Underworld – Aufstand der Lykaner
Der Clash der Monsterfiguren geht in die dritte Runde und legt diesmal ausführlich dar, wie es zum Krieg zwischen Vampiren und Lykanern kommen konnte!
Originaltitel: Underworld: Rise of the Lycans
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2009
Regie: Patrick Tatopoulos
Darsteller: Michael Sheen, Bill Nighy, Rhona Mitra, Steven Mackintosh, Kevin Grevioux, David Ashton, Geraldine Brophy, Leighton Cardno, Alex Carroll, Elizabeth Hawthorne, Jared Turner u.a.
In Underworld und Underworld Evolutions erfuhren wir vom Jahrhunderte währenden Kampf zwischen Vampiren und Lykanern. Underworld – Aufstand der Lykaner erklärt uns nun in aller Ausführlichkeit, wie es zu diesem Krieg kam. Die Gründe sind wie so oft gegenseitige Unterdrückung und Ablehnung und - ganz klar - eine große Liebe ...
Underworld – Aufstand der Lykaner ist, wie es in Filmkreisen heißt, ein Prequel, also ein Film, der handlungstechnisch zeitlich vor bereits bekannten Filmen eines etablierten Franchises, einer Filmreihe angesiedelt ist. Prequels sind dabei so eine Sache. Die positive Seite an ihnen ist, dass sie bereits bekannte Figuren oder Filmhandlungen bereichern und mit Hintergründen unterfüttern können. Leider ist nun das Underworld Franchise nicht unbedingt für seine komplexe Handlung oder besonders ausführlich gezeichnete Figuren berühmt und auch in dem Prequel zu den bereits existierenden Filmen stehen eben die Story- und Figurenvertiefungen nicht wirklich im Zentrum des Geschehens. Dementsprechend wird hier auch nicht die positive Seite von Prequels bedient. Viel mehr wird die negative Seite von Prequels in all ihrer Konsequenz offensichtlich: Man weiß von den Vorgängerfilmen schlicht und ergreifend schon alles, was für das Prequel von Interesse ist. Im Rahmen des Underworld Franchises weiß man so nicht nur, wie Underworld – Aufstand der Lykaner enden wird, nein, dank der bereits in Underworld hinreichend getätigten Flashbacks in die Vorgeschichte kennt man alle – und ich wiederhole ALLE – Tricks, Kniffe und Storyentwicklungen.
Und Underworld – Aufstand der Lykaner weicht davon nicht im Geringsten ab. Überraschungen bleiben dementsprechend ebenso Mangelware wie neue Erkenntnisse zur Reihe. Viel mehr werden alle bereits bekannten Storyingredienzien um den Kampf zwischen Vampiren und Lykanern/Werwölfen erneut ausführlichst vorgeführt und um einige belanglose Spartacus Momente und eine etwas schwülstige Romeo und Julia Variante erweitert. (Witzigerweise spielte dieses Romeo und Julia Element ja schon in allen Filmen des Franchises eine Rolle – allerdings nicht so stark wie hier.) In der Folge ist es wirklich schwer, Interesse für das wüste Treiben auf der Leinwand aufzubringen, zumal sich die Handlung irgendwann in einer Art Endlosschleife zu befinden scheint und im Mittelteil eine seltsame Tirade aus „Lykaner brechen aus Vampirschloss aus, werden zum großen Teil wieder eingefangen, restliche Lyaner brechen wieder ins Schloss ein, holen andere Lykaner raus, werden erneut eingefangen, ein paar brechen wieder ein und so weiter und so fort“ ist.
Das Ergebnis ist für den geneigten Underworld Fan eher ernüchternd, denn nicht nur werden alle Erkenntnisse aus den vorhergehenden Filmen wiederholt, nein, auch der Film, den man gerade sieht, scheint einfach nicht vom Fleck zu kommen und ergeht sich in Wiederholungen. Irgendwann wird dann auf einmal recht unverhofft zum großen Angriff geblasen, die Verhältnisse werden wieder gerade gerückt, viele Charaktere sterben und der Zuschauer kann an einem Finger abzählen, welche der gerade getöteten Figuren denn wohl wirklich gestorben sein werden. Kurzum: Underworld ist eines dieser Prequels, die es im Grunde genommen nie gebraucht hätte, denn weder erweitert es das Franchise, noch macht es als allein stehender Film wirklich Spaß, bzw. funktioniert als solcher. Denn man verlässt sich doch sehr offensichtlich darauf, dass der Zuschauer alle Zusammenhänge des Franchise ziemlich genau kennt, denn auch wenn der Film die Gründe für den Krieg zwischen Vampiren und Lykanern offen legen soll, geht das in dem Storyschwulst um das Liebespaar Sonja (Vampirseite) und Lucian (Mensch/Werwolfmischling) ziemlich unter. Sprich, würde man das Prequel wirklich VOR den anderen beiden Teilen des Franchises sehen, hätte man vermutlich große Probleme, hinter das große Ganze zu steigen.
