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“Attack Force”
Entstehungsdaten: USA / Rumänien 2006
Regie: Michael Keusch
Darsteller:
Steven Seagal
David Kennedy
Lisa Lovbrand
Adam Croasdell
Ileana Lazariuc
Gabi Burlacu
Trailer:
http://german.imdb.com/title/tt0493424/trailers
„Attack Force“ besitzt nahezu alle Merkmale typischer Steven-Seagal-„Lackluster“, wie sie es in den vergangenen Jahren (spätestens seit „Exit Wounds“) ja überwiegend zur traurigen Gewohnheit geworden sind: Ein einfallsloser Titel, schlechtes Voice-Dubbing, großzügige Verwendung von Doubles, osteuropäische Drehorte, ein Skript aus der Feder des mäßig talentierten Joe Halpin, welches er zusammen mit Seagal himself verfasste, so dass es ebenfalls mal wieder viele Verschwörungen, Geheimdienstaktivitäten und eine eingebaute Beziehung des fülligen Stars zu einer Frau gibt, die altersmäßig locker seine Tochter sein könnte, sowie ein für drittklassige Werke wie „Crazy Race“ oder „Autobahnraser“ bekannter Regisseur. Es kommt allerdings gar weitaus schlimmer: Ursprünglich sollte das Projekt „Harvester“ heißen, im Sci-Fi-Genre verwurzelt sein und Steven den Kampf gegen bösartige Aliens antreten lassen – nur hielten die Verantwortlichen diesen Ansatz in Nachhinein für doch keine so gute Idee (Experimente könnten die ohnehin konstant wegbröckelnde Fangemeinde ja zusätzlich verschrecken), weshalb man die Geschichte kurzerhand gen „Seagal vs. Dealer“-Movie umschrieb, das vorhandene Material anders zurecht stückelte, einige Szenen nachdrehte und inzwischen ungeeignete Dialog-Passagen neu synchronisierte. Erwartungsgemäß ist das Endresultat ein vollkommen unstimmiges Durcheinander…
Nach einem holprigen, aber Action-reichen Einstieg, der einem noch nicht ganz den letzten Hauch Hoffnung raubt, setzt die Haupthandlung in einem Nachtclub irgendwo in Frankreich ein, wo sich eine kleine „Attack Force“ zusammenfindet, bestehend aus Marshall Lawson (Seagal), seinem erfahrenen Kameraden Dwayne (David Kennedy) und drei Rookies, denen man die fehlende Kampfeinsatz-Erfahrung überdeutlich anmerkt. Zu fortgeschrittener Stunde ist es jenen zu langweilig, mit den beiden alten Herren herumzuhängen, weshalb sie alleine losziehen, um sich in einer Strip-Bar zu amüsieren, wo ihnen sogleich die attraktive Reina (Ecelyne Armela OBami) auffällt, welche sich zum Glück „mieten“ lässt, so dass es ihnen ein leichtes ist, sie (gemeinsam!) mit ins Hotel zu nehmen. Dort angekommen, entpuppt sich die Braut jedoch bald als eiskalte Killermaschine, zückt (quasi aus dem Nichts) eine Klinge, durchbricht Wände und verteilt den roten Lebenssaft der (kaum „Elite-haften“) Soldaten Fontänen-weise quer über die Zimmereinrichtung. Marshall und Dwayne entdecken wenig später die Leichen sowie eine Ampulle einer neuen Droge namens „CTX“ am Tatort. Während letzterer die Spur zurück zum Titty-Schuppen verfolgt, den angeblichen Zuhälter der blutrünstigen Dame (Adam Croasdell als Aroon) ausfindig macht und diesen in Gewahrsam nimmt, sucht Lawson Antworten beim Militär, muss so aber feststellen, dass man seine Zugangsberechtigung zurückgestuft hat. Da seine Vorgesetzten auf einmal verräterisch schweigsam sind und die französische Polizei entweder unfähig und/oder korrupt anmutet, wendet er sich an seine junge Kollegin Tia (Lisa Lovbrand), mit welcher er eine Affäre hat und die noch immer zum „inneren Kreis“ gehört.
