Children of Men (2006)
OT: Children of Men
Technische Daten
Vertrieb: Universal
Regionalcode: 2
Herstellungsland: USA
Laufzeit: 104:42 Min.
Regie: Alfonso Cuarón
Darsteller: Clive Owen, Julianne Moore, Michael Caine, Chiwetel Ejiofor, Charlie Hunnam, Michael Klesic, Oana Pellea, Goran Kostic, Claire-Hope Ashitey, Ilario Bisi-Pedro, Lucy Briers, Robert Dearle
Bildformat: 1,85:1 (anamorph / 16:9)
Sprachen: DD 5.1 Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch, ENglisch für Hörgeschädigte, Niederländisch
Freigabe: 15
Film
Mit George Lucas' "THX 1138" begann im Jahre 1970 die goldene Wiederauferstehung des dystopischen Science Fiction-Films. Visionäre Filmemacher wie Richard Fleischer ("Soylent Green"), William Harrison ("Rollerball") und Michael Anderson ("Logan's Run") schufen pessimistische Welten aus Kontrollgesellschaften, die das Recht eines jeden Einzelnen auf freie Entfaltung bedrohten. Anklagende Blicke in die Zukunft, die auf Missstände in der Gegenwart aufmerksam machen sollten.
Zuletzt konnten Dystopien aus Hollywood allerdings nicht mehr an die großen Zeiten des Genres anknüpfen. Zeichen setzten Andere ("Battle Royale", Japan 2000), in den USA brach derweil Steven Spielberg gleich zweimal in die Zukunft aus, ließ dabei aber die ausweglose Düsternis vermissen, die seinen Vorgängern zu eigen war. Stattdessen herrschten emotional-kitschiger Neoanthropologismus ("A.I.") oder einfach nur Rahmen für Starpower kombiniert mit einer Fokussierung auf hübsche Zukunftsarchitektur ("Minority Report") - ganz zu schweigen von mehr oder minder reiner Blockbusterkanonie wie “I, Robot”. Von einer Gefahr für die Menschheit, und damit die Chance auf das Ziehen einer Lehre für das Jetzt, jedoch keine Spur.
Insofern setzt schon die Prämisse von Alfonso Cuaróns "Children of Men" deutliche Zeichen. Der einfache Gedanke, im Jahre 2009 könne der letzte Mensch geboren werden, rüttelt an den Grundfesten der menschlichen Existenz und schockiert alleine aufgrund der Vorstellung bis ins Mark. Denn obwohl das Leben der bereits geborenen Menschen nicht gefährdet ist etwa durch eine Pest oder Krankheit, ist die Welt im Chaos versunken, dem nur mit einem totalitären Staat entgegnet werden kann. Die fehlende Perspektive für die Zukunft dümpelt in vollkommener Resignation dahin.
Und ja, es ist nicht zu viel versprochen worden: "Children of Men" ist nichts Geringeres als der wohl beste dystopische Film seit Terry Gilliams' "Brazil". Endlich schafft es wieder ein Science Fiction-Film, reale Bedrohung aufkommen zu lassen und dem Zuschauer das Gefühl zu geben, er sei nicht etwa Jahrzehnte entfernt, sondern mitten in dem Wahnsinn gefangen. Die Handlung ist ein einziger Wettlauf gegen die Zeit und die dynamische, aber nie unästhetische Handkamera suggeriert ein Gefühl der ständigen Präsenz in einem graublauen Schlachtfeld um das Überleben, dessen Sinn durch das nicht gesicherte Fortbestehen der Menschheit zunehmend in Frage gestellt wird. Entgegen der logischen Annahme, Individuen müssten durch die sich zunehmend dezimierende Weltbevölkerung nun an Wert gewinnen, erschießen sich die Menschen gegenseitig in den Ruinen ihrer früheren Lebensräume. Mit dem Wissen um das kaum mehr ausreizbare Fortbestehen der eigenen Rasse kehrt Erschöpfung ein und Lebensmüdigkeit. Cuarón zeigt ein Szenario, in dem alles zu spät zu sein scheint.
Die Optik und die Sets sind dabei als diachroner Bestandteil dieser Welt erkennbar und dadurch mit unserer Gegenwart verbunden - welche im Übrigen nicht umsonst nur drei Jahre vor dem fatalen Startpunkt liegt, an dem der letzte Mensch geboren wurde. Häuserruinen, U-Bahnen und Cafés, Wälder, Bauernhöfe und Asphalt, aber glaubwürdig untersetzt mit geänderten Zeichen der Zeit, erkennbar am Design der Autos oder großen Fernsehtafeln auf öffentlichen Plätzen. So stellt man für das Publikum der Gegenwart eine Nähe zur Katastrophe sicher, der sie sich nicht entziehen können. Die Welt aus “Children of Men” ist nicht künstlich, sie ist keine erkennbare Gedankenspielerei, sondern scheinbar ein realistischer Blick in die nahe Zukunft.
Durch die unliebsame Umgebung quält sich Clive Owen, der sehr lange gebraucht hat, um mich von sich zu überzeugen - spätestens jetzt hat er es geschafft. Denn er wagt es nicht, sich eine (Anti-)Heldenposition freizuschaufeln und alles an sich zu reißen. Nein, er schleift sich mit düsterer Miene durch die Zeit und hebt sich nicht sonderlich von seiner Umgebung ab. Er ist hier ein Mann, der in seiner Hauptdarstellerrolle so wunderbar gewollt blass bleibt und die Verantwortung, die man ihm schon alleine aufgrund seiner zentralen Position im Filmgefüge andichten würde, solange wie möglich von sich abperlen lässt. Auf Starprestige nimmt der Regisseur sowieso keinerlei Rücksicht, sondern behandelt alle seine Darsteller komplett gleich. Und wäre Owen nicht bereits ein Star, hätte er es durch diese zurücknehmende Leistung werden können.
