Leben!
Huozhe
Herkunft: Hong Kong; China / 1994
Regie: Zhang Yimou
Darsteller:
Gong Li
Ge You
Guo Tao
Liu Tian Chi
Jiang Wu
Niu Ben
Dong Fei
...
Zhang Yimou ist einer der wenigen chinesischen Regisseure, die es zu weltweiter Beachtung geschafft haben. Dabei hat ihm „Hero“, ein Heldenepos, von selten zuvor gesehener Schönheit, Tür und Tor in den Westen geöffnet. Anders als seine Kollegen aus Hong Kong hat er als Festlandchinese nicht unbedingt die freie Wahl, wenn es darum geht einen neuen Film zu drehen. Big red brother is watching you... Umso schöner ist es, dass er trotzdem gewagt hat, einen Film, wie „Leben“ zu machen, der unterschwellig durchaus eine gewisse Brisanz in sich trägt.
Den jungen Xi Fugui kann man getrost als Taugenichts bezeichnen. Den ganzen Tag verbringt er im Spielsalon und lässt seine schwangere Frau Jiazhen, seine Tochter Fengxia und seine Eltern alleine zu Hause sitzen. Er kann es sich jedoch leisten, sind doch seine Eltern alles andere als arm. Dieses Leben ändert sich jedoch schlagartig, als er eines Abends Haus und Hof an Long Er, den Besitzer des Salons, verliert und ihn zusätzlich auch noch seine Frau aufgrund seiner Spielsucht sitzen lässt. Auf einen Schlag hat Fugui nichts mehr. Wenige Tage später, bei der Übergabe des Hauses stirbt sein Vater an den Folgen eines Herzschlags. Von nun an schlägt sich Fugui als Tagelöhner durch´s Leben, um wenigstens seine Mutter und sich ernähren zu können, was auch einigermaßen klappt. Nach kurzer Zeit steht plötzlich wieder seine Frau im nunmehr bescheidenen Anwesen. Sie will ihr Leben nicht ohne ihren Ehemann verbringen. Gerade jetzt, wo ihr Sohn Youqing mittlerweile zur Welt gekommen ist. Fugui schwört, nie wieder zu spielen, womit das Abenteuer Leben für die junge Familie Xi beginnen kann. Fortan sehen wir, wie sich die Familie ein um´s andere Mal, vom Leben gepeinigt wieder aufrappelt und weitermacht.
Regisseur Zhang Yimou hat es sich mit diesem Film wahrlich nicht leicht gemacht. Durch die Zeitreise, die ihren Anfang in den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts nimmt und in den 70ern endet werden dem Zuschauer die politischen Umschwünge Chinas aufgezeigt, was bei der dortigen Regierung auf wenig Anklang stieß. Der Film durfte in seinem Heimatland nicht gezeigt werden und konnte auch nur an den Filmfestspielen in Cannes teilnehmen, weil er durch das Mitwirken Hong Kongs und Taiwans als ausländische Produktion galt. Dabei ist „Leben!“ keinesfalls als Fingerzeig in die politische Ecke gedacht, sondern einzig und allein eine Ode an die Essenz unseres Daseins, das Leben.
Eine Besonderheit des deutschen Titels ist das Ausrufezeichen am Ende, das in den andersprachigen Versionen nicht vorkommt, aber durchaus Sinn macht, ja sogar wichtig für die Sinnhaftigkeit des Titels ist. So ist nämlich allein schon an diesem Satzzeichen zu erkennen, dass der Film nicht einfach das Leben beschreibt, sondern das Überleben in einer zerrütteten Zeit würdigt. Über vier Jahrzehnte hinweg sehen wir Kriege, Machthaber und politische Systeme kommen und gehen. In jeder Dekade hat die Familie Xi eine schmerzhafte Erfahrung zu machen, die andere schon verzweifeln ließen. Hier kommt aber Regisseur Yimou ins Spiel, der seine Charaktere immer wieder aus einem inneren Optimismus schöpfen lässt, der ihnen sagt, dass es von nun an nur noch besser werden kann. Fugui erzählt im Film zweimal die Geschichte, dass sich Küken in Gänse, Gänse in Schafe und Schafe schließlich in Rinder verwandeln. Mit dieser Aussage beschreibt er sein, fast schon naiv, optimistisches Denken äußerst treffend.
Ganz klare Glanzpunkte in „Leben!“ sind eindeutig die Hauptdarsteller, die trotz ihrer, zum Teil, genrebezogenen Unerfahrenheit durchweg überzeugen können. Besonders sticht hier aber Ge You heraus, der den jungen Fugui in seiner selbst überschätzenden Art scheinbar genauso mühelos spielt, wie den alten, der, durch die Jahre gezeichnet, beinahe schon die Weisheit buddhistischer Mönche ausstrahlt. Der 1957 in Peking geborene Ge You war dem Publikum bis dato fast ausschließlich aus dem chinesischen Fernsehen bekannt, bekam für seine Rolle in dem Film die Auszeichnung der „Goldenen Palme“, als bester Schauspieler, in Cannes.
Als seine Filmfrau Jiazhen darf man die bezaubernde Gong Li bewundern, die einen mit ihrer Leistung ungläubig den Kopf schütteln lässt, angesichts der Tatsache, dass ihr als ernst genommene Schauspielerin der große Durchbruch im Westen immer noch nicht geglückt ist. Sie ist hier der „ruhende Pol“ der Familie, der von Anfang an alles zusammenhält, gleichzeitig aber auch, bei den großen Unglücken der Familie die emotionalen Akzente setzt. Alle anderen Darsteller liefern zwar ebenfalls eine überzeugende Arbeit ab haben aber, bis auf wenige Ausnahmen zu wenig Screentime, um sich besonders hervorzuheben.
Lobend erwähnen kann man aber den Maskenbildner, der es zwar nicht schaffte, aus Gong Li eine überzeugende 60jährige zu machen, sein Arbeit bei Ge You aber umso besser machte.
Abschließend bleibt zu sagen, dass „Leben!“ ein echtes Juwel in der Filmlandschaft darstellt. Mit ruhigen Bildern erzählt, die einen zum Teil zu Tränen rühren können, ist das Werk sicher einer der Grundsteine, für den Ruf, den sein Regisseur Zahng Yimou heute genießt.
* Als hauptsächliche Informationsquelle diente mir hierbei der Presseflyer, der als PDF-Datei auf der deutschen DVD abgelegt ist.