L.A. Crash
Technische Daten
Vertrieb: Universum
Regionalcode: 2
Laufzeit: 108 Minuten
Regie: Paul Haggis
Darsteller: Brendan Fraser, Sandra Bullock, Matt Dillon, Ryan Phillippe
Bildformat: 2,35:1
Sprachen: Deutsch, Englisch (DD5.1)
Untertitel: Englisch, DfH
Freigabe: ab 12
Film:
Los Angeles…Assoziationen, die beim Namen dieser Stadt sofort im Kopf auftauchen sind Hollywood & die dortige Filmindustrie. Etwas besser informierte Gesellen bekommen schon die bekannteren Stadtviertel wie „Venice“ (> Venice Beach), „Santa Monica“ oder „Beverly Hills“ zusammen. Los Angeles ist eines der größten Ballungsgebiete der Erde, dabei reden wir von geschätzten 18 Millionen Menschen, die im Großraum dieser Metropole leben, genaue Zahlen existieren aufgrund unzähligen illegalen Einwanderern aus Mexiko nicht. Die Latinos machen allein 45% der Stadtbevölkerung aus, von denen nur ein Bruchteil die englische Sprache beherrscht. 10% sind dunkelhäutige Menschen, weitere 10% sind Asiaten. Rund 30% Weiße leben in dem gigantischen Siedlungspfannkuchen. Am unglaublichsten ist die Ausdehnung des Großraums L.A., der mit 87.972 Quadratkilometer tatsächlich größer ist als ganz Österreich. Auf dieser gigantischen Fläche hat man es bis heute nicht geschafft ein flächendeckendes, zuverlässiges Nahverkehrsnetz aufzubauen, weswegen das Hauptverkehrsmittel der Stadtbewohner nach wie vor das Auto ist. Unmenschlich lange Staus und eine allzeit sichtbare Smog-Glocke über der Stadt sind die Folge.
„In einer normalen Stadt geht man zu Fuß. Man berührt einander, rempelt sich an. In L.A. berührt dich nie jemand. Wir sind doch immer nur hinter Metall und Glas, ich glaube diese Berührung fehlt uns so sehr, dass wir miteinander kollidieren müssen um überhaupt etwas zu spüren…“
Der diesjährige Oscar-Gewinner in der Kategorie „Bester Film“ zeigt 36 Stunden im Leben einer Hand voll Menschen in der Millionenmetropole Los Angeles. Dazu gehören das gut betuchte Ehepaar Rick & Jean, deren Geländewagen von zwei jugendlichen Schwarzen gestohlen wird, ebenso wie der Perser Farhad, welcher mit seinen schwachen Englisch-Kenntnissen von einem Schlamassel in den nächsten rutscht. Auch der schwarze Regisseur Cameron Thayer muss die Schattenseiten der Stadt kennen lernen, als seine Frau bei einer Polizeikontrolle von dem rassistischen Cop Ryan sexuell belästigt wird.
Regisseur Paul Haggis führt uns mit „L.A. Crash“ in ein Los Angeles, das wir von der Filmindustrie so gut wie gar nicht kennen. Die glitzernde Hauptstadt der Unterhaltung, der Inbegriff des American Dream wird hier gnadenlos auseinanderseziert und die real existierenden Brennpunkte werden in den Vordergrund gerückt, allen voran der Rassismus.
Die Weißen haben Angst vor den Schwarzen und derartige Vorurteile verstärken sich nun mal, wenn einem das Auto von 2 schwarzen Kleinkriminellen gestohlen wird.
Die Grenze zwischen Arm und Reich verläuft beinahe nirgendwo so nah aneinander wie in L.A. Nur wenige Blocks östlich von Downtown, wo sich milliardenschwere Wolkenkratzer in den blauen Himmel bohren, sind ganze Karton-Kolonien auf den Bürgersteigen in denen Familien mit Babys leben. Autofahrern wird hier empfohlen, nur mit verriegelten Türen zu fahren, selbiges gilt für diverse Ghettos, in denen dank richtiger Bandenkriege, wie wir sie im gut geheizten Waohnzimmer in „GTA San Andreas“ nachspielen dürfen, so richtig die Post abgeht.
