Population 436 (2006)
OT: Population 436
Technische Daten
Vertrieb: Sony Pictures
Regionalcode: 2
Laufzeit: 88:35 Min.
Regie: Michelle Maxwell MacLaren
Darsteller: Jeremy Sisto,
David Ames,
Cory Cassidy,
Fred Durst,
Leigh Enns,
Dana Horrox,
Gavin Polone,
Rick Skene,
Charlotte Sullivan,
Martin Trudel
Bildformat: 1,85:1 (anamorph / 16:9)
Sprachen: DD 5.1 Deutsch, Englisch, Französisch
Untertitel: Deutsch, Englisch, Französisch, Arabisch, Türkisch
Freigabe: FSK 16
Film
Ein Fremder aus der Großstadt ist mit seinem Truck unterwegs ins Backwood. Der Beruf zieht ihn dorthin... eigentlich hat er hier gar nichts verloren.
An einer Tankstelle kurz vor dem Zielort fragt er nach dem Weg, doch die Einheimischen verhalten sich merkwürdig. Sobald der Name des Ortes fällt, verdunkeln sich ihre Mienen und sie verziehen sich ins Haus. Merkwürdige Gestalten...
Also ohne Hilfe weiter. Aber dann: eine Autopanne. Verdammter Mist, ausgerechnet hier! Eine junge Frau fällt auf einer Wiese nahe des Unfalls von ihrem Pferd. Der Fremde ist hilfsbereit, die Frau aber weniger. Sie gibt sich geheimnisvoll. Irgendwas stimmt nicht.
Zum Glück kommt zufällig der Dorfsheriff an der Unfallstelle vorbei. Aber auch eher verhält sich komisch. Freundlich wird er erst, nachdem er sich per Funk mit seinen Kollegen abgesprochen hat. Er bietet eine Fahrt in den Ort an. “Keine Angst - wir sind von Grund auf gute Menschen. In Rockwell Falls gibt es keine Verbrechen.”
Aber das ist das Problem - rein statistisch gesehen müsste dann doch bald eines geschehen...
In ihrem Spielfilmdebüt als Regisseurin führt uns Michelle MacLaren in altbekannte Gefilde. Zwielichtige Dorfbewohner. Kleine Jungs, die auf ihrem zu großen Fahrrad angewackelt kommen und fragen “Hey Mister! Geht es Ihnen gut?”. Rätselhafte Vorgänge hinter den Kulissen und ein dunkles Geheimnis, das eine abgeschottete Gemeinde zu verstecken versucht. “Population 436" ist Kleinstadthorror in Reinform - wobei das “Horror” mit Vorsicht zu genießen ist, denn wer Schockmomente im Sekundentakt erwartet, dürfte enttäuscht werden.
Man sollte als Zuschauer schon eine gewisse Geduld aufbringen, um diesem Thriller - dieser Begriff passt vielleicht schon etwas eher als “Horror” - etwas abgewinnen zu können. Im Grunde handelt es sich um eine aufgeplusterte “Akte X”-Episode, was insofern nicht überrascht, als dass Michelle MacLaren früher vor allem als Produzentin und auch Regisseurin einzelner Folgen von Chris Carters Erfolgsserie fungierte. Das sieht man ihrem Film an. Wie “Akte X” in Kanada gedreht, entfaltet der Film eine ganz ähnliche Atmosphäre und atmet in jeder Sekunde den Flair der FBI-Ermittlungen - jederzeit könnte man glauben, Mulder und Scully würden um die Ecke kommen und ihre Ausweise aufklappen. Für eine richtige Filmproduktion werden auch ansonsten sehr schwache Duftmarken gesetzt. Weit von der markanten Überstilisierung jüngster Backwood-Terrorfilme um “The Devil’s Rejects” oder “The Hills Have Eyes” entfernt, ist “Population 436" überraschend down to earth und versucht gar nicht erst, mit visuellen Stilmitteln aufzufallen. Zwar ist der komplette Film mit einem gelb-bräunlichen Filter überzogen, doch insgesamt wirkt alles vergleichsweise schlicht und einfach. Das ist nicht einmal unbedingt negativ aufzufassen, denn es stellt einen angenehmen Kontrast zu den Overstyle-Schlachtfeldern dar, die derzeit an der Mainstream-Spitze im Genre Horror um die Gunst des Publikums kämpfen. Untersetzt mit einem permanenten Mystery-Einschlag, werden sich also zumindest die einstmaligen “Akte X”-Anhänger gleich heimisch fühlen, denen auch mal ein etwas gemäßigterer Spannungsaufbau ausreicht. Wollte man einen Vergleich ziehen, käme einem sofort “Needful Things” in den Sinn - kaum irgendwie stylish, aber unterschwellig doch spannend und sogar leicht fesselnd.
