The Forbidden Kingdom
Die Kampfsportheroen Jet Li und Jackie Chan vereinen sich zu ihrer ersten großen Kollaboration und lassen die Leinwand mit einem erstaunlich unterhaltsamen Fantasystreifen wackeln!
Originaltitel: Forbidden Kingdom, The
Herstellungsland: China / USA
Erscheinungsjahr: 2008
Regie: Rob Minkoff
Darsteller: Jet Li, Jackie Chan, Michael Angarano, Liu Yifei, Collin Chou, Li Bingbing, Morgan Benoit u.a.
Jet Li und Jackie Chan lassen gemeinsam die Leinwand beben. Diese Nachricht hätte vor einer Dekade an Jahren sicherlich die gesamte Actionwelt in ähnlichem Maße erfreut, wie eine Arnie – Sly Kooperation in den seligen 80ern. Heute lockt leider keine der beiden Nachrichten wirklich noch jemand hinter dem Ofen hervor. In Slys und Arnies Fall dürfte es vor allem am Alter der Protagonisten liegen, im Falle von Li und Chan spielt vor allem der Umstand hinein, dass sich beide mit ihren Filmkarrieren außerhalb von Hongkong zwar eine breitere Fanbase zulegen konnten, sich aber qualitätsmäßig eher einen Bärendienst erwiesen. Li zwar weniger als Chan, ließ er sich doch nicht beständig als 0815 Chinese unter Wert verkaufen, dennoch war das Echo auf die Ankündigung der ersten gemeinsamen Zusammenarbeit eher verhalten. Deutlich zu erkennen daran, wie lange The Forbidden Kingdom beispielsweise in Deutschland brauchte, um einen Verleih zu finden. Leider, denn The Forbidden Kingdom ist ein echtes, absolut hochwertig produziertes Leinwanderlebnis der Güteklasse A geworden! Doch gemach, worum geht’s eigentlich?
Jason Tripitikas hat es wirklich nicht leicht. Von seinen Mitschülern wird er wegen seiner Liebe zu uralten Hongkongstreifen für einen Nerd gehalten und regelmäßig verwackelt. Dementsprechend wünscht sich Jason nichts mehr, als seinen Vorbildern chinesischer Prägung kampftechnisch nacheifern zu können. Doch letztlich bleiben ihm nur seine Tagträume. Alles ändert sich, als er von einer Bande ihn beständig drangsalierender Jugendlicher gezwungen wird, ihnen Zugang zu den Räumlichkeiten von Jasons Lieblingsramschladen in Chinatown zu verschaffen. Jenen frequentiert Jason immer dann, wenn er neues DVD Futter benötigt. Doch der als simpler Raubzug geplante Überfall eskaliert und Jasons Freund, der Ladeninhaber Old Hop, wird angeschossen. Als sich die Jugendlichen Jason zuwenden, flieht er mit einem goldenen Stab aus Old Hops Laden und stürzt von einem Hausdach. Doch bevor er aufschlägt, wird er durch die Mächte, die dem Stab inne wohnen, in eine Parallelwelt versetzt, die Jasons Lieblingsfilmen sehr ähnlich sieht. Der Sauf- und Raufbold Lu Yan, der Jason nach dessen Ankunft sogleich aus einer prekären Situation helfen muss, weiß auch umgehend, was der Stab für eine Bedeutung hat. Man müsse ihn dem einst von dem ruchlosen Jade Kriegsherren versteinerten Monkey King zurückbringen, damit dieser das Land von der Knute des Bösewichts befreien kann! Also zieht man los und liest unterwegs noch den Mönch Silent Monk auf, der wie Lu Yan fortan versucht, Jason auf den Kampf mit dem Heer des Jadekriegsherren vorzubereiten …
Keine Angst, was hier etwas umständlich und eventuell gar überladen klingen mag, ist es bei Weitem nicht. Vielmehr wird die Story geradlinig vorangetrieben und ist als Karate Kid meets Kung Fu Hongkong Cinema am Allerbesten umschrieben. Denn freilich lernt Jason bei seinem Ausflug in dieses Fantasiechina, wie man sich auch im realen Leben gegen missgünstige Widersacher behaupten kann und dank diverser buddhistischer Lehren auch ein besserer Mensch wird. Gerade in diesem Punkt greift das im Vorfeld in Fankreisen für einigen Unmut sorgende Konzept, The Forbidden Kingdom und damit das Großtreffen der Kung Fu Master Li und Chan als Kinderfilm anzulegen. Doch abgesehen von diesem Storypart und der Botschaft, dass Außenseiter halt doch die besten Menschen sind, ist The Forbidden Kingdom ein astreines Fantasyabenteuer, dem man häufig die kindlichere Ausrichtung gar nicht anmerkt. Zumal eine ganze Handvoll Figuren das Zeitliche segnen, die Kämpfe teils sehr druckvoll gerieten, Blut fließt und schon mal Bonmots fallen wie: Ich werde ihm den Kopf abhacken und ihn auf einen Pfahl spießen. Kiddielike geht dann doch anders, weswegen man die FSK 12 Freigabe durchaus ernst nehmen und nicht wegen Spaßmensch Chan eine astreine Lachnummer erwarten sollte.
