Ein verlockendes Spiel
Der Clooney Schorsch in einem Footballfilm ... Kann es etwas Besseres geben, um mal den Arsch von der Fußballcouch zu erheben? Seht ihr ... 😉
Originaltitel: Leatherheads
Herstellungsland: USA
Produktionsjahr: 2008
Regie: George Clooney
Darsteller: George Clooney, Renée Zellweger, John Krasinski, Jonathan Pryce, Stephen Root, Wayne Duvall, Keith Loneker, Malcolm Goodwin, Matt Bushell, Tommy Hinkley u.a.
George Clooney, von mir immer liebevoll Der Clooney Schorsch genannt, ist das, was Gary Grant oder ein James Stewart in der guten alten Hollywoodzeit waren. Ein echter Superstar. Und das weniger wegen gigantischen Blockbusterergebnissen, sondern einfach weil der Kerl charmant und hochgradig sympathisch ist und zu dem steht, was er macht. Vor allem die letzte Eigenschaft ist im Bezug auf Clooney sehr wichtig, hat er doch wirklich etwas zu sagen und nutzt er seine Filme doch intensiv, um seine Meinung zum Ausdruck zu bringen. Dazu kommt ein Humor zum Niederknien und ein herrlich selbstironisches Auftreten, das vor allem seine Interviews zu echten Unterhaltungsgranaten mutieren lässt. Obendrein ist er zum einen Traumkerl für die weibliche Hälfte des Erdballes und die für Sauftouren geeignete Kumpeltype für die männliche Hälfte.
Als Ergebnis aus all diesen Fakten transportiert Clooney einen derart unglaublichen Glamour, dass vor allem die ganzen Magerschauspielerinnen und die meisten männlichen Gesichtsverleiher vor Scham im Boden versinken sollten. Zumal sich Clooney auch nicht verkauft und scheinbar nur noch das macht, was ihm wirklich Spaß bereitet. Finanzielle Dünkel jucken ihn dabei ebenso wenig wie Studiovorgaben!
Führt er dann Regie, wird noch offenkundiger, was ich meine. Da fabriziert er als Regiedebüt einen herrlich verschwurbelten Film, um einen TV-Sendungen moderierenden Auftragskiller und kurz darauf einen schwarz weiß Streifen über einen Radiomoderator im verzweifelten Kampf mit der McCarthy Ära. Finanzieller Erfolg war keinem dieser Filme beschieden, den Stern des George Clooney ließ das allerdings nicht sinken. Ganz im Gegenteil. Doch anscheinend braucht auch der Clooney Schorsch mal eine Auszeit. So präsentiert sich sein neuer Streifen als ungewohntes Leichtgewicht, bei dem Clooney sich aber weiterhin treu bleibt, denn wieder macht er nur, was ihm gefällt.
Denn wenn man schon als Clark Gable des zeitgenössischen Kinos gehandelt wird, muss man doch auch mal das Genre bedienen, das Clooneys Vorbilder einst groß machte. Und so präsentiert sich Clooneys Streifen Ein verlockendes Spiel als Screwballkomödie aus bestem Schrot und Korn. Screwball bezeichnet im Allgemeinen das Genre der Beziehungskomödien, die mit viel Wortwitz und hohem Tempo vor allem in den 30er, 40er und 50er Jahren ungeheure Erfolge verzeichnen konnten. Fast immer trafen hier selbstbewusste, sehr intelligente Frauen auf Männer, denen sie zumeist vom Intellekt her weit überlegen waren. Diese beiden Welten konnten sich gar nicht ausstehen und bekriegten einander den gesamten Film über, nur um dann irgendwann doch zueinander zu finden.
Demzufolge geht es in Ein verlockendes Spiel um den Profifootballer Jimmy 'Dodge' Connelly, der sich mehr schlecht als recht durchs Leben schlägt. Profifootball hat nämlich in den 30er Jahren kein wirkliches Standing. Dagegen ist der von vielen Sponsoren unterstützte Collegefootball in aller Munde. Um auch dem Profifootball etwas Glanz zu verleihen, leiert Dodge einen unglaublichen Deal mit dem Collegefootballüberflieger Carter Rutherford an. Dieser erhält für sein Mitwirken in Dodges Mannschaft die Zusicherung über unverschämt hohe Geldsummen aus den zu erwartenden Zuschauer Einnahmen! Und Dodges Plan geht auf, denn auf einmal strömen die Zuschauer in die Stadien und verhelfen dem Profifootball zu einem unerwarteten Höhenflug. Und auch privat geht es für Dodge voran, verguckt er sich doch in die wortgewandte und vor Temperament nur so sprühende Reporterin Lexie Littleton, die eigentlich nur Carter Rutherford bei seinen ersten Schritten im Profifootball begleiten soll und die mit dem Raubein Dodge zunächst nicht allzu viel anfangen kann. Zunächst … Dumm nur, dass sich auch Carter Rutherford in Lexie verliebt.
Wer nach dieser Inhaltsangabe nicht weiß, wie der Film enden wird, der hat sicher die letzten 40 Filmjahre im Tiefschlaf verbracht. In der ganzen Anlage der Geschichte erinnert Ein verlockendes Spiel vor allem an eine Art Remake des Sportfilmklassiker Annies Männer mit Kevin Costner, der im Grunde genau die gleiche Geschichte erzählte. Und so ist es auch weniger die sehr vorhersehbare Grundstory, die den Reiz von Ein verlockendes Spiel ausmacht, als vielmehr ein unglaubliches Feuerwerk an rasant spritzigen Dialogen, die vor Verve, Esprit und Wortwitz förmlich überlaufen.