Das hilft unsereins wenigstens gut über die unzähligen Genreklischees hinweg, die sich durch die komplette Handlung ziehen und auch nicht vor dem ordentlichen, aber eben vorhersehbaren Ende halt machen. Das Drehbuch birgt keinerlei Überraschungen, sondern versorgt uns statt dessen mit Handlungsfolgen und Charakterkonstellationen, die im Prinzip von “Akte X” in den Neunzigern erfunden und seitdem im Rahmen der Mysterywelle hundertfach neu aufgerollt wurden. Vollkommen losgelöst von Ironie fallen die Klischees schließlich störend auf, was sich zuletzt auch auf die Schockeffekte überträgt, die über die ganze Laufzeit verteilt immer mal wieder, meistens selbstzweckhaft, eingestreut werden und von denen maximal einer wirklich funktioniert - eben deshalb, weil man die ihnen zugrundegelegten Schnittechniken schon längst kennt und sich deshalb kaum noch erschrecken kann. Das betrifft auch die im Prolog in aller Offensichtlichkeit verwendete Parallelmontage, die aber zumindest das Filmthema auf interessante Art begreiflich macht.
Der Plot hört sich dabei zunächst interessant an. Eine Kleinstadt, die versucht, ihre Einwohnerzahl konstant auf einer Zahl zu halten, nämlich auf 436. Das betont den typischen, in Filmen dieser Art meist destruktiven Konventionalismus von abgelegenen Gemeinschaften, die oft die Quelle allen Übels sind. So nett das im Ansatz sein mag, es wird leider nicht richtig nachvollziehbar erklärt, wie ein solch wahnsinniger Einfall überhaupt legitimiert und akzeptiert wird. Wieso bezweckt jemand, die Einwohnerzahl ausgerechnet exakt auf 436 zu halten? Mit der reinen Tradition, die im Film als Erklärung geliefert wird, ist das jedenfalls nicht zu erklären. Diese Problematik birgt zwar interessante Konstellationen (wenn ein Neuer zur Gemeinschaft stößt wie unser Hauptdarsteller Jeremy Sisto als Steve Kady, muss ein altes Mitglied sterben - ebenso, wenn eine Geburt ansteht), kann aber eben logisch nicht richtig begründet werden, was im Endeffekt dann konstruiert wirkt.
Auch wird, wie schon angeschnitten, die Chance vertan, die Kleinstadthorrorfilmklischees und die für einen abendfüllenden Spielfilm eher dünn ausgearbeitete Story ironisch zu brechen. Jeremy Sistos Figur arbeitet für das statistische Reichsamt und wird in eine Kleinstadt geschickt, die ihre Population konstant auf 436 hält, mit dem Auftrag, eine Volkszählung durchzuführen... besser könnten die Voraussetzungen nicht sein, um daraus hintenherum eine Art verkappte Parodie zu machen.
Eine besondere Rolle spielt dabei auch “Limp Bizkit”-Frontmann Fred Durst in seinem ersten größeren Filmpart als etwas naiver Sheriff. Ob seiner mangelnden Erfahrung beim Film, seinem Image als pöbelnder Rockstar und seinem nicht selten in der Öffentlichkeit laut ausgetragenen Privatleben wäre eine Bündelung ironischer Elemente auf seine Figur nicht undenkbar gewesen. Zumal die Rolle dafür eigentlich wie geschaffen wäre: Immer wieder taucht der Sheriff in die Handlung ein, bleibt längere Zeit dort, um dann wieder eine Weile aus dem Bild zu verschwinden bis zu seinem nächsten Auftritt. Doch wider Erwarten ist sein Sheriff wie der komplette Rest des Casts vollkommen ernst gemeint und auch so inszeniert. Das führt Durst schauspielerisch immer mal wieder vor kleinere Probleme, wenn er etwa den Unfalltod eines Gemeindemitglieds bedauern muss oder damit zu kämpfen hat, dass seine Angebetete Sex mit einem anderen hat. Die Unerfahrenheit als Schauspieler ist ihm an diesen Stellen anzumerken, doch insgesamt beweist er zumindest Charisma. Irgendwo ist Dursts Figur sogar mit die interessanteste im Film. Während nämlich viele andere zombiehaft durch die Gegend heizen oder sich mysteriös in ihre Klischees hüllen (so wie Charlotte Sullivan), stellt er die menschliche Komponente dar. Es ist irgendwie schön, den Macho-Rocker Durst als hintergangene, verwirrte Buddy-Persönlichkeit mit kleinen Anleihen an Sylvester Stallones Figur aus “Cop Land” zu sehen. Und es ist verrückt, dass er, dessen Rolle ja eigentlich dem internen Kreis der undurchsichtigen Gemeinde angehört, für den Zuschauer am Ende fast noch mehr Identifikationsfigur ist als Jeremy Sistos Hauptfigur, die ursprünglich aus der Großstadt kommt.