Das ist freilich der Todesstoß für ein Prequel, doch ich denke einmal, dass Leute, die mit den ersten beiden Teilen schon nichts anfangen konnten, diesen hier auch meiden werden wie der Vampir das Sonnenlicht. Von daher sollte man den Film eben als Geschenk für die Fans auffassen und als Fan der Reihe bekommt man hier auch die gewohnten Schauwerte geboten: Extreme, stahlblaue Düsteroptik (an genau zwei Stellen durchschneidet Sonnenlicht die Leinwand!), sehr cool designte Werwolfmonstren, nette Verwandlungsszenen, der weitgehende Verzicht auf sinnlose CGI Orgien und verdammt atmosphärische Settings, die den etwas rauen Charme der Ostblockszenarien von Teil I und II mühelos in den Schatten stellen, drehte man diesmal doch auf Neuseeland und tauchte die Inselwelt in beklemmend düstere Lichtwelten.
Die Action in Underworld – Aufstand der Lykaner macht vom Prinzip her viel von dem richtig, was vor allem Teil I des Franchises mit den endlosen Ballerorgien falsch machte. Wie schon in Underworld Evolution werden die Fights zwischen Vampiren und Lykanern deutlich brachialer und unmittelbarer dargestellt und knallt man in wuchtigen Kombats aufeinander, um das Gegenüber zu zerfleischen, zu zerhacken oder die gegnerischen Knochengerüste neu zu strukturieren. Der rote Lebenssaft fließt in Strömen, so mancher Splattereffekt bahnt sich den Weg in die Sehzentren der Zuschauer und der große Angriff der Werwölfe auf das Vampirschloss gegen Ende des Streifens bietet Eye Candy vom Feinsten und würde so manchen Zuschauer vor Verzücken aufjaulen lassen. Wenn, ja wenn die visuelle Umsetzung nicht wäre.
Denn irgendwer hat Regisseur Patrick Tatopoulos für sein Regiedebüt empfohlen, immer schön mit der Kamera zu wackeln und dem Cutter zu befehlen, dass in den Actionszenen keine Einstellung länger dauern darf, als den Bruchteil einer Sekunde. Und so steht sich der Regisseur beim Kreieren großartiger Bilderwelten einfach selbst am Meisten im Weg und macht Underworld – Aufstand der Lykaner zum lustigen „Was passiert da gerade auf der Leinwand?“ Geduldsratespiel für den Zuschauer. Zumal sich der franchiseimmanente Düsterlook und die Schnittfrequenz gleich gar nicht vertragen. Da hilft es dann auch nicht mehr viel, wenn in kurzen, zwischen geschnittenen Zeitlupensequenzen das Blut gegen die Kamera spritzt ... Hier wird viel verschenkt.
Das gilt auch für die Schauspielerschar, die rein von den Namen her schon erstaunlich gut aufgestellt ist. Michael Sheen kennt man aus Teil I der Serie und aus dem aktuell im Kino abgefeierten Frost/Nixon. Von den schauspielerischen Meriten, die er seit seinem Auftritt in Underworld sammeln konnte, sieht man hier nicht viel. Meist steht er mit nacktem Oberkörper irgendwo rum, hält pathetische Reden und knutscht Sonja. Das kann man zwar verstehen, wird Sonja doch von Brontalbabe Rhona Mitra gegeben, aber rein von der schauspielerischen Leistung her, passiert nicht viel. Auch bei Rhona Mitra nicht, die nicht nur wegen ihrem Vampir Make-Up ziemlich blass bleibt und vom Drehbuch kaum brauchbare Szenen zugeschanzt bekommt. Inklusive der Tatsache, dass die Liebe zwischen ihr und Julian eben auf einmal da ist ... ohne irgendwie glaubwürdig zu erscheinen. Und Bill Nighy als böser Obervampir Viktor wiederholt zwar seinen Part aus Teil I und II, wurde aber diesmal vom Regisseur nicht an die Ketten gelegt und betreibt so übertriebenes Overacting, dass es schmerzt. Hier ist prinzipiell immer ein Augenrollen zuviel dabei. Sehr schade. Der Rest des Castes macht einen soliden Job, muss aber eh nur sterben oder eben anderen beim Sterben helfen.
Was bleibt ist ein Prequel, das für das Underworld Franchise definitiv KEINE neuen Fans wird mobilisieren können und die alten Fans mit der Tatsache enttäuscht, dass der Film wirklich keinerlei Form von Neuerungen bereithält. Auch die Heldenfiguren der Teile I und II (dabei insbesondere Kate Beckinsale, die zumindest einen Gastauftritt hinlegt (Filmmaterial aus Underworld I)) vermisst man schmerzlich. Der wuchtige Clash der Monsterfiguren, die eine oder andere wirklich ordentliche Actionszene und die gewohnt coole Düsteroptik inklusive starker Settings machen den Film zumindest ansatzweise für Underworldfans interessant. Leider werden gerade diese positiven Elemente durch eine etwas arg unübersichtliche Inszenierung wieder stark geerdet. Beim nächsten Mal dann bitte wieder ein Sequel und bitte von einem versierteren Regisseur ...
In diesem Sinne:
freeman