Ghost in the Shell
- Ultimate Edition -
Regie: Mamoru Oshii
Herkunft: Japan
Jahr: 1995
„Der Geist in der Hülle“
Japan, 2029: Die Menschheit hat die Grenzen ihrer körperlichen Schwächen überwunden und weiß diese nun durch gezielte Eingriffe in den eigenen Körper zu umgehen. Mehr Kraft, ein besseres Gedächtnis, ein höheres Sehvermögen. Dies alles sind Attribute, deren Leistungsfähigkeit nicht länger im Schatten des menschlichen Geistes steht. Das Bewusstsein ist das bisher einzige, was bisher noch nicht reproduziert werden konnte. Die Spitze der zunehmenden Kybernetisierung stellt derzeit „Major“ Motoko Kusanagi dar. Ihr synthetischer Körper wurde komplett bei „Megatec Body“ hergestellt und dort sogar mit einer künstlicher Intelligenz, Ghost genannt, ausgestattet. Im Dienste der Sicherheitspolizei „Sektion 9“ kämpft sie Seite an Seite mit ihrem, größtenteils noch menschlichen, Partner Batou an vorderster Front, wenn es darum geht, die Interessen des Landes zu wahren. Bei ihrem jüngsten Einsatz, um einen japanischen Programmierer, der im Ausland um Asyl bittet, stoßen die beiden auf den ominösen „Puppet Master“. Der Puppet Master ist der wohl meistgesuchte Hacker der Welt, der es schafft, selbst die härtesten elektronischen Sicherheitssperren zu knacken. Als dieser dann auch bei dem gehackten Ghost einer Dolmetscherin seine Finger im Spiel hat, scheint klar zu sein, dass er größeres plant. Schließlich taucht ein stark zerstörter Körper auf, der sich völlig selbstständig in den Werken von Megatec Body montieren ließ. Die Geist in der Hülle stellt sich als der von dem Puppet Master persönlich heraus. Kusanagi, die, über ihre KI hinaus, mittlerweile ein eigenes Bewusstsein entwickelt hat will es genau wissen und plant, sich mit dem Körper zu vernetzen, um in den fremden Geist „einzutauchen“. In Folge dieser Aktion, die alles andere als reibungslos verläuft, geht sie weiter, als irgendein menschliches Genie es sich je erträumt hätte und erschafft somit eine neue Lebensform.
Die erste KI, mit der die meisten von uns bewussten Kontakt hatten, hieß Skynet. Sie hatte, so stellte James Cameron im Jahre 1984 in „The Terminator“ dar, aus reinem Selbsterhaltungstrieb die Erde verwüstet und die Menschheit an den Rand der absoluten Vernichtung gestellt. Skynet handelte rein rational und berechnete seine taktischen Manöver auf Grund von Fakten. Ähnlich taten es die Maschinen in der Matrix, die, 15 Jahre später, ebenfalls die Wahrscheinlichkeitsrechnung als Basis ihrer Aktionen hatte, was ebenfalls in der nahezu vollkommenen Auslöschung der gesamten Bevölkerung endete. Die Maschinen waren sich, im Gegensatz zum gesichtslosen Skynet, ihrer selbst jedoch bewusst, was in einigen Episoden der „Animatrix“, vor allem aber in der Person von „Agent Smith“ verdeutlicht wurde. Beispiele für einen eher pazifistischen Ansatz einer sich weiter entwickelnden, selbstständig handelnden Intelligenz finden sich vor allem in der jüngeren Kinogeschichte. Während Spielbergs Verfilmung von Stanley Kubricks „A.I.“ schon einige philosophische Fragen, die Definition des Lebens betreffend, aufwirft, dafür aber inszenatorisch für starke Kontroversen sorgte, springt „I, Robot“ in die Popcornbresche und erschlägt die meisten tiefergehenden Fragen durch Productplacement und den üblichen Hochglanz-Hollywood-Tamtam. Dabei entstammt doch die durchaus tiefgründige Geschichte, um einen Cyborg, der ein selbstbestimmtes Denken entwickelt, der gleichen Feder wie „Blade Runner“, welcher thematisch grob in die selbe Kerbe schlägt, eher aber mit A.I. verwandt ist.