Und so zielt der Film trotz der fantastischen und mitunter etwas überdrehten Geschichte auch und vor allem auf ein erwachsenes Publikum, dem wie Held Jason das Kung Fu Kino nicht unbekannt ist. Denn The Forbidden Kingdom nimmt sich vieler Versatzstücke des Wuxiagenres an und spielt damit. Seien es die Schüler Meister Beziehung, die gewohnte Teehausklopperei, die Vorstellung der bevorzugten Kampfstile, die typischen Kameraeinstellungen – The Forbidden Kingdom atmet mit jeder Pure den Stil des Wuxiagenres. Und – und das ist das eigentliche Highlight – obwohl als Kinderfilm und eher luftig leicht angelegt, bricht Forbidden Kingdom nicht mit den Regeln des Genres, es persifliert sie auch nicht und macht sich genauso wenig darüber lustig! Vielmehr werden die Klischees aufgenommen und liebevoll in den Streifen integriert. Fast schon feinfühlig entsteht so vor den Augen des Zuschauers eine wundervolle Hommage an längst vergessen geglaubte Klassiker, die einen wirklich in eine andere Welt entführt. Zwar werden manche Klischees gar bis zum Kitsch überhöht, aber es funktioniert und fühlt sich einfach richtig an. Einzig die arg anachronistisch wirkende Figur des Jason ruft im Zuschauer einen recht zwiespältigen Eindruck hervor. Zwar müht sich Darsteller Michael Angarano sichtlich und seine Figur kommt auch gar nicht so modern rüber, wie man es zunächst befürchten musste, aber er ist dennoch der Grund, warum sich das ganze Unternehmen letztendlich nicht KOMPLETT rund anfühlt und höhere Wertungsweihen von meiner Seite aus verhindert werden.
Höchste Wertungsweihen dagegen erhalten die Kampfsportikonen Jet Li und Jackie Chan, die hier ein echtes Feuerwerk abbrennen. Zum einen schmeichelt ihnen freilich das Drehbuch, das beiden eine Doppelrolle zuschanzt. Diese erlauben es Beiden recht konträre Charaktere zu verkörpern. So darf Jackie Chan sowohl einen alten und gebrechlichen Herren hingrummeln als auch den überdrehten Saufbold Lu Yan geben und Li darf den vollkommen überspannten, irre vor sich hin kichernden Monkey King und einen, an seine Wong Fei Hung Rollen erinnernden, maulfaulen Mönch verkörpern. Beide gehen in ihren jeweiligen Rollen richtig auf und haben sichtlich Spaß an ihrer Aufgabe. Freilich sind sie aber aus einem anderen Grund im Film. Kicken sollen sie und das machen sie auch! Und wie! Im Grunde nutzt Forbidden Kingdom JEDE Gelegenheit, die beiden Ikonen in wüsteste Keilereien zu stürzen, bei denen es amtlich auf die Kauleiste gibt und beide ihren Stilen entsprechend loslegen dürfen. Dementsprechend bildet das Aufeinandertreffen der beiden Actionhelden dann auch das eigentliche Highlight des Filmes, in dem die stilistischen Unterschiede am Deutlichsten hervortreten. Die slapstickartige, körperbetonte und auf visuellen Witz ausgelegte Kampfweise Chans gegen den eleganten, stilvollen und fließenden Wushu Stil des häufiger und formvollendet in den Seilen hängenden Li. Wer hier als Kampfsportfan nicht auf seine Kosten kommt, dem ist wahrlich nicht mehr zu helfen.