Es stellt sich heraus, dass es sich bei CTX um eine DNA-verändernde Droge handelt, die anfänglich vom Militär als Waffe entwickelt wurde, um Supersoldaten zu erschaffen, da die „User“ übermenschliche Kräfte sowie ein gesteigertes Aggressionspotential entwickeln. Aroon und Tia waren damals an dem Projekt beteiligt, bevor ersterer Fahnenflucht beging und seither das Mittel im Auftrag einer geheimnisvollen Frau (Ileana Lazariuc) an unfreiwilligen zivilen Testpersonen ausprobiert. Im Verhör gesteht er Dwayne offen, dass er plant, das Trinkwasser der Stadt Bastia damit zu verseuchen und alle Anwohner auf diese Weise entweder süchtig oder zu Killermaschinen werden zu lassen. Im Zuge eines extrem merkwürdigen Vorgehens, bedroht der gestandene Army-Angehörige seinen Gefangenen nun damit, ihm die Droge selbst zu injizieren, sollte er nicht kooperieren (den Superkräfte-Teil glaubt er allem Anschein nach nicht), was er kurz darauf gar tut, also keineswegs blufft – in Folge dessen entwickelt Aroon tatsächlich ungeahnte Energien, worauf ihm die gewaltsame Flucht gelingt. Derweil starten die hochrangigen uniformierten Verantwortlichen im Hintergrund eine Vertuschungsaktion und geben den Befehl, Lawson „zum Töten freizugeben“. Parallel stellt jener allerdings (mit Tia´s Hilfe) eine schwer bewaffnete neue Truppe zusammen, welche die entsandte „Säuberungs-Einheit“ tatsächlich völlig auszuschalten vermag. In Anbetracht der Gesamtumstände schließen beide Parteien nun wiederum einen Deal, durch den Marshall zusätzliche Männer und Fahrzeuge erhält, um schlagkräftig Aroon´s teuflischen Plan zu vereiteln…
Ein konstanter Faktor der letzten Seagal-Filme war auf jeden Fall der unfreiwillige Humor, auf den man sich geradezu verlassen konnte – sei es in Form von peinlichen F/X, Jupiter-großen Logiklöchern, gravierenden Anschlussfehlern, der stupiden Sinnlosigkeit so mancher Momente oder der wohlgenährten körperlichen Verfassung des ehemaligen Action-Helden. Da mir die Post-Production-Probleme bereits im Vorfeld bekannt waren, rieb ich mir natürlich in Erwartung eines Super-Gaus die Hände – und wurde bitter enttäuscht: Natürlich ist „Attack Force“ ein heilloses Chaos, aber leider nicht sehr belustigend auf diesem anvisierten Gebiet, weshalb auch kein Trash-Feeling entsteht. Ansätze sind zweifellos vorhanden, wie etwa die Opening Credits, welche aus irgendwelchen Gründen vor tanzenden Leuten in Unterwäsche ablaufen, oder die fantastisch informative geographische Einblendung „France, Europe“ – nur ist der Rest erstaunlich solide umgesetzt worden. Eine schwerwiegende, auf die englische Originalversion beschränkte Ausnahme existiert jedoch: Unglaublich schlechtes Voice-Dubbing, um die Original-Aufnahmen mit der neuen Storyline auf eine Linie zu bringen. Mangelnde Lippen-Synchronität ist noch das geringste Übel, denn der für Steven´s Part auserwählte Sprecher hört sich (ernsthaft!) ganz anders an, was dazu führt, dass Marshall zwei auffällig unterschiedliche Stimmen vorweist – sogar öftermals innerhalb einzelner zusammenhängender Gesprächsteile! Mehr als die Hälfte seiner Dialogzeilen wurden neu aufgenommen – was ich dabei nicht verstehe: Warum nicht gleich alles austauschen, besonders angesichts dieser unüberhörbaren Diskrepanz? Dies allein ist schon ein aussagekräftiges Indiz dafür, dass sich etwaiger in dieses Projekt investierte Ehrgeiz offenkundlich stark in Grenzen hielt.
