Fast & Furious - Neues Modell. Originalteile.
Vin Diesel und Paul Walker wieder vereint. Das Ergebnis ist ein nach Testosteron stinkender Verstoß gegen sämtliche Tempolimits. Was Teil IV zum besten Film der Reihe macht, könnt ihr hier nachlesen.
Originaltitel: Fast & Furious
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2009
Regie: Justin Lin
Darsteller: Vin Diesel, Paul Walker, Michelle Rodriguez, Jordana Brewster, Laz Alonso, Gal Gadot, John Ortiz, Sung Kang, Kofi Natei, Wilmer Calderon, Ron Yuan, Liza Lapira u.a.
The Fast and the Furious nervte mich seinerzeit wegen seiner unverhohlenen Wiederholung des Swayze/Reeves/Bigelow Actionhammers Gefährliche Brandung. Die Prollnummer um Autorennen veranstaltende Kriminelle tauschte einfach nur die Wellen gegen den Asphalt der Straßen und ersetzte Reeves mit Paul Walker und Swayze mit Vin Diesel. Der Rest bestand aus aus- und einparkenden, neonfarbenen, japanischen Autos und einem Nichts an Spannung. Teil II setzte an diesem Punkt an und war so mies, dass bis auf Paul Walker keiner der Darsteller aus der I auf die Zugkraft des Franchises setzte. Zu Recht. Dennoch gab es einen dritten Teil, der zum Beweis dafür wurde, dass die Reihe unter der Führung eines halbwegs engagierten Regisseurs sogar ohne irgendeinen Star nur über seine Schauwerte funktionieren konnte, auch wenn die Story noch einmal einen ganzen Zacken tiefer gelegt wurde.
Warum also nicht die Erkenntnisse aus Teil III mit den Stars aus Teil I kombinieren und einen neuerlichen Anlauf wagen? So dachten wohl die Produzenten, verpflichteten Regisseur Justin Lin, der Teil III auf die Spur gebracht hatte, und engagierten alle großen Namen aus Teil I, um so den in meinen Augen besten Teil der Reihe abzuliefern. Zwar stottert auch bei diesem neuerlichen Aufguss der Motor teils haarsträubend vor sich hin, aber na ja, einen Rolls Royce unter den Filmen hat von dieser Reihe wohl keiner erwartet. Eher ein nach Mann stinkendes Testosterongeschoss für eine Unterhemdbewährte Publikumsschar, die bei aufheulenden Muscle Cars feuchte Tagträume bekommt.
Und so macht Regisseur Justin Lin das einzig Richtige und drückt von Minute eins an das Gaspedal durchs Bodenblech. Das Ergebnis ist eine kleine Action- und Stuntoffenbarung, die in ein heilloses CGI Finale mündet (das im Trailer noch weit schlimmer wirkte als im fertigen Film!) und eines klar macht: Fast and Furious soll rocken! Und die Soundanlage des Kinos keucht bereits auf dem letzten Loch. Um Publikum und Kinoausstattung nicht zu sehr zu fordern, gibt es nun erstmal Anflüge einer Art Geschichte.
Dom lebt mit seiner Geliebten Letty in südamerikanischen Gefilden das friedliche Leben eines Ganoven und klaut sich, was er zum Leben braucht. Dabei sind ihm sowohl diverse Behörden als auch unliebsame Gangstergestalten permanent auf den Fersen und wollen ihn kaltstellen. Mit Letty gelingt ihnen das leider auch, weshalb Dom in die USA zurückkehrt, wo er den Lumpenhunden ein letztes Maul auf die Finger klopfen will und versuchen möchte, mit sich und den Behörden ins Reine zu kommen. Dazu muss er einen Drogendealer namens Braga ausschalten, welchem auch Brian, Doms Ex-Kumpel und Ex-Liebhaber seiner Schwester, auf den Fersen ist. Und da man schon in Teil I so gut harmonierte, beschließt man, gemeinsam gegen den Drogenlord vorzugehen.