Auch die restlichen Darsteller schlagen sich wacker. Als Jadekriegsherr erleben wir Collin Shou, der zumindest mit Jet Li bereits eine gemeinsame Vergangenheit hat, immerhin hat er von Li die Rolle des Seraph in Matrix geerbt, als jener sein Mitwirken an der Trilogie ablehnte. In „Die Schrift des Todes“, „Kung Fu Cult Master“ und dem „Bodyguard von Peking“ traf man auch filmisch aufeinander. In Forbidden Kingdom dürfen sich beide auch mal so richtig beharken und dass dies ein lohnendes Unterfangen darstellt, wissen alle, die Shou schon mal so richtig haben kicken sehen. Genannt sei die Kampfsportbombe Flash Point. Der Kracher aus einer rein männlich chauvinistischen Grundhaltung heraus sind allerdings die beiden Chinagirlies Bingbing Li als böse „Hexe“ Ni Chang und Yifei Liu als Sperling. Alleine, wie die beiden Ladys überinszeniert werden, ihnen die Haarsträhnen sexy ins Gesicht fallen und die beiden eine fast schon sphärische Schönheit ausstrahlen, ist ganz großes Kino. Darstellerisch müssen beide dabei gar nicht viel leisten und machen es auch gar nicht. Dennoch sind sie echte Schmankerl!
Und auch wenn sich bisher alles so angehört haben mag, als sei das die große Li / Chan Sause, so muss man doch unumwunden zugeben, dass dieser Film eigentlich die große Show des hier gigantisch aufgelegten Peter Pau ist! Der für Tiger and Dragon oscargeadelte Bildermagier übertrifft sich mit diesem Film selbst. Schon der Übergang vom rauen Look unserer megadüster inszenierten Realität zum alle Farbintensitätsskalen sprengenden Fantasiechina sorgt dafür, dass man sich als Zuschauer fast schon geblendet abwenden muss, so krass ist der Gegensatz beider Welten vor allem farblich umgesetzt. Dazu lanciert Pau einige großartige Landschaftspanoramen und so unglaublich energetische Kamerafahrten, dass einem schier schwindlig zu werden droht! Und auch kleine Eigenverweise lässt Regisseur Rob Minkoff zu, etwa wenn Ni Chang als Wiedergängerin der „Bride with white Hair“ auftritt. Immerhin führte Pau bei dem Originalfilm von Ronny Yu ebenfalls das Kamerateam an. Der große Gewinner dieser optischen Pracht ist, neben dem Film selbst natürlich, Choreograph Yuen Woo Ping, dessen brillante Kampfballette durch die großartige Kamera Paus noch dynamischer herüberkommen, als es Schnitte im Millisekundentakt jemals vermitteln könnten. Dabei sind die Choreographien Woo Pings selbst schon eine Augenweide an sich und pendeln zwischen anmutig, verspielt, wunderschön (der Fight im Blütenhain sei genannt) und wuchtig hin und her und verbinden auf elegante Weise Down to Earth Fights mit High Fly Wirework Einlagen. Einen zusätzlichen Kick erhalten die Bilder und Fighteinlagen durch die gelungene Musik David Buckleys, der hier zwar diverse Musikklischees zum Thema China auffährt, gerade aber in den Fightszenen auch eine eigene Handschrift findet, etwa wenn er plötzlich zu Westernthemen wechselt und mittels schwerer Gitarren ankündigt, dass uns gleich Großes bevorsteht. Zudem runden wirklich gelungene Special Effects den hervorragenden technischen Gesamteindruck ab.
Was bleibt ist eine wundervolle, temporeiche, verschmitzte, witzige, grandios choreographierte und top gespielte Hommage an das Wuxia Genre im Speziellen und den Kung Fu Film im Allgemeinen. Mit viel Liebe zum Sujet wird hier eine zwar simple, aber immer hochgradig unterhaltsame Fantasygeschichte in ein grandioses filmisches Kleinod verwandelt, das in fast allen Belangen uneingeschränkt zu begeistern vermag und seit langem die besten Fightszenen der beteiligten Stars liefert!
In Großbritannien ist bereits eine DVD zum Streifen erhältlich, ansonsten sollte man aber alles versuchen, dieses für die große Leinwand gedachte Bildergedicht im Kino zu erleben.
In diesem Sinne:
freeman