I´m a Cyborg, but that´s OK
Regie: Park Chan-Wook
Herkunft: Südkorea
Jahr: 2006
Darsteller:
Lim Soo-jung
Jung Ji-hoon
...
Was Park Chan-wook anfäßt, so scheint es, das hat den Namen Qualitätsprodukt verdient. Der Mann kann Filme noch mit seinem guten Namen verkaufen, was Kollege Spielberg nur noch bedingt gelingen will.
Die junge Young-goon lebt in einem Krankenhaus. Mit ihr leben dort Il-sun, der die Begabung hat, anderen ihre Fähigkeiten zu stehlen, ein Mann, der aus reiner Höflichkeit rückwärts geht und an jedem Unglück selbst die Schuld zu haben glaubt, oder eine Frau, die andere Menschen nur über einen Spiegel ansieht und gerne in einem Alpenchor singen würde. Young-goon selbst glaubt übrigens, daß sie ein Cyborg sei. Deshalb kann sie auch keine Nahrung zu sich nehmen, um nicht kaputt zu gehen. Als vor ein paar Jahren ihre Großmutter in ein Pflegeheim eingewiesen wurde hat es Young-goon sich zur Aufgabe gemacht ihrer Oma ihr Gebiss zu bringen, und „die weißen Männer“, die sie weggebracht haben zu töten. Ihre Zeit verbringt die junge Frau damit, sich mit anderen elektrischen Geräten zu unterhalten, während sie sich von der Energie kleiner Batterien ernährt. Il-sun, zu dem sie langsam eine Art Freundschaft aufbaut, hingegen vertreibt sich seine Zeit damit, seine potentiellen Opfer zu verfolgen, um ihnen dann so illustre Sachen, wie ihr Gedächtnis, ein imaginäres Gummiband, oder gar ihre Höflichkeit zu stehlen. Als sie auf Grund ihrer Unterernährung zusammenbricht, baut Il-sun ihr ein Gerät, mit dem Young-goon ganz normalen Reis in Energie umwandeln kann und somit nicht mehr auf die schwachen Batterien angewiesen ist. Nun kann sie endlich ihr Vorhaben in die Tat umsetzen und erfährt unverhofft auch noch den Sinn und Zweck ihres Daseins.
„Die 7 Todsünden eines Cyborgs, in der Reihenfolge ihrer Schwere: 1. Traurigkeit, 2. Sehnsucht, 3. das hinauszögern wichtiger Dinge, 4. sinnlose Tagträumerei, 5. Schuldgefühl, 6. Dankbarkeit, 7. Mitgefühl“
Ein Drama? Eine Komödie? Keines von Beiden und doch ein bisschen von Allem. Nachdem Park Chan-wook mit „JSA“ schon bewiesen hat, dass das Drama, sogar mit politischem Tiefgang beherrscht und sich im Thrillergenre mit seiner Neudefinition des Themas Rache eine eigenes Denkmal gesetzt hat versucht er es hier mit einer Dramödie, wobei ich nicht sagen kann ob hier der erste, oder der zweite Teil des Wortes mehr betont werden muss. Die Tendenz geht eindeutig zu letzterem. Zu skurril sind einfach die Charaktere, die in der Heilanstalt ihr unfreiwilliges zuhause gefunden haben. Zu absurd wirken die Geschehnisse, wenn etwa Il-sun dank seiner neu erworbenen Fähigkeit nur noch rückwärts läuft und sich für alles mögliche entschuldigt, während der „Bestohlene“ sich fortan wie die sprichwörtliche Axt im Walde benimmt. Trotzdem verliert der Regisseur nie seinen dramatischen Unterton aus den Augen, der in vielen Szenen mitschwingt. So leben die Protagonisten in einem Augenblick noch ihre eigenen Spleens aus und werden schon im nächsten zur wöchentlichen Schocktherapie abgeholt. Da gefriert einem das Schmunzeln schon mal im Ansatz.
Der ganze Stil des Films wirkt, wie eine konsequente Weiterentwicklung von „Oldboy“ und „Sympathy for Lady Vengeance”. Hat Chan-wook damals schon schon mit stilvollen Kamerafahrten und Perspektiven gearbeitet, so lebt er seine Passion hier voll und ganz aus, was sich schon in der gelungenen Anfangsszene zeigt, in der wir sehen, wie Young-goon in einer Fabrik ein kleines Kofferradio montiert. Desweiteren sind auch hier wieder, ab und an kleine “CGI-Spielereien“ eingebaut, die ihre Herkunft nicht einmal verbergen wollen und dennoch nicht deplaziert wirken. Auch vom Soundtrack her orientiert sich „...Cyborg...“ eindeutig an Oldboy. Zu bekannt scheinen die wunderschönen Melodien, die die herrlichen Bilder ein aufs andere Mal zusätzlich beflügeln. Dabei wird aber auch noch genug Eigenständigkeit bewahrt. Wo bekommt man schon einen Koreaner zu hören, der einem was von der Schweiz vorjodelt. 😉
Die Hauptdarstellerin Lim Soo-jung, die der Figur Cha Young-goon Leben einhaucht, war (wieder einmal) ein echter Glücksgriff des Regisseurs. Immer glaubwürdig und zu keiner Zeit „overactend“ füllt sie ihren Charakter mit Leben, was bei einer Frau, die sich vorstellt, ein Cyborg zu sein ganz sicher keine leichte Aufgabe ist. Auch die zweite Hauptrolle wurde mit Jung Ji-hoon passend besetzt und auch hier muss man sagen, dass der Darsteller kein leichtes Spiel hatte. So ist doch seine Figur ein charakterliches Chamäleon, das im Laufe des Films die Eigenarten vieler kleinerer Nebenrollen kopiert und das Ganze zusätzlich noch mit eigenem Charme würzt. Bei den Nebenrollen derer es hier viele nennenswerte gibt, sind ebenfalls keine Ausfälle zu vermelden. Da es sich ebenfalls fast ausschließlich um Anstaltsinsassen handelt mussten die Akteure auch hier ihre Spielfreude und Kreativität bei der Interpretation ihrer Figuren an den Tag legen, was ausnahmslos gut gelang.
Park Chan-wook hat mit „I´m a cyborg, but that´s OK“ ein weiteres Mal bewiesen, dass er zu Recht in der obersten Liga der Regisseurszunft gehandelt wird. Um sein komödiantisches Talent scheint es ebenso gut bestellt zu sein, wie um sein dramatisches, womit man wohl voll Vorfreude auf seine zukünftigen Projekte schauen kann. „...Cyborg...“ kann auf ganzer Linie überzeugen und verfehlt nur knapp die Höchstwertung. Allein die fabelhafte Inszenierung hätte einen Oscar verdient. Die Academie vergibt ihre Punkte aber leider nach anderen Gesichtspunkten.