Das ist nicht neu oder eine Revolution im Genre, macht aber durchaus Laune und wird ganz ansprechend als typische Revengestory verkauft und mit netten Autostunts, bei denen die Drehzahl definitiv stimmt, angereichert. Dabei macht vor allem das Wiedersehen mit den Gesichtern aus Teil I ordentlich Laune, auch wenn manche nur sehr kurz eingebunden werden und für den eigentlichen Film letztlich gar keine Rolle spielen. Vor allem Jordana Brewster als Doms Schwester hat unter diesem Umstand extrem zu leiden. Das ist insbesondere im Mittelteil ziemlich schade, wenn Fast & Furious doch arg redundant wird und erzählerisch vollkommen auf der Stelle tritt, ja sogar langatmig wird. Denn immer, wenn die Figuren aus der I interagieren, hat Fast & Furious seine relaxtesten, coolsten und auch humorig verschmitztesten Momente. Leider macht der Film daraus viel zu wenig. Glücklicherweise blendet er die Stories der Vorgänger im Übrigen recht konsequent aus, was sicher auch die beste Maßnahme war/ist, konnte man doch so recht unvorbelastet an die Geschichte herangehen.
Optisch ist der Streifen dabei der – um mal im Jargon zu bleiben – Fetteste im Franchise. Die erdig braunen Weitwinkelbilder atmen dank Justin Lins Gespür für coole Bilder ungemein viel Dynamik und setzen vor allem den Hauptdarsteller Vin Diesel gekonnt und eindrucksvoll in Szene. Die wuchtig brachialen Autorennen, die nichts mehr mit den zehn Sekunden Rennen aus Teil I zu tun haben, sind schnell geschnitten, ohne unübersichtlich zu wirken und haben teils spektakulär choreographierte Crashszenen zu bieten, wodurch der Augenfutterwert absolut stimmt. Leider hat Justin Lin eine unübersehbare Vorliebe für cheesy CGI Einlagen, die von spektakulären Drifts über Rauchfahnen bis hin zu ganzen Filmsequenzen reichen. So mögen die im Film dargebotenen Verfolgungsjagden in einem Tunnelsystem eine gute Werbung für die Playstation Spielumsetzung des Filmes sein, als filminhärente Momente amüsieren/erschrecken sie mit detailarmer Grafik, unlogischer Fahrphysik und hektischem, verkorkstem Schnitt, der offensichtlich manche CGI Schwäche glatt polieren sollte. Leider wird mit dieser CGI Krankheit der ganze Showdown zerstört ...
Darstellerisch ist der Film definitiv die Vin Diesel Show schlechthin, ohne dass der auch nur eine Sekunde spielen müsste. Seine physische Präsenz, seine allgegenwärtigen One Liner und die Tatsache, dass er in fast allen Actionszenen als treibendes Element im Mittelpunkt steht, reichen für diese Art Film vollkommen aus und man fragt sich schon, warum Freund Diesel nicht mehr aus dieser ungemein genialen Präsenz in hochtourigen Actionvehikeln zu machen versteht! Paul Walker dürfte der große Gewinner des Filmes sein, denn ein Vergleich seiner peinlich blassen Performance in der I mit jener in diesem Teil zeigt, dass der Mime über die Jahre deutlich an Präsenz zulegen konnte. Ab und an wirkt er zwar immer noch recht verloren, kann hier gegen Diesel aber gut bestehen und macht vor allem in den Actionszenen eine gute Figur. Jordana Brewster wird als Doms Schwester leider komplett verheizt und Michelle Rodriguez rockt in ihren Actionszenen ordentlich und sieht einfach fantastisch aus. Leider ist sie nur recht kurz dabei. Denn letztendlich ist das zwar eine Wiederauflage von Teil I, was die Darsteller angeht, letztendlich verstanden die Produzenten unter diesem Ansatz aber offensichtlich nur die Wiederkehr von Vin Diesel. Der Rest des Castes schlägt sich ordentlich, wobei aber wieder auffällt, dass Hollywood derzeit unfähig ist, glaubwürdige und elend fiese Bösewichter zu installieren. Schade.
Und so gewinnt der Film immer dann, wenn er das Gas durchdrückt und die im Film verwendeten Autos in fast schon orgiastischen Crashszenen zerlegt. Ins Stottern kommt das Unternehmen vor allem im Mittelteil, wenn die Geschichte auf der Stelle tritt und der Showdown mit immer neuen Wendungen herausgezögert wird. Zucker in den Tank bekommt Fast & Furious in den unnötigen Effektszenen und richtig Nitro wird durch die Leitungen gepumpt, wenn Vin Diesel das macht, was er am Besten kann: Den wortkargen Actionproll geben, der alles und jeden niederwalzt! Nach insgesamt vier Filmen kann ich nun zumindest für mich behaupten, dass der erste gute Film des Franchises entstanden ist, was die Produzenten aus dieser Vorlage machen, kann man freilich nur raten ...
In diesem Sinne:
freeman