und warum dies funktioniert, sei an dieser Stelle nicht verraten, denn sonst wird die ansonsten recht simple Geschichte um ihren einzigen echten Twist gebracht. In selbiger geht es um die Vendetta des Romulaners Nero, der mit einem gigantischen, etwas seltsam designten Raumschiff unterwegs ist, um die Auslöschung seines Planeten zu sühnen. Dabei kreuzt er auch den Weg von Raumschiff Enterprise, die samt Besatzung um den jungen James Tiberius Kirk ihren Jungfernflug erlebt und am Ende einen neuen Captain haben wird. Dessen Werdegang erleben wir ebenso mit, wie die Entwicklung der Freundschaften zu seinen Mitstreitern Pille, Zulu, Spock und Co. Kurzum: J.J. Abrams geht für sein Reboot zurück an die Wurzeln des Franchises – auf seine Art.
Und hat damit im Verbund mit dem oben angedeuteten Storykniff alle Möglichkeiten, die ganze Star Trek Geschichte neu zu deuten und für neue Publikumsschichten zu erschließen. Dabei werden zwar diverse heilige Kühe des Star Trek Fandoms geschlachtet (mein Trekkernerdkumpel sog schon einige Male deutlich hörbar Luft ein), überfordert aber die neu angestrebten Publikumsschichten nicht mit bereits etablierten Figurenkonstellationen. Zwar entstehen beim Star Trek Noob wie mir schon einmal Fragen wie: Was issen nen Romulaner? Warum ist die eine Ische grün oder was ist nen Warpkern? Aber hey, ganz mit dem Fandom hätte man eben nie brechen können. Dies merkt man meiner Meinung nach vor allem am lancierten Humor. Und während sich mein Star Trek Nerdkumpel kaum ein bekam vor Gegiggel, wusste ich größtenteils nicht so recht, was nun eigentlich an der Szene so brüllkomisch gewesen sein soll. Am befremdlichsten gerät dabei vor allem die Kobayashi Maru Sequenz, die für mich vollkommen pointenlos versandete, meinen Kumpel aber fast aus dem Sessel warf.
Kurzum: So sehr, wie man es im Fandom offensichtlich befürchtet hatte, wird nun gar nicht mit der Tradition gebrochen. Und dennoch fühlt man sich als Newbie nicht überfordert oder gar fehl am Platze, denn die eigentlichen Highlights sollten Fans wie auch Neupublikum überzeugen können. Als da wären die wirklich fette Optik mit sehr gelungenen, wenn auch nicht wirklich bahnbrechend neuen Special Effects und der megafette Score von J.J.s Hauskomponist Michael Giacchino, der schon J.J.s Serien Lost und Alias treffend abzurunden vermochte und mit den grandiosen Chorsequenzen im Finale Gänsehautfeeling pur verbreitet. Zwar hätte man sich letztlich das eine oder andere Weltraumintermezzo etwas ausführlicher bebildert gewünscht, aber Abrams dynamische und hochkinetische Inszenierungsart lässt keine Wünsche offen und bringt sogar etwas Bourne Flair in die unerkundeten Weiten des Universums.
In der Figurenzeichnung konzentriert sich der Film natürlich auf die wichtigsten Figuren im Enterprise Franchise und erschafft ein paar sehr lebendige, wenn auch ab und an recht oberflächliche Charaktere, die durchaus zu gefallen wissen und zwischen denen eine sehr ansprechende Dynamik besteht. Dies kulminiert in diversen netten Frotzeleien und One Linern. Leider hat J.J. Abrams alle Hände voll zu tun, die eigentlich bekannten Figuren neu zu etablieren, was komplett auf Kosten des Bösewichts Nero geht. Hier hat Abrams nämlich theoretisch alle Möglichkeiten, einen grandiosen, tragischen Bösewicht zu etablieren, dessen Beweggründe nur zu nachvollziehbar erscheinen und seine Handlungen fast legitimieren. Doch das Drehbuch nutzt diese Chance nicht, ist es doch zu sehr mit Kirk und Co. beschäftigt, was Nero Darsteller Eric Bana (sonst einer der imo kraftvollsten Mimen Hollywoods) mit einer eher zurückhaltenden, manchmal gar gelangweilten Performance abstraft. Und mehr hat diese sehr eindimensional veranlagte Figur auch gar nicht verdient. Da nun die wichtigsten Figuren verankert sind, kann Abrams ja vielleicht in eventuellen Fortsetzungen in die Vollen gehen und schillernde, ambivalente Figuren von der mythischen Größe eines LOST Bens entwerfen. Obendrein könnte er sich auch mehr auf die Pace des Filmes konzentrieren, denn hier hakelt und ruckelt es teils gar grandios und der Film, der keine Zeit für seinen Bösewicht zu haben scheint, wirkt streckenweise fast zäh und langatmig. Allerdings gebe ich auch gerne zu, dass bei mir mit zunehmender Laufzeit das Interesse am Neubeginn verflachte.