Davon bekommt die gut betuchte Gesellschaft nichts mit, so verfügt das Viertel „Beverly Hills“ über einen eigenen Sicherheitsdienst, der alle zwielichten Gestalten umgehend aus dem Nobelstadtteil abschiebt. All das sorgt für jede Menge Zündstoff, sowie für steigende Kriminalitätsraten und den allgegenwärtigen Rassismus.
Die Situationen, die „L.A. Crash“ dem Zuschauer präsentiert sind also durchaus realer Natur. Die Charaktere sind so gewählt, dass quasi alle Schichten vertreten sind, um auch einen Großteil der sozialen Probleme zeigen zu können. Die Bandbreite dieser Probleme bleibt nicht nur bei der Bevölkerung, sondern attackiert auch den amerikanischen Staat. So kriegt das zweifelhafte Gesundheitssystem ebenso sein Fett weg, wie das gesamte Justizwesen.
Paul Haggis schafft es, dies alles in einem Plot zu vereinen, ohne ihn zu überfrachten. So starten die 7 großen Handlungsstränge ohne miteinander verknüpft zu sein. Erst mit fortlaufender Filmdauer wird aus ihnen ein dicht verwobenes Netz mit vielen Schnittpunkten. Dies geschieht nicht nach einem altbewährten Strickmuster, wie bspw. ein Ereignis, an dem alle beteiligt sind, sondern peu à peu.
Die Begegnungen der verschiedenen Charakter stellen dann auch ohne Frage die emotionalen Höhepunkte im Film dar. Untermalt von genial feinfühligen Orchestermelodien knüppelt der Streifen in diesen Momenten auf den Leser ein, spielt mit dessen Sorge um die Charaktere und überrascht ihn gleich mehrmals. Mit geschickt gewählten Bildern wird so der Adrenalin-Spiegel ungewöhnlich stark nach oben befördert und das oft in im Vergleich zu den üblichen Hollywood-Blockbustern ganz kleinen zwischenmenschlichen Szenen.
So brutal und hoffnungslos die gezeigten Situationen zu sein scheinen, gibt es letztendlich immer ein Licht am Ende des Tunnels. Der Regisseur lieferte kein rabenschwarzes Werk ab, sondern versucht in allen Handlungssträngen eine Ursache für das Wirken der Charaktere zu präsentieren. So erklärt sich der Rassismus des Cops Ryan ebenso wie der Autodiebstahl von Anthony und seinem Freund. Als Zuschauer versteht man ihre Situation, kann ihre Handlungen nachvollziehen, dennoch wahrt der Film eine gewisse Distanz, die dafür sorgt, dass man das Handeln der Figuren nicht gutheißt.
In dem er geschickt zwischen den einzelnen Handlungssträngen hin und her springt, geht Paul Haggis’ Werk auch nie die Puste aus, das Erzähltempo ist durch die Bank hoch und erlaubt sich keine Spannungslöcher. Bemerkenswert ist vor allem, dass auch längere ruhige Szenen der einzelnen Charaktere dieses Tempo nicht stören, sondern im Endeffekt die Geschichte voranbringen und bereichern. Nichts wirkt hier überflüssig und Fehl am Platze, eher wünscht man sich noch mehr Zeit in diesem von unzähligen Problemen geplagten Siedlungspfannkuchen verbringen zu dürfen und die Menschen darin noch genauer kennen zu lernen. Aber zugunsten eines konsequent spannenden Erzählflusses hat man auf eine genauere Charakterisierung der Hauptpersonen & der Stadt, in der sie leben, verzichtet, so kratzt der Film stellenweise nur an der Oberfläche, das allerdings mit einer Klinge, die weit schärfer und größer ist, als die der üblichen Hollywood-Ware.
Für den großen Cast verpflichtete man jede Menge bekannte Gesichter, wenn auch keinen absoluten Superstar. So sind u.a. Brendan Fraser, Sandra Bullock, Matt Dillon und Ryan Phillippe mit von der Partie. Vor allem Matt Dillon füllt seine Rolle des rassistischen Cops hervorragend aus, aber auch die etwas unbekannteren Mitglieder des Casts wie Terrence Howard und Shaun Toub bringen ihre Charaktere fantastisch auf die Leinwand. Overacting ist nirgendwo zu finden, stattdessen sind es oft nur Nuancen, die die Gefühle der Darsteller zum Ausdruck bringen, was die Qualität noch weiter anhebt.
