Futurama - Bender's Big Score
Originaltitel: Futurama - Bender's Big Score
Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 2007
Regie: Dwayne Carey-Hill
Sprecher: Billy West, John DiMaggio, Phil LaMarr, Katey Sagal
Technische Daten
Vertrieb: 30th Century Fox
Regionalcode: 2
Laufzeit: ca. 85 Min.
Bildformat: 1,78:1 (anamorph / 16:9)
Sprachen: DD 5.1 Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch, Englisch, AK
Freigabe: FSK 12
Verpackung: Amaray
Film
“WARUM WURDE FUTURAMA ABGESETZT?”, kreischte die gelbhäutige Cartoonfigur und sprang in den Abgrund.
Hätte sie das mal nicht gemacht. Good News Everyone: It just won’t stay dead. Es gibt drei neue Futurama-Episoden im Spielfilmformat! Die Fanschar (abzüglich der toten Cartoonfigur) darf jubeln. Zumal alleine das Aufbrechen der klassischen Staffelaufteilung schon einige Neuerungen verspricht, die das Paralleluniversum zu den “Simpsons”, welches die gelben Gründerväter in Sachen Komplexität ohnehin seit jeher um Längen schlägt, mit frischen Ideen versetzen sollte.
Aber todesmutig wirft sich gleich der Auftaktfilm “Bender’s Big Score” wieder in die Kamikazebahn. Es war ja immerhin die angesprochene Komplexität, die das Publikum mitunter gar nicht verarbeiten konnte, dieses Gewölle aus Futurismus mit rückkoppelnder Gesellschaftskritik, die Heerscharen von höchst originellen Aliens, immerzu durch ihre Beschaffenheit verweisend auf Phänomene unserer Welt, unzählige Zeitzonen mit sich überlappenden Realitäten und dazu das nur allzu gut bekannte Repertoire an popkulturellen Zitaten und Reverenzen. Wegen all dieser Qualitäten wurde Futurama...
... abgesetzt.
Dafür gibt’s jetzt die Quittung. In einer mehrminütigen, die eigentliche Storyline noch nicht tangierenden Einleitung wird gegen FOX (äh, Pardon, BOX) geknüppelt, was das Zeug hält. In Glanz und Gloria präsentiert sich die Planet Express Crew heroisch wie die “Armageddon”-Ölbohrer auf ihrem Weg zum Kometen. Ein alter Bekannter erscheint nach dem anderen im Bild; die Richtung, aus der die Kollegen zusammentreffen, bricht immer wieder die Erwartungshaltung des Zuschauers und erinnert damit massivst an den “Simpsons”-Kinofilm. Und dann, ja dann wird der eigene Sender zum Affen gemacht - im wahrsten Sinne des Wortes - und wieder einmal unter Beweis gestellt, dass niemand respektloser die Hand beißt, die ihn füttert, als Matt “ich hab in einer Szene sogar wieder meinen Life in Hell-Hasen unterbringen können” Groening.
Schließlich entwickelt sich mit dem Aufkommen der brillant konzipierten Nudisten-Aliens (wollen die Weltherrschaft und haben einen Luftsack am Hals, der sich aufbläht, wenn sie Informationen wittern - pointierter kann man die computerabhängige Informationsgesellschaft mit ihren biologischen Ursprüngen eigentlich gar nicht verknüpfen) der Plot, und ab hier wird’s gefährlich, denn “Bender’s Big Score” entpuppt sich als Futurama pur - mitsamt aller Gründe, die zur Absetzung der Serie führten. Wem Episoden wie “Roswell That Ends Well”, “Time Keeps On Slipping” oder “The Farnsworth Parabox” mit ihren Zeitreise- und Paralleluniversenthematiken schon zu kompliziert waren, der wird diesmal innerhalb von Minuten vollends den Überblick verlieren.
Der Punkt ist: alle drei genannten Episoden und noch Dutzende weitere werden in “Bender’s Big Score” wieder aufgegriffen und in einen übergeordneten Zusammenhang gesetzt. Die Originalfolge “Space Pilot 3000" war schon zu Serienzeiten das deiktische Zentrum der gesamten Serie, immer wieder wurde auf sie verwiesen und bereits in ihr kann man in Einzelframes Details entdecken, die Hinweise geben auf eine Episode, die erst viel später realisiert wurde. Der “Spielfilm” führt dies nun weiter und setzt sich selbst gegenüber der TV-Serie in eine übergeordnete Position. Wir erfahren unter anderem, warum Frys alter Hund aus “Jurassic Bark” versteinert ist, wer in “The Luck of the Fryish” in Wirklichkeit Basketball mit seinem Bruder spielt und welcher Krieg da am Fenster wütet, als Fry eingefroren in der kryogenischen Kammer hockt und die Jahre vergehen. Und zunehmend entwickelt sich spiralförmig jedes Ereignis um die letzten Sekunden vor Anbruch des Jahres 2000, das immerzu aufs Neue eine dreidimensionale Wiedererweckung erlebt.