Und damit ist die fehlende Ironie letztendlich auch gar nicht mehr so tragisch, denn auch so ist es einigermaßen interessant und spannend, dem Geschehen zu folgen, wenngleich man sich hin und wieder einen lakonisch-ironischen Spruch von Mulder wünschen würde. Zwar bleiben größere Überraschungen sowohl den visuellen Stil, die Story und die Einzelideen betreffend aus, aber immerhin bekommt man sympathisch arrangierte Old School-Mysterykost geboten, die nicht auf den Magen schlägt. Blut und Gekröse darf man sich nicht erwarten, ebensowenig wie Slasher-Einstellungen oder irgendwelche Monsterfratzen. Sicher, zwischendrin wird es auch mal absurd (Stichwort Gemeindefest mit leichtem “Das Omen”-Touch), aber Grenzen werden zu keinem Zeitpunkt ausgetestet. Insofern ist “Population 436" zwar beileibe kein Must See, aber ein Can See absolut - mit einer besonderen Empfehlung für diejenigen, denen die derzeit im Trend liegenden schnellschnittigen Stilbomben auf den Sack gehen.
Bild
Mit der Bildqualität kann man nicht ganz zufrieden sein. Zwar bleiben Verschmutzungen aus und die Farbgebung ist der Intention des Films wohl angemessen, doch speziell in Close Ups ist leider fehlende Bildschärfe zu konstatieren, die das Filmvergnügen etwas beeinträchtigt. Details gehen dabei insofern nur bedingt unter, als dass “Population 436" wider Erwarten ein sehr heller Film ist, der fast ausschließlich am Tage spielt. Alles in allem wenigstens zufriedenstellend.
Ton
Der Sound gibt sich ähnlich bescheiden wie der Film: Effekte sind nicht vorhanden, weil sie rein handlungstechnisch nicht vonnöten sind. Die Stimmen kommen voluminös und druckvoll aus den Boxen, auch grundatmosphärisch wirkt die Kulisse relativ voll, aber richtige Effekte zeigen sich nie. Auch ein bedrohliches Summen des Basses fehlt fast immer. Man hätte dem Film hier sicher noch etwas an Effektivität zukommen lassen können, um so inhaltliche Schwächen zu kaschieren; diese Chance wurde leider vertan.
Menüs
“Population 436" ist für Columbia eher ein Backkatalogtitel, und so ist die DVD fern der technischen Komponente eher spartanisch ausgefallen. Als Menü gibt es lediglich ein nicht musikalisch untermaltes Standbild, was auch bei der Kapitelauswahl der Fall ist. Ein “Extras”-Menü gibt es nicht, der Punkt “Alternate Ending” ist direkt auf der Hauptseite anwählbar.
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Extras
Wie bei Columbia üblich, gibt es immerhin ein Kapitelblatt - soweit wie immer vorbildlich. Das alternative Ende (3:55 Min.; mit Abspann 4:26 Min.) ist das einzige richtige Extra, das geboten wird. Inhaltlich sehr unspektakulär, da ist man froh, dass die andere Variante geboten wurde, die insgesamt runder daherkommt und im Gegensatz zu dieser Variante auch Sinn macht. Weiterhin gibt es noch einige Trailer aus dem Hause zu begutachten (When a Stranger Calls, The Hunt for Eagle One, Freedomland, Fear Itself: Dark Memories, The Exorcism of Emily Rose, Second in Command). Der Film ist auf Wunsch untertitelt in Englisch, Deutsch, Französisch, Arabisch und Türkisch, die Specials sind in Deutsch und Französisch untertitelt.
Fazit
Als alter Akte X-Jünger hatte ich zumindest einigermaßen meinen Spaß in der Stadt mit den 431 Einwohnern, auch wenn die Spannung allenfalls unterschwellig zum Vorschein kommt und die Klischees nicht lange auf sich warten lassen. Wer aber “Needful Things” und Artverwandte mochte, wird vermutlich auch an Michelle MacLarens Film-Regiedebüt Gefallen finden.
Die DVD genügt leider nicht Vollpreisanforderungen und sollte bis zu einer Reduzierung gemieden werden, da abgesehen von einem alternativen Ende kaum etwas geboten wird. Bild und Ton sind noch im Rahmen.
Testequipment
TV-Gerät: Tevion 4:3
DVD-Player: Pioneer XV-DV313 5.1 Komplettsystem