Paul Haggis beschränkt sich auf eine eher zurückhaltende Inszenierung, verpasst dem Film aber mit cleveren Kameraeinstellungen und Blickwinkeln einen angenehm modernen Look, ohne in die üblichen Schnittorgien zu verfallen. Die Stadt an sich wird so auf die Leinwand gebracht, wie sie dem Anwohner erscheint, demnach fehlen auch die üblichen spektakulären Luftaufnahmen einer in Sonnenuntergangs-farben-getunkter Skyline. Die filmische Umsetzung tritt zu keiner Zeit in den Vordergrund, sondern passt sich der Geschichte perfekt an.
Musikalisch überzeugt „L.A. Crash“ wie schon erwähnt auf ganzer Linie. Es sind vor allem die dezent eingespielten Orchestermelodien, die einem in Verbindung mit den entsprechenden Szenen eine Gänsehaut über den Rücken jagen und den sozial-kritischen Bilderreigen perfekt unterstützen. Außerdem hat der Soundtrack einige Hip-Hop-Tracks, sowie Countrynummern an Bord, die vor allem dann eingesetzt werden, wenn die Charaktere, die man mit der jeweiligen Musik verbindet, im Bild sind.
Aus diesem ganzen ergibt sich ein Film, der aufrüttelt und auf unangenehme, aber äußerst spannende Weise den American Dream zerpflückt und eine Seite des Landes der unbegrenzten Möglichkeiten aufzeigt, die so gar nicht in das Bild passt, wie sich Amerika nach außen hin präsentiert. Zu den außenpolitischen Problemen der heutigen Zeit gesellen sich nämlich munter weiter Krisenherde im eigenen Land, welche nicht zu einer selbsternannten Weltmacht passen. Positiv ist dem Film zudem anzurechnen, dass er nicht plump auf der momentan Anti-Amerika-Welle aufbaut, die mit unsinnigen Pauschalaussagen meist nie über Stammtischniveau hinaus kommt, sondern sachlich kritisiert, die sozialen Brennpunkte aufzeigt und am Ende bei aller Kritik Platz für einen Hoffnungsschimmer lässt. Am beeindruckensten ist die Tatsache, dass bei diesem hohen Niveau noch Platz für Unterhaltung und Spannung da ist, denn das Rassismus-Drama ist zu keinem Zeitpunkt langweilig. Der Handlungsfaden ist vom Anfang bis zum Ende straff gespannt, erlaubt sich keine Hänger und wird zu jedem Zeitpunkt grandios von der technischen Umsetzung und der musikalischen Untermalung unterstützt.
Bild:
Das Bild der Universum-DVD ist im Großen und Ganzen mit einer ordentlichen Detailschärfe versehen, als nicht ganz ideal erweisen sich die Farben, die hin und wieder seltsam zu schwanken scheinen. Außerdem ist ein leichtes Bildrauschen bei hellen Aufnahmen zu entdecken.
Sound:
Der Sound bleibt drama-typisch eher zurückhaltend. Die Dialoge kommen klar über den Center, die Effekt-Lautsprecher kommen für Musik und vereinzelte Effekte zum Einsatz, der Subwoofer darf beim Soundtrack und den knochentrockenen Schüssen in Aktion treten.
Ausstattung:
Die schlichte DVD bietet einen Audiokommentar, ein 10-minütiges recht werbe-lastiges Making-of, einen Kinotrailer und ein Musikvideo.
Fazit:
Universum liefert einen der besten Filme des Jahres 2005 auf einer durchschnittlichen DVD ab. Zum Preis von rund 10 Euro sollte einen das aber nicht abhalten, denn es ist schon eine ganze Weile her, dass man so spannend auf so hohem Niveau mitfiebern durfte…
Testequipment
PC-System mit Teufel Concept E Magnum
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