Das ist schwer zu schlucken für den Durchschnittszuschauer, in seinem Arrangement aber so liebevoll und detailfreudig realisiert, dass man den Autoren für den Wust aus Handlungssträngen und Querverweisen nicht böse sein kann.
Vielleicht auch deswegen, weil bei allem Irrsinn und Chaos eines nicht zu kurz kommt: das Gefühl. Auch “Futurama” wirkt dem Trend der referenziellen Autonomie postmoderner Nachahmerprodukte wie “Family Guy” entgegen und bietet durch den Kanal der Emotionalität immer wieder einen Ausweg aus den verspielt-spaßigen, für sich gesehen aber bedeutungslosen Ellipsen der Abrechnung mit Film- und Fernsehgeschichte. Der Titel “Bender’s Big Score” kann dabei täuschen, denn im Grunde beschreibt er nur die Schlusspointe; im Mittelpunkt steht erneut die unerfüllte wie ungeklärte Beziehung zwischen Fry und Leela, mit welcher die Serie einst auch endete (“The Devil’s Hands Are Idle Playthings”). Mit dem an “Free Willy” angelehnten Schicksal des lilafarbenen Narwals wird dem emotionalen Feld ein herrlicher Boden ausgelegt, der gleichzeitig ganz universell die Liebe als Wesenheit charakterisiert, die nicht durch Fesseln gebändigt werden kann.
Filmzitate wiederum sind auch sonst keine Seltenheit in den 85 Minuten; insbesondere die “Terminator”-Filme werden ausgiebig abgefeiert und auch “Star Wars” darf sich obligatorischerweise mit einer Sternenschlacht geehrt fühlen. Von Bedeutung ist, dass sie nicht im Exzess eingesetzt werden, sondern immer nur dann, wenn sie Sinn machen.
Kurz vor dem letzten Knall scheinen die Autoren ihre Handlungsfäden dann doch noch kurz aus den Händen zu verlieren und das Rätsel um den ominösen Lars Fillmore hat der Zuschauer viel früher gelöst als der Film die Auflösung präsentiert, womit ein nicht unbedeutender Teil der Auflösung schon im Voraus offensichtlich ist. Dennoch weiß “Bender’s Big Score” im Sekundentakt zu überraschen und fast ebenso schnell Gags zu generieren, von denen fast alle ins Schwarze treffen. Es ist ein wilder Ritt und man läuft Gefahr, aus der Kabine zu fliegen, aber im Grunde bietet Regisseur Dwayne Carey-Hill der als dreiteilig angedachten Reihe (möge doch bitte noch mehr kommen) einen paradoxen, verqueren, vollkommen absurden Auftakt, wie man ihn sich von dieser “Tale of Interest” nur wünschen kann.
Futurama’s Back, Baby!
Bild
Wie schon von den Staffeln bekannt, ist das Bild einmal mehr sauber wie geleckt. Die Konturen sind überdeutlich, die meist pastellenen Farben vollkommen gleichmäßig und auch kleinste Details sind zu erkennen. Einziger Makel: hin und wieder macht sich leichtes Kantenflimmern breit.
Ton
Vielleicht wären im Vergleich zu den gewöhnlichen Staffelepisoden ein paar Effekte mehr zu erwarten gewesen; diesbezüglich enttäuscht “Bender’s Big Score” leider ein wenig. Es gibt zwar Passagen, in denen die Post abgeht (Raumschiffeffekte, Sternenschlacht etc.), insgesamt wirkt aber alles ein wenig gedämpft, Stimmen inklusive.
Verpackung und Menüs
Die Kauf-DVD kommt leider nur in einer nackten Amaray ohne Booklet, während die Verkaufs-DVD noch einen Hologramm-Schuber zu bieten hat.
Im Menü ertönt der Futurama-Score zu bewegten Bildern; Bender steht mit seiner Strahlenkanone in der Mitte und zielt auf die vier Programmpunkte “Play”, “Language Selection”, “Chapters” und “Special Features”. Die Untermenüs sind leider stumm und unbewegt.