Darstellerisch erhält der Betrachter genau das geboten, was er erwartet – nämlich rein gar nichts: Zwar sieht es tatsächlich so aus, als hätte Seagal einige Kilos abgenommen, nur nützt einem das auch nichts, wenn man trotzdem insgesamt zu viele auf die Waage bringt – besonders wenn die betreffende Person als Action-Star ernst genommen werden möchte. Dementsprechend verbringt Steven die meiste Zeit damit, irgendwo herumzusitzen oder langsam voranzuschreiten – ganz ohne Hektik, versteht sich. Seine physische Präsenz macht in einem geschlossenen Raum durchaus einen gewissen Eindruck, aber darüber hinaus ist einfach nichts mehr da. Er kämpft kaum noch selbst – und wenn mal doch, dann müssen Kameratricks herangezogen werden, um die Angelegenheit wenigstens halbwegs akzeptabel ausschauen zu lassen. Eine Waffe bedienen kann er, nur lässt man ihn das kaum: Selten betätigt er hier einen Abzug. Geschlagene 15 Minuten läuft er gegen Ende mit einer straff in die Schulter gepressten großkalibrigen Schrotflinte herum, was recht cool wirkt, bloß abfeuern darf er sie kein einziges Mal – unmittelbar vorm Showdown verliert er sie und muss somit erneut auf seine Handkanten-Routine zurückgreifen. Unabhängig dessen, was das Studio nachträglich aus dem Film gemacht hat, scheint sich Seagal von Anfang an beinahe keine Mühe gegeben zu haben. Adam Croasdell („True True Lie“) holt etwas mehr aus seiner blassen Baddie-Rolle heraus, indem er vergnügliche Grundzüge in sein Spiel einarbeitet, welche (mutmaßlich) daher stammen, dass er eigentlich eine außerirdische Kreatur verkörpern soll, David Kennedy („Reign of Fire“) gibt dem Begriff „mangelnde Motivation“ ein symbolisches Gesicht, Lisa Lovbrand („7 Seconds“) war für mich einer der (weißgott nicht vielen) Gründe, bis zum Schluss standzuhalten, ohne die „Fast Forward“-Taste zu bedienen: Sie agiert annehmbar und sieht einfach toll aus, vor allem in ihrem „Kampf-Outfit“ gegen Ende. Allgemein sind die gecasteten weiblichen Geschöpfe ziemlich attraktiv, was wohl der gewichtigste Faktor im Rahmen des Auswahlverfahrens war. Zwar deckt sich die dunkelhäutige Evelyne Armela OBami äußerlich keineswegs mit meinem bevorzugten Frauentyp, das („Playboy“-) Model Ileana Lazariuc („Break of Dawn“) hingegen schon eher – nur eignet sie sich in keiner Weise als „Ober-Villain“, was aber leider, trotz ihrer geringen Screen-Time, ungünstige Realität ist. Lustige Anmerkung am Rande: Sie wird im Abspann als „Queen“ aufgeführt, was vermutlich ein Überbleibsel ihres ursprünglichen Parts als Alien-Königin markiert.
Regisseur Michael Keusch´s („Shadow Man“) Inszenierung ist weitestgehend unkreativ, per se allerdings relativ solide geraten. Es ist glücklicherweise unmöglich, zwischen seinen Einstellungen und jenen der Nachdrehs, für die Stunt-Profi Tom Delmar verantwortlich war, zu unterscheiden. Ein besserer Editor hätte bestimmten Sequenzen unstreitig einen aufregenderen Touch verleihen können – Jonathan Brayley´s Arbeit indessen wirkt lustlos und uninspiriert. Größere Action-Momente gibt es bloß drei: Ein dilettantisch zusammengeschnittener Überfall auf ein Labor mitsamt Hubschrauber-Angriff (eventuell Stock-Footage) zu Beginn, die Erstürmung eines „Safe“-Hauses, welche schlapp und hölzern anmutet, sowie das Finale, bei dem US-Truppen anrücken (angeblich in Frankreich, wohlgemerkt, ausgestattet mit osteuropäischen Fahrzeugen und AK-47-Gewehren) – resultierend in etlichen kleineren Feuergefechten, die ausnahmslos unterm Genre-Standard verbleiben. Statt Pistolen kommen hauptsächlich Klingen zum Einsatz, was mir im Grunde recht gut gefiel: Lawson trägt zwei metallische Schneiden an den Handgelenken, die „Weapons of Choice“ seiner Gegenspieler sind meist „gläserne“ Messer. Die Qualität der Fight-Choreographie ist schwach, gerade bei Steven nervt hauptsächlich der übermäßige Zeitlupen-Einsatz, vor allem beim Showdown: Marshall kämpft da gegen die „Queen“, während sich Dwayne parallel dazu mit zwei anderen Schergen auseinandersetzen muss – letztere Konfrontation ist hart, schnell und schnörkellos, die andere hingegen wird durch exzessiven Slo-Mo-Gebrauch viel zu stark heruntergebremst. Das nächste Problem ist die Ausleuchtung der (partiell ziemlich billig gestalteten) Kulissen: Teilweise ist es in der Dunkelheit geradezu anstrengend, erkennen zu wollen, was da eigentlich so von statten geht. Die Gewaltpräsentation ist ziemlich direkt ausgefallen: Stichwunden, gebrochene Knochen, blutige Schnitte und Einschüsse – von Kunstblut-Geiz keine Spur. Nach einer 12 Millionen Dollar teuren Produktion sieht das Endergebnis dennoch nicht aus.