1991 schrieb Shirow Masamune den Manga „Ghost in the Shell“ und ging mit seinen philosophischen Anspielungen sogar noch einen Schritt weiter, als die oben genannten Werke und beantwortete damit eine Frage, die die Anderen noch nicht einmal gestellt haben. Kann sich eine künstlich Intelligenz fortpflanzen? Wenn ja, wie? So bot „Appleseed“, Masamunes Debüt, mit den Bioroids, künstlichen Menschen, die sogar wichtige Regierungsämter besetzten, ein ähnliches Potential, welches zumindest in den Verfilmungen völlig ungenutzt blieb. Mit der Geschichte um Kusanagi, die mit dem Puppet Master verschmilzt und somit ein „Kind“ hervorbringt, ist ihm aber das Kunststück gelungen eine glaubwürdige Erklärung für die Fortpflanzung intelligenter Maschinen abzuliefern.
Stilistisch ist der Film ein absolutes Meisterwerk unter den Animes, was sicher auch der hochkarätigen Mangavorlage geschuldet ist. Masamune hatte schnell den Ruf weg, gerade in technisches Punkten akribisch detailliert zu arbeiten. Für diese Fülle an Kleinigkeiten, die die von ihm geschaffenen Universen so glaubwürdig machen, hatte er mit Regisseur Mamoru Oshii genau den richtigen Mann gefunden. Angefangen bei den Waffen, die von Motoko gerne bis in die Einzelteile zerlegt werden, bis hin zu vierbeinigen Panzern, die mit rotierenden Gewehrläufen eine Lagerhalle in Schutt und Asche legen können. Alles wirkt so authentisch, als könne man einem Konstrukteur die Baupläne der Gerätschaften zur direkten Fertigung in die Hand drücken. Doch auch die Umwelt platzt förmlich vor Details. Der Marktplatz z.B., der für eine „Zu-Fuß-Verfolgung“ herhalten muss ist außerordentlich belebt mit Frauen die ihre Waren feilbieten, Passanten und zwielichtigen Gestalten und bei den Bildern der namenlosen Stadt, in der die Geschichte spielt, kann man fast bei jedem Blick etwas Neues erhaschen. Zudem sind die Zeichnungen Oshiis vollgestopft mit Metaphorik. Immer wieder erblickt man Verweise auf das Grundthema, welches auch den Kern der Story ausmacht. Mamoru Oshii ist es aber gelungen, den Film, trotz des tiefschürfenden Inhalts, niemals hochtrabend dastehen zu lassen. Wer sich nicht näher mit der Geschichte befassen will, bekommt trotzdem einen überdurchschnittlichen Film geboten. Es wird genug Action geboten, um einfach nur gut unterhalten zu werden. Dazwischen wird die Handlung immer wieder mal unterbrochen um einfach mal ein paar Eindrücke der Stadt zu präsentieren, die immer von der hervorragenden Musik Kenji Kawais untermalt sind.
Der Soundtrack gehört, wie auch der Film selbst, in eine eigene Liga. Es wird wohl kein weiteres Animethema geben, das einen derartigen Bekanntheitsgrad hat, wie der Titelsong von Ghost in the Shell. Audiotechnisch kann man von der Seite her also nicht meckern. „Filme-auf-deutsch-gucker“ haben allerdings Grund zu mosern. Während bei den Stimmen der Neusynchronisation alles richtig gemacht wurde, hapert es aber ein wenig an der Übersetzung und technischen Umsetzung. So wurde das Wort Camou einfach im englischen belassen, und aus der Submachinegun wurde mal eben ein Submaschinengewehr, was schon ein dicker Fauxpass ist. Des weiteren wurden die Funksprüche im Film ohne den typischen und auch im Original verwendeten blechernen Klang eingesprochen, was teilweise schon etwas befremdlich wirkt.
Beim Bild hat man sich wiederum nicht lumpen lassen. So zeigt sich zwar, vor allem in dunklen Szenen, ein leichtes Rauschen und auch ein paar Unschärfen können ausgemacht werden, aber in der Gesamtheit ist es überdurchschnittlich, auch wenn der Vergleich zu aktuellen Produktionen eindeutig eine Niederlage erzwingt.
Als Bonusmaterial packte man lediglich ein paar Trailer, Textafeln und ein Making Of auf die DVD. Letzteres bezieht sich ausschließlich auf die technische Realisierung von Animes im Allgemeinen und speziell auf die Besonderheiten von Ghost in the Shell. Das ist äußerst informativ, aber für eine „Ultimate Edition“ eindeutig zu wenig. Man denke da nur an das Ultimate-Masterpiece „Terminator II“.
Ich glaube man kann meine Begeisterung für den Film herauslesen. Für mich stellt er den Zenit des Animefilms dar, der bisher noch keinen würdigen Gegner gefunden hat und der mich sicher noch viele Male nachdenklich im Sessel zurücklassen wird.
Film:
Sound:
Bild:
Extras: