Prestige - Die Meister der Magie (2006)
OT: The Prestige
Technische Daten
Vertrieb: Warner
Regionalcode: 2
Herstellungsland: USA
Laufzeit: 125:02 Min.
Regie: Christopher Nolan
Darsteller: Hugh Jackman, Christian Bale, Michael Caine, Scarlett Johansson, David Bowie, Andy Serkis, Rob Arbogast, Ezra Buzzington, Bill Chamberlain, Erin Cipolletti, Lisa Clark, Chris Cleveland
Bildformat: 2,35:1 (anamorph / 16:9)
Sprachen: DD 5.1 Deutsch, Englisch, Spanisch
Untertitel: Deutsch, Englisch, Spanisch, Portugiesisch, Deutsch für Hörgeschädigte
Freigabe: FSK 12
Film
Ich möchte kurz erklären, weshalb ich schon als Kind mit Magie nur wenig anfangen konnte.
Es war mir schon immer suspekt, was an Bluff und Illusion so besonders sein soll. Auch Magier kochen nur mit Wasser und sind höchstens in der Phantastik dazu fähig, sich über die Naturgesetze zu stellen. De facto wird kein Magier der Welt es schaffen, die Freiheitsstatue
tatsächlich verschwinden zu lassen - das Objekt selbst wird er nicht verändern, sondern immer nur das Blickfeld des Publikums steuern. Sicher ist auch das eine Kunst, doch so herum betrachtet hört sich das doch schon wieder ein bisschen weniger magisch an, dieses neckische Spiel mit der psychologischen Reizaufnahme des Publikums und seiner Manipulation, auch “Ablenkung” genannt.
Es heißt, wenn man einen Trick erklärt, ist seine Magie dahin und das Interesse ebenso; doch wo ist sie überhaupt in Wirklichkeit, die Magie? Letzten Endes weiß man doch genau, dass es sich nicht wirklich um Magie handelt, sondern hinter den Kulissen die irdischen Rädchen sich kontinuierlich drehen, um einen Schein aufrechtzuerhalten. Liegt sie in der Unwissenheit über das Funktionieren eines Tricks? Vermutlich. Immerhin will man sich freiwillig ins Erstaunen versetzen lassen, wenn man sich mit den Houdinis dieses Planeten beschäftigt.
Doch der finale Sensationseffekt, das “Prestigio”, ist mir immer zu sehr Luftblase gewesen, um mich davon gefangennehmen zu lassen. Zu unwahr; zu fiktional; zu sehr Schein, zu wenig Sein. Mein Fluch wird es wohl sein, dass ich zu sehr an die Gesetze der Physik glaube und zu wenig an Puff the Magic Dragon. Meine Magie liegt im Detail und unterliegt dem Ursache-Wirkungs-Verhältnis. Sie beruht auf der Naturwissenschaft. Sie bringt Dynamik auf physikalische Art und Weise zum Vorschein.
Nun möchte ich die Erklärung mit der Feststellung konterkarieren, dass es Chris Nolan zum vierten Mal in Folge gelingt, mich an den Rande der Höchstwertung zu drücken.
Mit “Prestige” entfesselt er ein gigantisches Duell zweier Konkurrenten, ohne jemals der cineastischen Gigantomanie des Optischen zu verfallen. Gemäß dem ersten Akt des Zaubertricks, dem Versprechen, mit dem der Magier zunächst etwas Gewöhnliches vorstellt, beginnt das Werk spröde, trocken, bodenständig. Die Tricks glaubt man bereits alle zu kennen, Wassertanks und Assistentinnen kommen einem bekannt vor, und obwohl sich später ein phantastisches Element in den Plot einschleichen wird, scheint hier auf den ersten Blick alles so real und gemäßigt zu sein, als würde man einer der fünf täglichen Zaubervorstellungen im Phantasialand beiwohnen - beeindruckend, sicher, aber nichts, worüber man eine Geschichte erzählen müsste, wie es die Aufgabe eines Filmes ist.
Dann lässt Nolan seine Darsteller von der Leine und eröffnet das schikanenreiche Spiel wie ein hinterlistiger Strippenzieher, und er zieht uns glatt den Boden unter den Füßen weg. Christian Bale, seinem Regisseur noch vertraut vom “Batman Begins”-Dreh, und Hugh Jackman, einer von Hollywoods vorpirschender Primagarde, dürfen sich binnen zwei Stunden von Freunden zu Todfeinden entwickeln, sich gegenseitig und die Kamera zugleich austricksend in einer ständigen Aufwiegelei unter dem Bestreben, das ultimative Kunststück zu erschaffen. Diese handlungstechnische Tour de Force wirkt sich in nicht geglaubtem Ausmaß auf die Leistungen der Protagonisten aus. Von Bale mag man langerorts nichts anderes erwartet haben, aber wie Jackman ihm Einhalt gebietet, verdient Applaus. Ein unfassbarer Gedanke, wie der geniale Bale ein Gegengewicht findet, das die Waage vollkommen im Einklang hält - aber dem ist wirklich der Fall. Man ist sogar geneigt, Jackman eine dezent stärkere Leistung zu attestieren, was aber letztlich dadurch verworfen werden muss, dass Bale einen Mann spielt, der emotional viel verschlossener ist.
Zwischen ihnen verkörpert Scarlett Johansson - ohne schauspielerische Glanztaten zu vollbringen, aber vielleicht versinkt sie einfach nur im Schatten Jackmans und Bales - das Bindeglied und damit sind wir beim Herzstück des Films: seiner Erzählform.
Nolan springt mit den Erzählebenen, leichtfüßig, ja galant, als würde er mit dem Kino tanzen. Es ist eine wahre Freude. Man sollte den Vergleich nicht anstellen, aber zögerlich will konstatiert sein, dass man hier und da an die alles umwälzende narrative Revolution erinnert wird, die “Citizen Kane” losgetreten hat. “Prestige” ist zwar keine erzählerische Revolution, aber doch eine deutlich spürbare Ausdehnung des Tellerrands. Mit einer Selbstverständlichkeit wird eine Szene abgebrochen, um sie teilweise eine halbe Stunde später wieder aufzugreifen. Keine Mühe dabei, keine forcierte Anstrengung, neue Perspektiven zu entwickeln, wie beispielsweise “Running Scared” sie aufbrachte - es ist einfach so, locker und leicht. Die Handlungsebenen duplizieren sich, verdreifachen sich, werden zum Quadrupel. Fern solcher Ziele wie das Aufbrechen der chronologischen Erzählform, handelt es sich einfach um einen gefühlten Mechanismus, der notwendig ist, um den Trick, den Film, funktionieren zu lassen.
In der Folge wird man gleichermaßen das Gefühl haben, einen konservativ erzählten, ja fast klassischen Film zu sehen, und doch glaubt man, ein komplexes Verwirrspiel voller Meta-Ebenen zu entdecken. Zwei Richtungen, unvereinbar in ihrer Natur, die mit spielerischer Leichtigkeit unter einen Hut gebracht werden.
Das ist das “Prestigio” in Nolans Meisterstück: Der Film selbst ist der Zaubertrick. Sicher handelt das Drehbuch primär von Besessenheit und seinen Folgen, den Verrat an allen, nicht zuletzt an sich selbst. Doch im Zentrum steht das “Wie”, nicht das “Was”. Ein vordergründig enttäuschender Gedanke, schließlich wird der Trick erklärt und die Faszination verfliegt. Nur ist das zum einen nicht weiter schade, denn den angestrebten Mindfuck zum Ende hin hat man sowieso schneller entschlüsselt als es gut für ihn ist - kein Grund also, den Weg dorthin im Verborgenen zu lassen. Zum anderen ist es ohnehin kurzsichtig, sich am Offensichtlichen , der vorhersehbaren Auflösung, aufzuhängen. Reine Zeitverschwendung; das Erklären der Zaubertricks ist nur Staffage, ja selbst das phantastische Element, das im eigentlichen Sinne einen totalen Paradigmenwechsel zur Folge hat (jetzt ist die Magie nicht mehr Bezeichnung dafür, den Zuschauer hinters Licht zu führen - jetzt ist sie Realität. Magie, wie sie vom Magier vorgegeben wird), kann man als bloßen “Red Herring” auffassen, wenn man möchte. Denn die Magie gibt Christopher Nolan selbst vor, nicht seine Figuren. Es steckt in der formalen Gestaltung seiner Arbeit.
Und so wird mit der Erwartungshaltung des Zuschauers gespielt. Es gibt Filme, deren Story samt Auflösung von ähnlicher Qualität war wie “Prestige” und die von der Kritik verrissen wurden. Diesem Werk wird das nicht passieren, denn es verfügt über einen Unterbau, zusammengehalten von unsichtbaren Fäden, die wie am Fließband gesponnen werden; nebeneinander, übereinander, miteinander. Gekoppelt durch die Figuren, ihrerseits keine starren Anker in der Brandung, sondern frei schwimmendes Plankton in der See.
Es ist fast zu banal zu erwähnen, dass eine makellose Produktionsqualität den Film umgarnt wie ein seidener Kokon. Gefüllt ist er mit einem gewöhnlichen Insekt, einem Schmetterling; nichts, was man nicht schon abertausende Male gesehen hätte. Doch Obacht, wenn das Tier seinen Kokon mit einem majestätischen Flügelschlag verlässt. Die Schönheit, die es dabei ausstrahlt, ist pure Magie. Die Leichtigkeit, mit der es sich in die Lüfte erhebt, ohnehin. Ganz zu schweigen von der Zellzusammensetzung dieses Lebewesens. Seine ganze Existenz ist ein Wunder, unsere Existenz ist ein Wunder. Eines, das auf die Gesetze der Physik zurückzuführen ist, keine Luftblase, kein Jahrmarktszauber. Doch auch die Physik hat etwas Magisches an sich, bedenkt man, dass zu Ende gedacht auch sie sich aus dem Nichts entwickelt hat...
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Bild
Die gedämpft braungetönten Farben kommen im Bild sehr gut zur Geltung. Das Produktionsdesign kann sich kräftig gezeichneter Facetten bedienen. Dazu hilfreich ist auch die vollkommene Bildsauberkeit; kein Körnchen ist zu finden.
Leider ist es mit der Schärfe nicht ganz so gut bestellt. Immer wieder wechselnd, ist insgesamt nur eine befriedigende Qualität auszumachen. Die Details kommen zwar trotzdem relativ gut zur Geltung, aber Warner hat diesbezüglich in der Vergangenheit schon deutlich bessere Scheiben abgeliefert.
Ton
Nun, das Nötigste wird geboten, aber Extravaganz sucht man vergeblich. Seine wenigen akustischen Höhepunkte hat die DVD freilich in den Szenen mit den Blitzgeräten; hier rummst und poltert es. Ansonsten bleibt alles zurückhaltend und schüchtern, die Stimmen wirken gar leicht milchig.
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Menüs
Eine Karte. Auf der Vorderseite ein Vogel, auf der Rückseite ein Käfig. Die Karte befindet sich an einer Schnur. Die Schnur wird gezwirbelt, die Karte dreht sich... und der Vogel befindet sich im Käfig.
Die altbekannte Illusion findet man im Hauptmenü animiert wieder. Dazu ein bedrohlich brummelnder Soundtrack, flackernde Beleuchtung und Menüpunkte in alten Schrifttypen - so muss das sein. Leider sind die Untermenüs warnertypisch mal wieder unbearbeitet geblieben.
Die DVD kommt in einer gewöhnlichen Amaray ohne Booklet und das Cover ist weiterhin sehr schlicht und unauffällig.
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Extras
Das Special Features-Menü verbirgt drei Hauptpunkte.
1. “The Director’s Notebook: The Cinematic Sleight of Hand of Christopher Nolan” beherbergt insgesamt fünf Featurettes, die sich unterschiedlicher Aspekte des Films annehmen. “Conjuring the Past” (4:56 Min.) beschäftigt sich damit, wie die Epoche wieder zum Leben erweckt wurde. Zur Sprache kommen dabei in erster Linie der Produktionsdesigner und die Kostümdesignerin. Natürlich darf man auch Scarlett etwas länger in ihren Kostümen begutachten. “The Visual Maze” (3:18 Min.) spricht Aspekte wie Kameraarbeit und Beleuchtung an, zeigt, wie der Look von “Prestige” entstanden ist. “Metaphors of Deception” (3:16 Min.) fragt nach, in welchen cinematographischen Kontext der Film nun eigentlich einzuordnen ist: Was ist seine Aussage, wo ist seine Substanz, wie ist der Inhalt zu entschlüsseln, welche Rolle spielen die Metaphern? “Tesla: The Man Who Invented the Twentieth Century” (2:29 Min.) nimmt sich der Figur an, die den Film inspiriert hat, und ergründet ihren Mythos als Wissenschaftler und Künstler. “Resonances” (1:00 Min.) schließlich ist ein kleines Schlußwort Nolans samt Abspann.
2. “The Art of The Prestige” teilt sich in vier Punkte auf: “Film”, “Costumes and Sets”, “Behind the Scenes” und “Poster Art”. Sie alle beinhalten eine Slideshow aus Screenshots, Skizzen und Postern.
3. Den Abschluss macht der Trailer zum Film im O-Ton (1:40 Min.).
Unter dem Strich besser als gar nichts, aber für einen Film dieser Größenordnung mehr als enttäuschend, auch wenn freilich nicht gerade eine Doppel-DVD wie beim Vorgänger “Batman Begins” zu erwarten war.
Fazit
Nolans insgesamt fünfter Streich ist für Cineasten und Filmfreunde empfehlenswerter denn je. Die qualitative Konstanz des Regisseurs auf diesem Niveau ist bald beängstigend. Mit der DVD hat sich Warner nun leider nicht gerade selbst übertroffen: Simple Aufmachung wie ein Backkatalogtitel, nicht ganz optimales Bild, durchschnittlicher Sound und sehr wenig Extras. Wenn man nicht gerade Nolan-Groupie (oder halt Scarlett-Stalker... freeman, I'm watching @ you) ist, sollte man vielleicht auf den unzweifelhaft schon bald kommenden Nice Price warten - auch wenn es angesichts des Filmes schwer fällt.
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Testequipment
TV-Gerät: Tevion 4:3
DVD-Player: Pioneer XV-DV313 5.1 Komplettsystem