Stephen King'sThe Langoliers (1995)
OT: The Langoliers
Technische Daten
Vertrieb: Laser Paradise
Regionalcode: 2
Herstellungsland: USA
Laufzeit: 179:53 Min.
Regie: Tom Holland
Darsteller: Patricia Wettig,
Dean Stockwell,
David Morse,
Mark Lindsay Chapman,
Kimber Riddle,
Frankie Faison,
Baxter Harris,
Christopher Collet,
Bronson Pinchot,
Stephen King
Bildformat: 1,33:1
Sprachen: DD 2.0 Deutsch
Untertitel: Keine
Freigabe: FSK 16
Film
Die guten alten “Langoliers”. Stephen Kings hauseigene Gruselmär für faule Kinder, denen man erzählt, in ihren Schränken sässen Bündel aus Haaren und Zähnen, die herauskommen und sie fressen würden, wenn sie nicht endlich mal Leistung zeigen würden. Ja, der Meister des geschriebenen Horrors liebt die Imagination. Er kann sich auch konkrete, widerliche Beschreibungen seiner Monster leisten, denn in den Lettern seiner Schrift entstehen dadurch keine wirklichen Visuals. Die werden erst im Kopf des Lesers gebildet. Nicht als manifestierte Gestalt, sondern als vage Vorstellung, wie dasjenige möglicherweise aussehen möge, was King sich da ausgedacht hat. Möglicherweise, wohlgemerkt. Die tatsächliche Bestätigung kommt aber nicht. Wie genau der Horror schmeckt, bleibt im Verborgenen. Das ist die groteske Subtilität eines Horrorromans.
Verfilmungen haben diesen dankbaren Vorteil nicht auf ihrer Seite und da Kings Bücher in erster Linie von den widerlichen Welten des Autoren leben und von dessen Hang zur ausführlichen Auseinandersetzung mit den Charakteren, ziehen die teilweise am Fließband produzierten Verfilmungen der Stoffe meist den kürzeren. Die Marke King zieht immer, aber die Qualität kann da oftmals nicht mithalten.
Die “Langoliers” machen da auf dem Papier keine Ausnahme. Basierend auf einem Kurzroman fabrizierte B-Horror-Experte Tom Holland (“Fright Night”, “Chucky”) einen überlangen TV-Zweiteiler mit all dem Charme, den man von einem solchen erwartet. Gerade die Dialoge und später die Effekte sind in etwa so subtil wie ein Trampeltier, das über trockene Äste läuft. Die Inszenierung ist derweil blass und träge... aber irgendwas ist doch anders als das, was man sonst so aus dieser Richtung erwarten würde. Wenigstens die Szenen auf dem verlassenen Flughafen von Bangor / Maine (wo auch sonst?) erreichen durch einfachste Mittel das, was King regelmäßig auch in seinen Büchern herüberbringt: ein undefinierbares Unbehagen vor etwas, das man nicht sieht, das man aber spüren kann. In Teilen ist diese TV-Produktion parallel zur reißerischen Aufmachung tatsächlich subtil.
Dankbarerweise gibt King mit seinem Roman ein Szenario vor, dass der unterschwelligen Spannung auch in bebilderter Form entgegen kommt, denn die Story beschränkt sich auf eine überschaubare Gruppe von zehn Personen - den Hauptteil betreffend komplett ohne Statisten oder Nebencharaktere! Die Bilder von komplett leergeräumten öffentlichen Plätzen sprechen absolut für sich. Für “Vanilla Sky” ließ Cameron Crowe einige Jahre später mit Riesenaufwand den kompletten Time Square räumen, um Tom Cruise ganz alleine über einen publiken Ort laufen zu lassen. Die Endzeitstimmung, die dieses Szenario durch den Appell an menschliche Urängste erreicht, schafft Holland durch das einfache Zeigen von leeren Räumen und weiten Landeflächen einen kompletten Film lang aufrechtzuerhalten. Ein hellgrauer Himmel, der fast unbemerkt immer ein wenig dunkler wird, ein statisch gefilmter Hintergrund unterlegt mit einem raffinierten Sounddesign, das ein undefinierbares Hintergrundgeräusch immer lauter werden lässt, wirken hier Wunder, um Suspense zu erzeugen. Holland bebildert mit handwerklich minimalistischen Mitteln einen ständig tickenden Countdown auf ein Ereignis, das niemand von den Darstellern gerne miterleben möchte.
Eigentlich hätte es bei dieser erstaunlich gut gelungenen Visualisierung gar keine weiteren Anzeichen für den sich nähernden Horror gebraucht, aber hier greifen schließlich doch noch die klassischen Schwächen einer Kingschen Miniserie. Die Charaktere quatschen einfach viel zu viel dummes Zeug, möchten durch gewagte Schlüsse das Phänomen, das sie gerade erleben, unbedingt analysieren und versauen damit die subtilen Bilder, die fast nichts zeigen, aber sehr viel suggerieren. Mit seinen drei Stunden ist das Abenteuer viel zu lang geworden. Zu überwiegenden Anteilen besteht die Handlung aus Dialogen. Doch was gesagt wird, ist meist sinnloses Füllmaterial, das der Geschichte keine Beine macht. Es wird beispielsweise so oft gefragt “Werden wir das überleben?” und so oft erfolgt die Antwort “Ich hoffe es”, dass man irgendwann geradezu auf jeden erneuten Gebrauch des Wortes “hoffen” wartet wie bei einem Redner, der seinen Vortrag ständig mit “ähhm”’s füllt.