Extras
Herzstück der Extras ist - mal wieder - der Audiokommentar, der informativ, frisch und witzig wie üblich von den Machern eingesprochen wurde. Beteiligt sind neben Serienvater Matt Groening noch David X. Cohen, Billy West, John DiMaggio, Phil LaMarr, Claudia Katz, Dwayne Carey-Hill und Ken Keeler.
Der zweite Punkt auf der Karte nennt sich “Futurama Returns” und beinhaltet eine Live-Lesung der US-Synchronsprecher vor Publikum (8:51 Min.), das insbesondere bei John DiMaggios Bender-Performance gerne mal ausrastet. Gezeigt wird dabei eine Slideshow eines Comics, das die vorgelesenen Stellen visuell unterstützt. Eigentlich hätte man sicher auch gerne die Leserunde gesehen, aber schwamm drüber.
Nun etwas für Genießer: Hypno-Toad! “Everybody Loves Hypno-Toad” zeigt eine Episode von “Hypno-Toad”, geschrieben von Hypno-Toad, produziert von Hypno-Toad, gefilmt von Hypno-Toad, alles von Hypno-Toad. All Glory to the Hypno-Toad! Sehenswert, ihr werdet sehen... nicht vorzeitig abschalten! Hypno-tastisch. (22:01 Min.)
Unter “Deleted Storyboard Scenes” lassen sich drei Szenen in Storyboard-Status begutachten, die nicht mehr zu Ehren einer Fertigstellung gelangten, unterstützt von den Original-Synchronsprechern: “Monte Carlo” (1:24 Min.), “Robot Mafia” (0:33 Min.) und “Limbo Contest” (1:41 Min.).
Und weiter im Programm: In “A Terrifying Message From Al Gore” (1:23 Min.) wird Al Gores Umweltdokumentation “Eine unbequeme Wahrheit“ auf den Arm genommen - von Bender und von ihm selbst. Soll heißen, der echte Al Gore legt sich mit einem Roboter aus der Zukunft an. Als Beweis gibt es auf Wunsch auch noch einen Videokommentar, in dem Al Gore zusammen mit Matt Groening und David X. Cohen den kurzen und nur mit reduzierter Animation versehenen Film kommentieren.
Aber der Unterricht soll in dem Spaßprogramm ja auch nicht untergehen, und so bietet “Bite my Shiny Metal X” (26:05 Min.) eine Mathestunde, abgehalten von David X. Cohen und einer Mathematik-Expertin, die Futurama auf mathematische Phänomene abklopft, begleitet durch die johlende Futurama-Crew im Publikum.
In “3D-Models / 3D-Turnarounds” (1:13 Min.) werden einige Objekte, die im Film vorkommen, in verschiedenen Stadien dreidimensional gedreht.
“Original 5-Minute Comic-Con Promo” ist genau das, was im Titel steht - eine 5-minütige Promo für die Comic-Con.
Aber es gibt auch eine Preview auf etwas uns noch Unbekanntes: zum zweiten Film “The Beast With A Billion Backs” wird eine “Sneek Peek” geboten, die aus einem Animatic (Rohschnitt) besteht und schon mal einen Vorgeschmack geben soll. (4:37 Min.).
Abschließend gibt’s noch den ersten Entwurf zum “Bender’s Big Score”-Skript mit dem liebgemeinten Ratschlag: “Spot the differences, meatbag!” sowie Skizzen der neuen Charaktere und Produktionsdesigns.
Klickt man übrigens vom letzten Programmpunkt aus nach rechts, so leuchtet der Bender-Kopf mit der Zigarre auf und man gelangt an ein Easteregg, das “Futurama Time Logic Scribble”.
Insgesamt ein typisches, unter dem Strich zufriedenstellendes Bonus-Paket, das den Fokus eher auf anarchischen Spaß legt als auf Informativität. Man vermisst wieder ein größeres Making Of, diesmal eigentlich auch richtige Deleted Scenes, aber davon abgesehen: ordentlich.
Fazit
Nicht perfekte, aber gute DVD-Umsetzung des ersten dtv-Futurama-Films, der der Serie kaum in etwas nachsteht.
Testequipment
TV-Gerät: Tevion 4:3
DVD-Player: Pioneer XV-DV313 5.1 Komplettsystem
Sonstiges
Review zu Die Ära des Tentakels
Review zu Bender's Game
Review zu Leela und die Enzyklopoden