Ich weiß noch, „
Mensch, mal was anderes – why not?“ gedacht zu haben, als ich vor einigen Jahren hörte, Seagal würde in „Submerged“ eine „biologisch mutierte Gefahr“ angehen – bis die Produzenten einen Rückzieher einlegten und das Projekt hin zu einem „Manchurian Candidate“-Verschnitt zurechtbogen. Vorliegend geschah das ähnlich – nur halt im Nachhinein. Gewiss wäre „Harvester“ in seiner angedachten Fassung ebenso kein sonderlich berauschendes Werk geworden, doch immerhin eine Abwechslung zum sonstigen Einheitsbrei des Hauptdarstellers. Keine Ahnung, wie die ganze Sache eingangs angedacht war – vorliegend gleicht sie inhaltlich einem Scherbenhafen: Ungereimtheiten, Plot-Löcher, wirr zusammengestückelte Abfolgen sowie wahllos auftauchende und verschwindende Figuren begegnen einem ständig – selbst das große Finale bleibt ohne Abschluss, denn nachdem das Trinkwasser tatsächlich kontaminiert wird und daher (wie es heißt) mehrere hundert Menschen in der Umgebung nun süchtig und/oder wahnsinnig werden, setzt der Abspann ein. C´est la Vie! Warum beschattet der Navy-Geheimdienst Army-Angehörige? Warum jagt man den Laptop des kriminellen Masterminds per Handgranate in die Luft, statt ihn zu sichern? Beispielhafte Fragen, über die es nicht nachzudenken lohnt. Es ist zudem kontraproduktiv, dass der Verlauf arg redselig ist – es gibt zu viele unbedeutende Dialoge oder Pseudo-Weisheiten („
Revenge is a 2-Way-Street!“), die grundsätzlich schwacher Natur sind. Das zentrale Aroon/Dwayne-Verhör, welches einige wichtige Infos zutage fördert, langweilt eher, als Spannung zu generieren, was umfassend symptomatisch erscheint, da man als Zuschauer bereits lange vorm Ende das Interesse verliert, dank ständiger Konfrontation mit Widersprüchen und Belanglosigkeiten. Gleichzeitig ist es keineswegs hilfreich, dass das Verhalten und Erscheinungsbild der Widersacher partout nicht glaubhaft in den Kontext einer „Drogenwirkung“ passt: Die Kraft, weite Sprünge auszuführen und Gegner durch Wände zu schleudern, Augen, die sich horizontal statt vertikal schließen (etc) – Fremdkörper-hafte Überbleibsel der Ur-Idee. Angesichts der Art, wie sich der Einstieg (im Hotelzimmer) entfaltet, musste ich sofort an „Species“ denken, insgesamt erinnert vieles eher an cineastische Vertreter des modernen Vampir-Genres (z.B. der Showdown in Katakomben unter einer alten Kirche, das Verhalten und die Bewegungen der Killer, Rumänien als Drehort), nicht aber an einen Action-Thriller. Tja, Chance vertan, Seagal´s Karriere zumindest minimal um einen aus der Reihe fallenden Richtungsimpuls zu erweitern…
Fazit: „Attack Force“: Das sind rund 94 Minuten überwiegend verschwendete Lebenszeit – prall gefüllt mit Voiceover-Exzessen, hübschen Girls, stümperhaft inszenierten Sequenzen und gähnender Langeweile, verpackt in einer abstrusen, (nachträglich) chaotisch zusammengeschusterten Story …
knappe ,5
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