Dabei sind viele der Figuren grundsätzlich ganz ordentlich gezeichnet und werden auch von meist passablen Darstellern verkörpert. Herausragend selbstverständlich die beiden Hauptfiguren, die von David Morse (als Cpt. Brian Engle) und Mark Lindsay Chapman (als Nick Hopewell) gespielt werden. Sie nehmen auch sehr schnell das Heft in die Hand. Dean Stockwell spielt als Romanautor so etwas wie ein Alter Ego Kings und ist ebenso wie David Morses Pilot eine zu Anfang etwas zurechtgelegte, weil für den Plot absolut notwendige Figur, denn während die Truppe ohne den Piloten, der zufällig als Passagier in der Maschine mitflog, beim Landeversuch unweigerlich in einem Crash umgekommen wäre, ist der phantasiereiche Autor dafür vonnöten, die absurde Situation zu analysieren und die Story weiterzuführen. Kate Maberly bedient als blindes Mädchen das Klischee des übernatürlich begabten Mädchens, das den anderen Passagieren sensuell immer einen Schritt voraus ist. Nun, und Bronson Pinchot darf mit dem traumatisierten Geschäftsmann Craig Toomey die unberechenbare Variable spielen, die Gefahr aus dem inneren Kreis. Dabei steigt er schon mit zwiebeldicken Augenringen, fettigen Haaren und trändrüsigen Augen in die Maschine wie der geborene Psychopath.
Die anderen Figuren haben keinen größeren Sinn, dürfen aber dennoch allenthalben mal dazwischenfunken und dumme Fragen stellen, polemisch gesprochen die Erwachsenen bei ihren Erwachsenengesprächen stören. Mehr als ein wenig blöd aus der Wäsche gucken und in den unpassendsten Momenten die unpassendsten Fragen stellen kommt dabei jedoch nicht rum, und hätte man die unwichtigen Charaktere gestrichen, hätte die Laufzeit sinnvoll komprimiert werden können.
Als es dann schließlich soweit ist und die bis dato nur durch Erzählungen und visuell und akustisch kaum bewusst wahrgenommene Anzeichen als greifbare, somatische Manifestationen tatsächlich im Bild erscheinen, wird klar, warum es heißt, dass der effektivste Horror der ist, den man nicht sieht. Ein derartiges Nebeneinander von Subtilität und brachialstem Effektetrash hat man selten gesehen. Wenn Craig Toomey von den Langoliers erzählt, die sein Vater ihm als Kind mit psychologischer Gewalt eingebläut hat, stellt man sich unaussprechliche Dinge vor, nimmt die Rede in Teilen sogar metaphorisch auf und bezieht sie auf die Leistungsgesellschaft (ohne freilich dem Film zuzuschreiben, er sei in Teilen gesellschaftskritisch). Hier schlägt Stephen King (der übrigens mal wieder einen wie immer herzenskomischen Cameo als Toomeys Chef abfeiern darf) noch voll durch. Doch dann bevölkern auf einmal äußerst lausig mit dem Computer generierte, fliegende braune Kugeln mit silbernen, sich drehenden Dreiecken im Maul den Bildschirm - eine Szenerie, die selbst für die Mittneunziger lächerlich aussieht. Prompt wird man auf den Boden der TV-Produktion zurückgeholt und weiß gleich wieder, welche Art von Film man da gerade konsumiert.
Neben der ansonsten nichtsdestotrotz gelungenen Atmosphäre fasziniert an diesem Zweiteiler jedoch auch alles, was Kings Kurzgeschichte als Vorlagengeber an Grundideen auffährt. Der Gedanke einer von Menschen leergefegten Vergangenheit, die von den Langoliers aufgefressen wird, entbehrt nicht einer gewissen Faszination und packt das Thema Zeitreisen auf eine ganz andere Art und Weise an. Ein wahrlich gruseliger Gedanke, dass in diesem Moment die Sekunde vor der jetzigen Gegenwart zwar als Vergangenheit noch existiert, jedoch ohne die Menschen, die bereits in der Zeit weiter vorangeschritten sind, so dass nur noch ein leeres Areal bleibt, ein Areal, das irgendwelche Monster sehr bald auffressen werden, als würden sie hinter uns Menschen herkehren. Die Idee bringt zwar ungeklärte logische Ungereimtheiten mit - fraglich bleibt etwa, weshalb keine Menschen mehr in der Vergangenheit existieren, wohl aber draußen Bäume stehen, die schließlich auch organische Lebewesen sind - doch für einen Science Fiction-Plot reicht es noch. Dean Stockwell darf zudem noch allerhand hypothetische Szenarien konstruieren und Überlegungen anführen, die im Gegensatz zu dem Käse, den manch andere Figur verzapfen darf, gar nicht so uninteressant sind.