Und ich denke, das ist aus meiner Sicht auch das Hauptproblem für den Film. Man weiß selbst als Noob einfach, wie die Serien funktionierten, wusste von ihrer humanistischen Grundidee und wusste, dass das Trek in Star Trek eben immer für die Erkundung unbekannter Welten stand. Dahingehend fällt J.J. Abrams letztlich nicht viel Neues ein. Und wen das Altbekannte schon an dem bisher bekannten Star Trek Universum nicht wirklich packen konnte, der wird auch mit diesem Reboot so seine Schwierigkeiten haben. Denn letztlich ist und bleibt Star Trek eben Star Trek und bleibt Star Trek - das Reboot dem Geist der Vorlage treu. Das ist freilich im Sinne der alten Fans auch nur legitim, ob man damit aber neue Fans gewinnen kann, ist aus meiner Sicht mehr als fraglich.
Zumindest stimmt am Neuanfang schon einmal die Besetzung. Zwar stellen sich keine wirklichen Begeisterungsstürme ein, aber die Charaktere werden sehr gut getroffen und die teilweise sehr unbekannten Jungdarsteller machen einen erstaunlich guten Job in diesen teils übergroßen Fußstapfen. Gerade Kirkdarsteller Chris Pine und Spockdarsteller Zachary Quinto, der Nimoy wie aus dem Gesicht geschnitten ähnlich sieht, wissen dabei zu gefallen und bilden mit Karl Urban als Pille ein cooles Trio. Dagegen fällt Zoe Saldana als Uhura deutlich ab, ist der schwer russelnde Chekov extrem unfreiwillig komisch und darf Scotty eigentlich gar nichts weiter machen. Was schade ist, da sein Darsteller Simon Pegg inzwischen über die britischen Grenzen hinweg als toller Komiker bekannt ist. Seltsamerweise zündet obendrein kein einziger seiner Gags ...
Logbuch des freeman: Sonntag, 10.5.2009, 20:15 Uhr
Nach dem Verfassen obiger Zeilen komme ich zu dem Fazit, dass die Operation Reboot im Falle von Star Trek definitiv nicht auf demselben Level funktionierte, wie jene des Batmanfranchises. Diverse Vorbehalte gegen die Reihe, die ich definitiv habe und was ich auch gerne zugebe, konnten nicht einmal ansatzweise ausgeräumt werden. Dafür gefällt der Ansatz, die gesamte Story hinter Star Trek in andere Bahnen zu lenken, sehr und eventuell könnten darauf folgende Weiterführungen der Geschichte dann auch mich als Noob überzeugen. Man weiß es nicht. Was ich heute weiß, ist, dass das Reboot zumindest technisch ein Knaller geworden ist, mich storytechnisch ganz angenehm unterhalten hat (inklusive fetter Zeitparadoxien Dialogscharmützel mit dem Star Trek Nerd nach dem Film) und ein paar echte Idealbesetzungen für einen Neustart aufgetan werden konnten. Letztlich blieb das Fazit bei dem Star Trek Nerd Kumpel, dem anderen Nichtnerd und mir das Gleiche: Naja, schlecht war er nicht ...
Logbuch des freeman: Sonntag, 10.5.2009, 20:16 Uhr
Ich widme mich wieder intensiver den Warpgeschwindigkeitsstudien mittels meines Photonentorpedorohres ...
In diesem Sinne:
Wedelt long and prosper!
freeman