Es ergeben sich dann und wann im Plot Wendungen, die von der Idee her nur ein folgerichtiger Schluss sind, eher symbolische Bedeutung mittragen und aufgrund ihrer Vorhersehbarkeit nicht ganz in das simuliert realistische Ambiente zu passen scheinen. Doch anstatt hieraus eine schmierige Seifenoper zu konstruieren, konzentriert sich Cuarón einfach weiter darauf, was denn passieren würde, wenn dieses oder jenes Ereignis tatsächlich in den deprimierenden Kampf ums Überleben einbrechen würde. Er bleibt seiner Linie treu und bringt die Sache vollkommen natürlich zu Ende. Die Bilder sind von größter emotionaler Grausamkeit in der fehlenden Anteilnahme der Akteure füreinander, die durch das Bild ziehen und sich in vollkommenem Kriegszustand gegenseitig niederschießen, kurz irritiert von etwas Unvorhergesehenem, bevor sie sich wieder dem Krieg zuwenden. Von Pathos dabei bis zum Ende keine Spur, gezeigt wird unreflektierter Zivilkrieg in einem Endzeitszenario, dessen Auswirkungen über Einzelschicksale, das muss nicht stärker betont werden, weit hinausgeht.
Ich kann nicht mehr, als den Konsens nochmal mit aller Deutlichkeit zu unterstreichen. Mit “Children of Men” liefert Alfonso Cuarón exakt das Werk ab, als das es überall angepriesen wird: eine meisterhafte Dystopie. Ein gerade vor dem Hintergrund aktueller Debatten um die Erderwärmung zutiefst wichtiger Beitrag nicht zuletzt deswegen, weil er in dieser Form nach langer Dürreperiode auch der erste seiner Art ist und die Filmindustrie es zuletzt vermieden hat, wirklich berührende Zukunftsvisionen zu erstellen, die begreifbar machen, was es bedeutet, den Fortbestand der eigenen Rasse zu verraten. Von den Fehlern unserer Gegenwart sind wir selbst nicht mehr betroffen. Unser Leben scheint sozusagen gesichert, doch die Verantwortung gegenüber unseren Nachkommen hat man allzu oft aus dem Bewusstsein verdrängt. Hierauf gibt “Children of Men” eine unaufdringliche Antwort und zeigt anhand von einem fiktionalen Tatsachenbericht, was es bedeuten würde, wären wir die Letzten, die diesen Planeten bewohnten.
Bild
Das Bild gibt sich nicht die geringste Blöße. Die blau gestochene Optik wirkt wie ein drohendes Gewitter und gibt perfekt die dystopische Atmosphäre wieder, die vom Film mitgetragen wird. Verschmutzungen und Rauschen sind schlichtweg nicht existent, die Kantenschärfe ist perfekt und alle Details sind erkennbar. Besser geht’s auf DVD fast nicht.
Ton
Hier wäre noch mehr dringewesen. “Children of Men” ist zwar kein actionlastiger Film, aber ein paar größere Szenen, die eine Belastung der Kanäle beanspruchen, gibt es doch. Dafür bleibt alles zu sehr auf die Front verteilt. Die Gesamtlautstärke ist dabei zwar konstant, aber nicht allzu hoch, auch Einzeleffekte wie Schüsse brechen nicht aus dem Lautstärkevolumen aus. Eine noch bessere Raumverteilung wäre der Wirkung des Filmes dienlich gewesen. Der Originalton ist dabei minimal druckvoller.
Menüs & Aufmachung
Ein Stück von Graffiti besprayter Asphalt, auf dem - wahlweise auch in Deutsch - die Menüoptionen aufgelistet sind. Animationen gibt es keine, aber der düstere Score ertönt, bis sich der Film dann von selbst startet. Die Untermenüs sind stumm.
Die Aufmachung ist übrigens ziemlich ärmlich. Die Amaray ist bis auf die DVD nackt und verfügt zudem über eines der hässlichsten und dem Film nicht gerecht werdenden Cover einer Majorproduktion der letzten Zeit.
Extras
In der Abteilung Bonusmaterial gibt es nur einen einzigen Menüpunkt. “Angriff auf die Männer” (7:34 Min.) erläutert die Echtzeitproblematik mit seinen langen Takes am Beispiel der aufwändigen Actionszene, als die Gruppe um Owens Charakter im Auto attackiert wird. Interessant ohne Zweifel, aber so allein auf weiter Flur doch sehr enttäuschend.
,5
Fazit
Abgesehen von dem perfekten Bild eine recht ernüchternde Umsetzung eines erstklassigen Films. Nun, das fehlende Bonusmaterial und das fehlende Booklet verhindern eben eine Ablenkung vom Wesentlichen, dem Film, und was das Cover betrifft, das gibt unserem Punisher wenigstens die Gelegenheit, künstlerisch aktiv zu werden. Von daher... Wer aber bisher noch nicht zugeschlagen hat, wartet vielleicht auf die deutsche Version, die im Steelbook und mit deutlich schönerem Cover kommen wird.
Testequipment
TV-Gerät: Tevion 4:3
DVD-Player: Pioneer XV-DV313 5.1 Komplettsystem