Tom Hollands erste Verfilmung eines King-Stoffes - ein Jahr später folgte mit “Thinner” der zweite, bevor der Regisseur und Onkel des “Offspring”-Frontmannes Dexter Holland eine ziemlich lange Pause einlegte und sich erst 2007 wieder mit einer Episode der zweiten Staffel der “Masters of Horror”-Reihe zurückmelden wird - schafft es, ungewöhnlich viel von der Wirkung der Vorlage in die Verfilmung zu packen. Das ist eine Erwähnung wert, weil dies sonst kaum gelingt, schon gar nicht in mittellosen TV-Schnellschüssen. Speziell die Bilder von dem verlassenen Flughafen verfehlen ihre Wirkung nicht und die Grundprämisse trägt ihr Übriges dazu bei, dass man Hollands Arbeit eine gewisse Faszination nicht absprechen kann.
Ganz konnte man die eigene Herkunft aber nicht abstreifen, denn die Dialoge sind oft blechern bis schreckenerregend und von den Special Effects möchte ich gar nicht mehr anfangen. Die Schauspieler gehen größtenteils in Ordnung (ohne sich für größere Aufgaben zu empfehlen), ihre Rollen hätte man aber in der Hälfte aller Fälle streichen können und somit kostbare Laufzeit gespart. So richtig langweilig wird es aber trotzdem nie, daher kann man auch gut zehn Jahre danach noch von überdurchschnittlicher Fernsehunterhaltung und einer alles in allem gelungenen Adaption sprechen.
Bild
Wenn man sich so das billig kopierte und designte Cover der DVD anschaut, befürchtet man von der Technik ja schon immer das Schlimmste. Um so netter der Effekt bei der Reaktion auf die Tatsache, dass man durchaus alles erkennen kann in diesem Vollbild. Na klar, es gibt Kantenunschärfe, Artefaktbildung bei Bewegungen, Doppelkonturen und Leuchten, wenn weiße Elemente auf schwarze Hintergründe fallen, leichte Schmutzvorkommen, stetiges Grießeln und blasse Farben. Aber auf solidem TV-Niveau befindet sich das Gezeigte allemal. Der Detailgrad ist noch angemessen hoch und alles lässt sich gut erkennen. Wobei es dem Bild zugute kommt, dass das Production Design doch sehr schlicht ist.
Ton
In Sachen Ton hat man sich mit der deutschen Tonspur begnügt. Die liegt dann in 2.0 vor und ist insgesamt ein wenig dumpf. Sämtliche Effekte mitsamt des Soundtracks kommen aus einer Richtung und nehmen keine Rücksicht auf die Verständlichkeit der Dialoge, obwohl die dennoch größtenteils gewährleistet ist.
,5
Menüs
Melancholisches Klaviergetrippel unterlegt das bunte Zeitloch, das hier in allen Farben im Hintergrund erstrahlt und ein wenig aussieht wie eine intergalaktische... ähm ja. 😉 Zur Auswahl stehen “1. Film”, “2. Kapitelmenü” und “3. Horror Trailershow” in der typischen Laser Paradise-Billigoptik. Der Hammer: Selbst die Kapitel sind animiert. Woooow...
Bei Filmstart erfolgt zunächst der “Laser Paradise”-hausgemachte virtuelle Gang durch die Kirche in das Gruselkino, behängt mit Plakaten wie “Braindead” oder “Armee der Finsternis”. Kennt man von anderen DVDs des Anbieters.
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Extras
Die Horrortrailershow beherbergt insgesamt sechs Trailer aus dem Programm des Anbieters. Ist schon der Hammer, dass auf dieser FSK 16-DVD selbst ein Trailer zu “Braindead” (genau genommen ist es kein Trailer, sondern schlicht ein kurzer Filmausschnitt) vorhanden ist, der auch nicht mit Gemetzel spart, sondern mitten in die Party einsteigt. Ansonsten darf man noch Ausschnitte zu “Armee der Finsternis”, “Stagefright”, “Zombie”, “Hellraiser 3" und “Dellamorte Dellamore” bestaunen.
Fazit
Nette kleine 1995er TV-Verfilmung eines King-Stoffes, die auch heute noch zu unterhalten vermag, wenn man mit den rechten Erwartungen herangeht. Die DVD ist ein typisches Laser Paradise-Ramschprodukt, das man auf Wühltischen für wenig Geld nachgeworfen bekommt. King-Sammler können dennoch zugreifen, sollten aber nicht mehr als 5 Euro ausgeben.
Testequipment
TV-Gerät: Tevion 4:3
DVD-Player: Pioneer XV-DV313 5.1 Komplettsystem