Dies wird von den ungemein spielfreudigen Darstellern hervorragend transportiert. Insbesondere George Clooney ist bei diesem Film absolut in seinem Element. Aufbauend auf seiner immer enorm einnehmenden Leinwandpräsenz (ich würde ihn gerne mal als Bösewicht sehen!) entwirft er einen absolut selbstironisch angelegten Dodge, der wie ein Spiegelbild von Clooneys Image in der Öffentlichkeit funktioniert: einerseits forscher Frauenheld und Lebemann und andererseits absolut geradlinig, wenn es um das geht, was ihm wirklich wichtig ist (hier der Football). Dazu Momente schier perfekten Komiktimings, wie er es in diversen Interviews bereits zu transportieren vermochte. Würde man nun aber behaupten, er spiele einfach nur sich selbst, würde man auch an der Wahrheit vorbeiargumentieren, denn Clooney übersteigert das alles ins Extrem! Vor allem seine charakteristischen Gesten (unter anderem das typische „Den Kopf schräg stellen“ oder die nervösen Zuckungen um den Mundwinkel) überzieht er gnadenlos und mutet ab und an fast schon wie ein Stummfilmdarsteller an, der eben mittels überzogener Mimik transportieren muss, was ihm die fehlende Tonspur verwehrt. Und das Beste: Dieses Schauspiel passt in jeder Sekunde auf den Film, lebt dieser doch von derart überzogenen Momenten!
Da kann im Grunde nur Renée Zellweger mithalten, die neben Clooney eine hervorragende darstellerische Leistung abliefert und nicht nur optisch wie ein Filmstar der 30er Jahre anmutet. Vor allem die Dialoge mit Clooney haut sie dem Zuschauer mit einer Eloquenz um die Ohren, dass ihre gemeinsamen Szenen selbstverständlich zum eigentlichen Höhepunkt des Filmes mutieren. Leider funktioniert dann die Anbahnung der Romanze zwischen Clooney und der Zellweger nicht wirklich, da zwischen ihnen die „romantische“ Chemie nicht wirklich stimmt. Glücklicherweise liegt der Fokus von Ein verlockendes Spiel aber auf den grandiosen Wortgefechten von Clooney und Zellweger, was den mangelnden Schmusefaktor locker wieder ausgleicht.
John Krasinski als Carter Rutherford leidet ein wenig unter seiner passiv angelegten Rolle, kann aber hier und da schon durchscheinen lassen, wieso er dank seines Mitwirkens an der amerikanischen Strombergvariante The Office als aufsteigender Komikstar gehandelt wird. Unbedingt erwähnen muss man Jonathan Pryce, der als C.C. Frazier und damit als Manager von Carter einen formidablen, wunderbar schmierigen Auftritt hinlegt.
Wie sich nun Regisseur George Clooney schlägt, höre ich da jemanden fragen? Absolut grandios! Er hat seinen Film absolut im Griff und verpasst ihm einen grandios nostalgisch verklärten, sepiafarbenen Look. Dazu inszeniert er so ruhig und gediegen, dass der Film in jedem Moment wie eine der Screwballkomödien aus der alten Zeit anmutet. Selbst in den Footballszenen bewahrt Clooney die Ruhe und verfällt niemals in einen hektischen Inszenierungsstil. Seinen Musiklieferanten Randy Newman ließ er unter diese unaufgeregte Inszenierung einen entspannten, sehr jazzigen Soundtrack komponieren. Obendrein spürt man an allen Ecken und Enden das Wirken von Clooney. Denn sein Humor ist einfach köstlich! Sei es verbal oder körperlich, Clooney fährt hier ein paar so genial schlitzohrige Brachiallacher auf, dass man teils aus dem Lachen gar nicht mehr herauskommt. Dabei ist auch der Humor eher intelligent denn laut und offenbart Regisseur Clooney ein hervorragendes Gespür für die richtige Pace in seinem Gagaufkommen. Doch Clooney wäre nicht Clooney, würde er nicht doch sein Komödienleichtgewicht ein wenig mit Anspruch aufwerten. Denn spätestens wenn sein Dodge betreten fragt, ob sein Gegenüber in der Szene wirklich soviel Macht habe, wie es andeutet, wird man Zeuge, wie eine Sportart ihre Unschuld verliert und ein wirklich beklemmendes Gefühl macht sich breit. Glücklicherweise rutscht Clooney danach nicht in Betroffenheitsgesülze ab, sondern verpasst seinem Film mit dem gewitzten Showdown einen herrlich schrägen Höhepunkt. In diesem spielt wie im Eingang der Football eine nicht unwesentliche Rolle. Ansonsten ist es absolut erstaunlich, wie wenig Ein verlockendes Spiel auf Szenen vom Spielfeld setzt! Wer also eine dröge Footballabhandlung erwartet, sei hiermit entwarnt!
Das Ergebnis ist ein Film ganz in der Tradition alter Screwballkomödien. Die Dialoge sind vom Feinsten und werden dem Publikum mit spitzer Zunge maschengewehrsalvenartig um die Ohren gepfeffert. George Clooney beweist mit der Anlage des Humors in Ein verlockendes Spiel, dass sein Mitwirken in O Brother Where Art Thou? alles andere als ein Zufall war. Dementsprechend wird der Humor nämlich einige Male extrem schräg! Renée Zellweger begegnet ihm dabei auf Augenhöhe, kann dem Womanizer in Sachen Romantik aber nicht das Wasser reichen. Die unaufgeregte Inszenierung und die edle Bebilderung machen ein absolut herrlich entspanntes Kinoerlebnis perfekt. Wollte man meckern, müsste man noch anführen, dass der Film ein wenig zu lang geraten ist, aber das ist eher Makulatur.
In diesem Sinne:
freeman